Von Eminem und Madonna geplündert: Funk- und Jazz-Pionier Lou Donaldson ist 98-jährig gestorben
Was haben Eminem, Dr. Dre, A Tribe Called Quest, US3, De La Soul, Run DMC, Cypress Hill und Madonna gemeinsam? Sie alle haben sich bei Lou Donaldson bedient und Teile aus seinem über siebzigjährigen Werkkatalog geplündert. Der Saxofonist gehört denn auch zu den am meisten gesampelten Künstler. Das ist kein Zufall. «Everything I Play Is Funky», der Titel eines Albums von 1970, kann für das Lebenswerk des Musikers durchaus programmatisch verstanden werden.
Charlie Parker, der Begründer des modernen Jazz im BeBop, war sein grosses Vorbild. Dabei ist Lou Donaldson, geboren am 1. November 1926 in Badin, North Carolina, nur sechs Jahre jünger. Donaldson entwickelte aber schon bald eine eigene Spielweise, die bluesiger, direkter und einfacher war als jene von Parker. «Jazz zu spielen ohne den Blues, ist wie Kartoffeln kochen ohne Salz. Du hast etwas, aber ohne Geschmack. Der Blues ist das Herz von allem, was ich tue», sagte er einmal.
Wie hätte Charlie Parker geklungen?
Wie hätte Charlie Parker geklungen, wenn er nicht schon 1955 gestorben wäre? Lou Donaldson gibt zumindest eine Ahnung davon, denn als Parker starb, startete der jüngere Saxofonist erst so richtig durch. 1952 wurde er entdeckt und beim legendären Label «Blue Note» unter Vertrag genommen.
Lou Donaldson gehörte auch zu jenen Jazzmusikern, die Mitte der 1950er den BeBop mit einer stärkeren Bluesfärbung in den Hard Bop verwandelten. Donaldson war auch einer der ersten Musiker, der Congas in seine Musik einbaute. Mit dem Congas-Spieler Ray Barretto, dem aufstrebenden jungen Gitarristen George Benson und Lonnie Smith an der groovenden Hammondorgel schuf er in den 60ern einen knackigen, eingängigen und stilbildenden Sound: den Soul oder Funk Jazz. Es war ein Vorläufer der späteren Funk. «Alligator Bogaloo» wurde zu seinem erfolgreichsten Album und zu einem Markstein des Soul Jazz.
Der Altsaxofonist zählte in dieser Zeit zu den populärsten Jazzmusikern und veröffentlichte Alben im Jahrestakt. Die Stücke aus jener Phase wurden eifrig gesampelt und erlebten in der ersten Hälfte der 90er-Jahre im Hip-Hop ein Revival. Daneben präsentierte er auch Jazz-Klassiker wie «Caravan» von Ellington im modischen Funk-Kleid und interpretierte James Brown oder Curtis Mayfield.
Ein Highway-Abschnitt wurde nach ihm benannt
2012 erhielt Lou Donaldson die NEA Jazz Masters Fellowship, die höchste Auszeichnung für Jazzmusiker in den USA. Und vor zwei Jahren wurde ein fünf Meilen langer Abschnitt der North Carolina Highway 740 zum Lou Donaldson Boulevard umbenannt. Im Beisein des betagten Musikers. Überhaupt trat der Saxofonist bis ins hohe Alter auf.
Bei Lou Donaldson erhält die Bezeichnung Jahrhundertkünstler eine ganz andere Bedeutung. Doch das Jahrhundert hat er doch nicht ganz voll gemacht.