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Bundesrat: Das sind die Favoriten für die Amherd-Nachfolge

Praktisch alle unter der Bundeshauskuppel wären gerne einmal Bundesrat. Nur die wenigsten werden es. Für dieses Quartett gibt es aber zumindest erhöhte Chancen.

Es ist eine kurze Kündigungsfrist. Viola Amherd räumt ihren Posten bereits Ende März.

Es ist auch eine sehr kurze Bewerbungsfrist. Voraussichtlich bereits am 12. März wählt die Bundesversammlung die Nachfolge der Walliser Mitte-Frau.

Viel Zeit für das Einreichen der schön aufgemöbelten Lebensläufe bleiben den Kandidatinnen und Kandidaten nicht. Aber gleich mehrere Mitte-Anwärter stehen sowieso unter dem Verdacht, das Bewerbungsdossier schon länger fixfertig bereit zu haben.

Allen voran Gerhard Pfister. Der ehrgeizige Zuger Nationalrat hat erst vor knapp zehn Tagen seinen Rücktritt als Parteipräsident der Mitte bekannt gegeben. Und schon da wurde Pfister unterstellt, er mache das in weiser Voraussicht, um vom Parteipräsidium direkt ins Bundesratszimmer zu wechseln. Jetzt dürfte er allerdings vom forschen Tempo des Amherd-Rückzugs überrumpelt sein: Pfister hat angekündigt, dass er noch bis im kommenden Sommer Mitte-Chef bleiben wolle.

Unter Pfisters Führung wurde die CVP zur Mitte. Ihm gelang es, die Mitte trotz stetiger politischer Polarisierung als wichtige Kraft in der – logischerweise – Mitte zu festigen. Er schaffte es, die als «Verliererpartei» verschriene CVP wieder zu einem Machtfaktor zu machen. Auch er selbst bewegte sich: Vom konservativen Flügel rückte er immer mehr nach links in die Mitte. Bei einer allfälligen Wahl dürfte er mittlerweile vor allem Stimmen von links erhalten.

Er selbst wollte sich weder bei seiner eigenen Rücktrittsankündigung noch bei jener von Amherd zu eigenen Bundesratsambitionen äussern.

Das gilt sowieso für die Papabili generell. Noch ist es zu früh, um den Kopf allzu weit aus dem Fenster zu halten. Zudem gilt: Am Tag des Rücktritts stiehlt man dem scheidenden Magistraten nicht das Licht.

Die starke Konkurrenz aus dem Ständerat

Einen, den es mit grosser Wahrscheinlichkeit auch in dieses Licht ziehen wird, ist der St.Galler Ständerat Benedikt Würth. Ein zweites Alpha-Alphamännchen in einer an solchen Alpha-Männchen nicht armen Mitte-Fraktion. Der ehemalige Regierungsrat fällt seit seinem Eintritt in die kleine Kammer durch seinen Durchsetzungswillen und generell einem eigenen Willen auf.

Benedikt Würth fällt im Ständerat mit einem grossen Durchsetzungswillen auf.
Bild: Keystone

Während die Mitte im Nationalrat oft mit der linken Seite Mehrheiten zimmerte, setzen Würth und viele Mitte-Ständeräte einen deutlich bürgerlichen Kurs um. Wiederholt wurden Pfister-Kompromisse in der kleinen Kammer mit markigen Worten beerdigt. Eine der federführenden Kräfte war dabei Würth, der sich nicht vor dem Konflikt mit dem Präsidenten scheute.

Im vergangenen Jahr sagte er in einem Text über ihn: «Bundesrat zu werden, steht nicht mehr in meiner Lebensplanung.» Die Halbwertszeiten von Plänen unter der Bundeshauskuppel kennt Polit-Profi aber nur zu gut. Mit 56 Jahren ist er auch sechs Jahre jünger als Pfister.

Isabelle Chassot präsidierte die Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) zum CS-Debakel.
Bild: Keystone

Als vielversprechendste Frau wird der Name von Isabelle Chassot herumgeboten. Die Freiburgerin präsidierte jüngst die Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) zur Aufarbeitung des Credit-Suisse-Debakels. Bis auf ein paar wenige Leaks gelang es der ehemaligen Direktorin des Bundesamts für Kultur, die Arbeiten unaufgeregt voranzutreiben. Das PUK-Präsidium war bereits bei Moritz Leuenberger (SP) und Kurt Furgler (CVP) Sprungbrett in das Bundesratszimmer.

Eine Wahl der Westschweizerin Chassot würde zudem den Spielraum für die anderen Parteien bei der Neubesetzung einer allfälligen Vakanz von Guy Parmelin (SVP) oder Ignazio Cassis (FDP) erhöhen.

Mehr als nur ein Exoten-Bonus

Und dann ist da noch Martin Candinas. Der grossgewachsenen Bündner Nationalrat hatte eben erst medial für eine Nachfolge von Parteipräsident Gerhard Pfister abgesagt. Diese Absage kann durchaus als Zusage für Bundesratsambitionen gelesen werden. Auch wenn er das am Mittwoch selbst nicht sagt.

Martin Candinas war 2023 Nationalratspräsident.
Bild: Keystone

Candinas war bis im Dezember Nationalratspräsident und wurde so auch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Er sitzt bereits seit 2011 im Parlament und wäre mit seinen 44 Jahren doch der Einzige aus dem engeren Favoritenkreis, der tatsächlich für einen Generationenwechsel steht. Als Rätoromane sammelt der eher konservative Geist zudem noch ein paar Exotenpunkte.

Wer (noch) nicht auf der Liste steht

Bei der Ausmarchung geht es selbstredend nicht alleine um Kompetenzen, sondern auch um Sympathien, territoriale Ansprüche und die Geschlechterfrage. Vordergründig scheint sich letztere aufzudrängen. Mit dem Rücktritt von Viola Amherd verbleibt mit Karin Keller-Sutter und Elisabeth Baume-Schneider eine klare Frauenminderheit in der Regierung. Allerdings stellte just die Mitte-Partei gleich zwei Mal eine Frau: Auf Doris Leuthard folgte Amherd.

Bei der geografischen Komponente sind weite Teile der Schweiz abgedeckt: Die Westschweiz und das Tessin sind genauso gut vertreten, wie Bern, Basel und St. Gallen. Zürich und Freiburg können sich schwerlich beklagen, weil sie immer wieder Bundesräte stellen. So rückt die Zentralschweiz in den Fokus, die seit dem Rücktritt des Luzerner FDP-Bundesrats Kaspar Villiger 2003 nicht mehr in der Regierung vertreten ist.

Die letzten Zentralschweizer Kandidaturen scheiterten 2018, die Urnerin Heidi Z’graggen und der Zuger Peter Hegglin unterlagen gegen Amherd. Pfister wird den Zentralschweizer-Bonus für sich ausspielen. Aber auch eine neue Politikergeneration steht in der Innerschweiz parat, auch wenn offiziell noch niemand seinen Hut ins Rennen werfen will: Etwa Priska Wismer-Felder (LU) oder Simon Stadler (UR).

Die Bewerbungsfrist läuft. Wer es aufs Ticket schafft, entscheidet sich mutmasslich an der Fraktionssitzung der Mitte vom 21. Februar.