Nach Rücktritt: Jetzt spricht Horta-Osório – oder zumindest lässt er seine Gefolgsleute sprechen
Er hat seine eigene Version der Geschehnisse. António Horta-Osório trat diese Woche zurück vom Amt als Verwaltungsratspräsident der Credit Suisse. Vieles, was bislang durchsickerte rund um diesen Entscheid, rückte ihn in ein schlechtes Licht. So habe Horta-Osório nicht nur zweimal gegen Quarantäne-Regeln verstossen. Auch sein Gebrauch des Firmenjets soll übermässig gewesen sein.
Doch dieses unvorteilhafte Bild will Horta-Osório nicht so stehen lassen, oder zumindest seine Gefolgsleute nicht. Via die angelsächsische Presse lassen sie wissen, wie die Geschichte laut Horta-Osório gelaufen ist. Es ist eine Geschichte, in der Horta-Osório der Credit Suisse endlich die bitter nötigen Reformen gebracht hätte. Er sich dabei jedoch Feinde machte. Diese hätten ihn fallen lassen, als er private Probleme bekam. Oder noch schlimmer, sie hätten seine Probleme den Medien zugespielt, um ihn zu schwächen oder gar loszuwerden.
«Es gibt keinen Zweifel, dass er sich viele Feinde machte», sagt einer dieser Gefolgsleute von Horta-Osório der britischen «Financial Times». Unter anderem habe er sich diese Feinde unter den Verwaltungsräten gemacht. «Er sagte zu mehreren von ihnen, sie seien nicht geeignet für diese Position.» Horta-Osório habe gewusst, was er da tat, er sei ja nicht blöd. «Er hat darauf gewettet, dass sie nicht stark genug wären, um ihn loszuwerden – sein Ruf war zu gut.» Die Wette ging nicht auf.
Einer, der nicht lange fackelt
Sein hartes Auftreten sei auf Widerstand gestossen, berichten Gefolgsleute zur Nachrichtenagentur Bloomberg. Horta-Osório sei ein harter Arbeiter, der immer der klügste und bestinformierte Mensch im Raum sein wolle. Er möge es, wenn es zügig vorangehe. Wenn jedoch Mitarbeitende ihre Leistung nicht erbrächten, entferne er sie schnell aus ihren Positionen.
Das hätten nicht alle in der Credit Suisse gemocht. Manche hätten ihn für einen Kontrollfreak gehalten. Einer, der gerne einzelnen Personen die Schuld zuschiebt, wenn etwas nicht nach Wunsch funktioniert. Und, so berichtet Bloomberg:
«Es besteht kein Zweifel daran, dass er dem System Credit Suisse einen echten Schock verpasste – und dass dies einigen zu viel war.»
Zu dieser Deutung passt ein Übername, den einige Manager in der Bank ihrem damaligen Verwaltungsratspräsidenten gaben. Und zwar verglichen sie ihn mit einem Vertreter der spanischen Inquisition. So spotteten sie über den angeblichen Übereifer, mit dem Horta-Osório seine Mitarbeitenden zur Verantwortung ziehen wollte. Auch dieses Beispiel passt zur These, dass das System Credit Suisse den Reformer Horta-Osório abstiess.
Auch im amerikanischen «Wall Street Journal» findet sich jene Deutung der Geschehnisse, wie sie das Lager von Horta-Osório offenbar gerne sieht. Zu dessen Rücktritt gebe es auch eine beunruhigende Interpretation, schreibt das renommierte Finanzblatt:
«Dass die persönlichen Verfehlungen dem Verwaltungsrat eine Chance boten, jemanden loszuwerden, der das Leben unangenehm machte.»
Die Credit Suisse müsse nun zeigen, dass es ihr Ernst sei mit den Reformen. Vor allem Axel Lehmann müsse als neuer Mann an der Spitze rasch Fortschritte vorweisen können, fordert das «Wall Street Journal». Mit anderen Worten: Um den unschönen Abgang von Horta-Osório ist ein Deutungsstreit entbrannt. Es wird sich zeigen müssen, ob daraus eine Schlammschlacht wird.