«Wenn Kinder involviert sind, empfehlen wir eine Meldung»: Das sagt die Polizei zum richtigen Verhalten nach einem Unfall
Alleine im Aargau wurden im letzten Jahr 666 Personen wegen pflichtwidrigem Verhalten nach einem Unfall gebüsst. Das umfasst Personen, die einen abgeschlagenen Rückspiegel nicht gemeldet haben, bis zu Beschuldigten, die betrunken einen schweren Unfall verursacht haben und davongefahren sind. Wir haben der Kantonspolizei zum Thema die wichtigsten Fragen gestellt:
Muss nach jedem Unfall zwingend direkt die Polizei verständigt werden?
Bernhard Graser, Mediensprecher der Kantonspolizei Aargau, erklärt: «Es muss zwingend sofort die Polizei verständigt werden, wenn Personen verletzt sind.» Dabei gilt die Einschränkung, dass eine Meldung an die Polizei «bei kleinen Schürfungen oder Prellungen nicht erforderlich ist». Hingegen sei zwingend, dass die Personalien ausgetauscht werden.
«In der Praxis raten wir, im Zweifel stets den Polizeinotruf zu wählen, wenn Anzeichen bestehen, dass jemand verletzt sein könnte», erklärt Graser. Insbesondere, wenn Kinder versichern, dass sie wohlauf seien, ist unbedingt zu empfehlen, auch einen Bagatellunfall vorsorglich der Polizei zu melden. «Immer wieder zeigt sich nämlich, dass Eltern nachträglich Anzeige erstatten, weil ihre Kinder dann doch mehr als nur ein paar Schrammen davongetragen hatten.»
Was, wenn nicht alle Beteiligten die Polizei informieren möchten?
Falls ein Geschädigter auf dem Beizug der Polizei besteht, müssen laut Gesetz «die übrigen Beteiligten bei der Feststellung des Sachverhalts mitzuwirken, bis sie von der Polizei entlassen werden». Zudem besteht die Vorschrift, dass die Situation auf der Unfallstelle bis zum Eintreffen der Polizei nur zum Schutz von Verletzten oder zur Sicherung des Verkehrs verändert werden darf.
Graser weist auch darauf hin, dass ein Fahrzeuglenker, wenn er erst nachträglich erfährt, dass er an einem Unfall beteiligt war oder sein könnte, unverzüglich zur Unfallstelle zurückzukehren oder sich bei der Polizei zu melden hat.
Wie rasch muss ich einen Unfall melden?
«Unabhängig von der jeweiligen Situation ist der Begriff ‹unverzüglich› wortwörtlich zu verstehen», sagt Graser. Will heissen: Der Anruf auf den Polizeinotruf 117 hat oberste Priorität. «Die allermeisten Leute haben heute ein Smartphone bei sich. Und falls nicht, sind Wege zu finden, dass jemand anders den Anruf tätigt.»
Stünden Beteiligte unabhängig vom Verkehrsunfall in einer gewissen Notlage, lasse sich meist mit der Notrufzentrale oder spätestens mit der Patrouille vor Ort eine Lösung finden. «Ich denke dabei an ein krankes Kind, das dringend zum Arzt oder eine Katze, die in der Transportbox zum Tierarzt geführt werden sollte.» Wichtig sei in jedem Fall, dass die Beteiligten ihrer gesetzlichen Meldepflicht nachkommen.
Was passiert, wenn mein Handy-Akku leer ist?
«Im seltenen Fall, wo ausgerechnet bei einem Unfall der Akku leer ist oder kein Empfang besteht, müssen Betroffene anderweitig dafür sorgen, dass die Polizei raschmöglichst verständigt werden kann», sagt Graser. Die Erfahrung zeigt aber, dass in den allermeisten Fällen hilfsbereite Verkehrsteilnehmer oder Passanten vor Ort seien.
Sollte sich die ungemütliche Situation tatsächlich nachts und ausserhalb von Ortschaften ergeben, hänge das weitere Vorgehen von den konkreten Umständen, namentlich von der Schwere des Unfalls, ab. «Die Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass sich mit gutem Willen immer eine Möglichkeit finden lässt, die der Lage und den gesetzlichen Anforderungen gerecht wird.»
Was gilt es zu beachten, wenn man ein Tier anfährt?
«Unabhängig davon, ob es sich um ein Reh oder eine Katze handelt, gilt die Kollision mit einem Tier rechtlich als Verkehrsunfall», sagt Graser. «Unverzüglich die Polizei zu rufen – am besten über den Notruf 117 – ist somit ebenso Pflicht», stellt er klar.
Bei Wildunfällen biete die Notrufzentrale die zuständige Jagdaufsicht auf, die sich dann um das verletzte oder tote Tier kümmere und der beteiligten Person nötigenfalls eine Bestätigung für die Versicherung ausstelle. «Bei den täglichen Meldungen über angefahrene Katzen sorgt die Notrufzentrale dafür, dass Patrouillen der Regionalpolizeien den häufig vorhandenen Chip auslesen und die Tierhalter verständigen.» Bei verletzten Tieren sorge die Polizei zudem dafür, dass diese rasch in ärztliche Behandlung kommen.