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Markus Blocher: «Die Welt wird ärmer und wärmer», statt Papierkrieg sollte man lieber in Technologien investieren

Was bedeutet die zweite Ära Trump für die Nachhaltigkeit in der Wirtschaft? Interessiert sich niemand mehr für faire Fonds? Die Bank J. Safra Sarasin liess in Baden Dottikon-ES-Chef Markus Blocher, Stadtrat Benjamin Steiner und Vermögensverwalter Marc Possa darüber diskutieren.

Nachhaltigkeitsfonds waren zuletzt noch im Trend, nun sollen sie offenbar wieder aus der Mode geraten sein. So hiess es jedenfallsin verschiedenen Medienberichtenin den letzten Tagen, ausgelöst unter anderem vom sogenannten Trump-Effekt.

Der Amtsantritt des US-Präsidenten am letzten Montag samt dem von ihm beschlossenen Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaabkommen wirft derzeit viele Fragen auf. Wird sich etwas ändern in den weltweiten Umweltschutzbemühungen? Was bedeutet dies für Unternehmen?

Mit perfektem Timing organisierte die Bank J. Safra Sarasin diese Woche ein Podium zum Thema «Nachhaltigkeit im Kreuzfeuer» im Trafo. Dies nur wenige Meter entfernt von der Filiale, die die global tätige Privatbank im vergleichsmässig kleinen Baden führt.

Ausgerechnet J. Safra Sarasin gilt als «weltweite Pionierin im Bereich der nachhaltigen Anlagen», wie es Stefan Holderegger, Leiter der Niederlassung in Baden, bei der Eröffnung im Herbst 2023 verkündete. Nicht nur seit der Rückkehr von Trump sollen diese Fonds aber weniger nachgefragt worden sein.

Das «Geschäft mit sauberen, fairen und ehrlichen Finanzanlagen» sei am Ende, las man in der AZ just am Tag, an dem das Podium in Baden stattfand. Ein Zeichen davon sei der Ausstieg des Vermögensverwalters Blackrock aus dem Klimabündnis «Net Zero Asset Managers Initiative».

Anders als offenbar in den USA, wolle eine Mehrheit in Europa aber weiterhin das Verantwortungsbewusstsein der Wirtschaft fördern, hiess es. Beobachtet werde bei den Unternehmen nicht eine generelle Abkehr vom Umweltschutz, sondern eher Ohnmacht und Entrüstung gegenüber einer scheinbaren Flut an Regulierungen.

Diese Aktualität griff Stefan Holderegger bei der Eröffnung des Anlasses in Baden auf: «Im Tal der einstigen Grünen Welle» sei heute ein umso sachlicherer Dialog nötig, sagte er. «Es ist das konsensbasierende Handeln, das den schonungsvollen Umgang mit der Umwelt überhaupt ermöglicht.»

Markus Blocher: «Die Welt wird ärmer und wärmer»

In Sachen Nachhaltigkeitsbemühungen sei heute Pragmatismus gefragt, lautete in groben Zügen das Echo am Podium im Trafo. Julia Wittenburg, Verantwortliche für Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen (abgekürzt: ESG) bei J. Safra Sarasin, hob die Bedeutung eines stetigen Dialogs zwischen den Anbietern von nachhaltigen Fonds und den Unternehmen hervor. So habe die Bank «das persönliche Engagement» von Markus Blocher, Chef des Pharmawirkstoffherstellers Dottikon ES, für die Berichterstattung der Nachhaltigkeitsbemühungen seiner Firma mitverfolgt.

In einem kurzen Vortrag zeigte er, wie Dottikon ES zum Beispiel Reststoffe der Produktion nutzt, um eine eigene Dampfanlage zu betreiben. Mit durchdachten, effizienten Prozessen könnten Ausbeutungen erhöht und Energie oder Lösungsmittel gespart werden.

Man befinde sich in einem Spannungsfeld zwischen Qualität, Kosten und CO2-Abdruck. Für Markus Blocher ist klar: Es werde nicht möglich sein, das weltweite Netto-Null-Ziel bis 2050 zu erreichen. Der CO2-Ausstoss sei ein Produkt der Anzahl Menschen, des Wohlstands und der Energieeffizienz. «Ich habe sieben Kinder, über Populationsbeschränkungen rede ich nicht», sagte er humorvoll. Auch den Wohlstand wolle er nicht einschränken. Es bleibe also nur noch, an den Technologien und der Effizienz zu schrauben, auch wenn das Kosten verursache.

«Wir müssen damit rechnen, dass die Welt ärmer und wärmer wird», sagte er. «Es wäre sinnvoller, zu denken, wie wir uns dann einrichten werden.» Statt Energie aufzuwenden, um sich mit Regulierungen auseinanderzusetzen, sei es sinnvoller, sich auf technologische Entwicklungen zu fokussieren. «Die brutale Bürokratie, die man aufzieht, könnte man auch aus der CO2-Problematik thematisieren.» Der viele Papierkrieg sei inzwischen zu komplex und führe im Endeffekt zu Korruption. «Die Demokratie verliert.»

Markus Blocher, Geschäftsführer und Mehrheitsaktionär von Dottikon ES.
Bild: Alex Spichale

Benjamin Steiner: «Es braucht wenige, aber gute Regeln»

Teilweise dagegen hielt in der anschliessenden Diskussionsrunde der Stadtrat und Unternehmer Benjamin Steiner. Er politisiert für die Gruppierung Team Baden, «links der Mitte, mit starkem Fokus auf Grüne Themen», wie er einst der AZ sagte. Mit Markus Blocher gehe er zwar einher, dass zu viel oder falsche Regulierung schlecht sei. Doch ohne ginge es auch nicht. «Es braucht wenige, aber eben gute Regeln», sagte er. Pragmatismus sei in diesem Zusammenhang «ein gutes Wort».

Für Pragmatismus sprach sich auch Marc Possa, Geschäftsführer der VV Vermögensverwaltung, aus. Die zweite Ära Trump zwinge die Welt dazu. «Fantasien von Gutmenschen» oder «gewisse Irrläufe, die jetzt da waren», müsse man jetzt pragmatisch vermeiden und die Komplexität der Regelungen reduzieren.

«Ich glaube, wir gehen in eine Richtung, in der sich das vereinfachen wird», sagte Julia Wittenburg. Die Nachhaltigkeitsberichte, die Firmen heute verfassen müssen, verteidigte sie aber. «Sie sind absolut nicht für nichts.» Dass man dadurch zum Beispiel Firmen untereinander vergleichen könne, ermutige diese, nachhaltiger zu agieren.

Jürg Haller: Nachhaltigkeitsfonds keine Modeerscheinung

Zum Schluss erinnerte Jürg Haller, Verwaltungsrat von J. Safra Sarasin, der seine Karriere bei der Raiffeisenbank Baden-Wettingen begonnen hatte: Die Nachhaltigkeitsfonds seinen keine Mode der Politik gewesen, auf die die Banken aufgesprungen seien.

Noch in den 1980er-Jahren, zu Zeiten der Tschernobyl-Katastrophe oder als der Rhein bei Basel stark verschmutzt war, sei es die Kundschaft gewesen, die von den Managern der damaligen Basler Bank Sarasin Portfolios verlangt hatten, «bei denen gewisse Risiken nicht mehr da waren».

Angeregte Diskussion im Badener Trafo zum Thema Nachhaltigkeit in der Wirtschaft.
Bild: Alex Spichale