Feuer auch ohne Brand: Nur zwei Teilnehmer an einer Info-Veranstaltung sorgen bei der Regiowehr Suhrental für Alarm
Frauen und Männer, die zwischen 18 und 45 Jahre alt sind, sind in ihrer Wohngemeinde von Gesetzes wegen feuerwehrdienstpflichtig. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass alle Frauen und Männer tatsächlich Dienst bei der Feuerwehr leisten. Und die Rekrutierung ist für die Wehren offenbar – neben ihren Rettungseinsätzen – eine herausfordernde Aufgabe.
Ernüchternde Resonanz auf Einladung zur Informationsveranstaltung
Der Text, den die Regiowehr Suhrental auf den Internetseiten und in den Dorfheften ihrer Mitgliedsgemeinden Schöftland, Hirschthal, Holziken und Staffelbach aufgeschaltet hat, klingt beinahe etwas verzweifelt. Dort appelliert Hauptmann David Rickenbach an das Gewissen der Frauen und Männer in der Zielgruppe, ihrer Bürgerpflicht nachzukommen. Klingt das nur nach Verzweiflung oder ist die Situation wirklich so brenzlig?
«Beides ist richtig», erklärt Rickenbach gegenüber der AZ. «Im Oktober hatten wir 500 Frauen und Männer zu einer Informationsveranstaltung eingeladen, erschienen sind zwei.» Das sei schon ernüchternd gewesen, gibt der Feuerwehrhauptmann zu. Offenbar die beiden einzigen, die tatsächlich Interesse hatten. Immerhin meldeten sie sich dann aber bei der Regiowehr zur Ausbildung an.
Allerdings müsse die Wehr, die aktuell 100 Mitglieder zählt, davon 19 Frauen, jedes Jahr 10 bis 15 Prozent Abgänge verkraften und ersetzen. Da waren zwei Neue deutlich zu wenig. Rickenbach: «Wir haben zwar kein generelles Bestandsproblem, die Rekrutierung beschäftigt uns aber fortlaufend. Es ist alles schnelllebiger geworden. Das bedeutet, dass jemand, der in diesem Jahr bei uns die Ausbildung macht, in ein oder zwei Jahren eventuell aus privaten oder beruflichen Gründen woandershin zügelt. Und ob derjenige nach Abschluss der Ausbildung wieder zurückkommt, und wenn, ob er dann auch wieder zur Feuerwehr kommt, ist alles andere als sicher.»
Eben deswegen sei die Rekrutierung neuer Kräfte eine Herausforderung. In den vergangenen Jahren habe diese meist über Mundpropaganda funktioniert. Und gerade bei den jungen Leuten sei es oft so, wenn jemand aus einer Clique zur Feuerwehr geht, schliessen sich ein oder zwei andere gleich mit an. Im vergangenen Herbst habe dies aber offenbar nicht funktioniert. Und die Informationsveranstaltung stiess eben auch nicht auf die erhoffte Resonanz.
Kurze Phase der Erleichterung
Rickenbach und die gesamte Kommandoabteilung der Regiowehr müssen also nach neuen Wegen suchen, um Frauen und Männer für die Feuerwehr zu begeistern. Diesmal eben über die Websites und Dorfhefte der vier Mitgliedsgemeinden. Ein erfolgreicher Weg, wie sich zeigte: «Neun Frauen und Männer haben sich darauf gemeldet, insgesamt sind es also elf neue Feuerwehrleute», erklärt David Rickenbach. Die Verzweiflung nach der Info-Veranstaltung sei daher inzwischen einer gewissen Erleichterung gewichen.
Vorerst jedenfalls. Denn schon in diesem Jahr wird die Regiowehr vor demselben Problem stehen, dass sie die Abgänge kompensieren muss. In diesem Jahr kommt Rickenbach dabei die Gewerbeausstellung in Schöftland vom 12. bis zum 15. September zu Hilfe: «Dort werden wir mit einem Stand vertreten sein und können die Leute in einer viel ungezwungeneren Atmosphäre ansprechen.» Neben den ganz jungen Leuten nimmt Rickenbach künftig auch Frauen und Männer der Altersgruppe um die 40 ins Visier.
«Diese Leute sind von ihrer ganzen Lebenssituation her schon mehr angekommen», erklärt er dazu. Da sei die Gefahr, dass sie nach ein oder zwei Jahren die Regiowehr schon wieder verlassen, nicht so gross wie bei jungen Leuten in der Ausbildung, so die Einschätzung des Kommandanten.
Die Feuerwehr hat für jeden eine Aufgabe
In dem Inserat, das die Regiowehr geschaltet hat, wird die Frage gestellt: «Bist du die ideale Feuerwehrfrau, der ideale Feuerwehrmann?» Wie sieht der Idealtypus denn aus? «Ein Allrounder», antwortet Rickenbach knapp. Die Regiowehr bestehe aus vier Abteilungen: Atemschutz, Maschinist, Sanität und Verkehr. Der Idealtyp sei in allen vier Abteilungen einsetzbar. Also quasi die Eier legende Wollmilchsau.
Und was ist mit jemandem, der nicht alle Fähigkeiten mitbringt, aber eigentlich gerne Dienst bei der Feuerwehr leisten würde? «Wir haben für jeden eine passende Aufgabe», macht der Feuerwehrkommandant deutlich, dass es den Allrounder nicht unbedingt braucht. «Wer Höhenangst hat, den werden wir sicher nicht auf die Rettungsleiter schicken, sondern vielleicht eher in der Abteilung Verkehr einsetzen.»
Bei der Regiowehr leiste sogar ein beinahe komplett Gehörloser seinen Dienst. Was? Kaum zu glauben. Okay, das ist wohl das beschränkte Denken, das die meisten Menschen ohne Handicap als Handicap haben. «Er hat eine Ausbildung als Landschaftsgärtner gemacht und dabei auch am Unterricht in der Berufsschule teilgenommen», berichtet Rickenbach. Und der junge Mann wollte zur Feuerwehr. «Wir haben gedacht, wenn wir es nicht probieren, können wir auch nicht sagen, es funktioniert nicht.»
In den Bereichen Atemschutz, Verkehr und Maschinist sei es wichtig, dass man Geräusche gut wahrnehmen und auch deuten könne. Da könne man einen Gehörlosen eher nicht einsetzen. In der Sanität aber schon. Es sei wichtig, dass man laut und deutlich mit dem Kameraden rede, aber dann sei die Arbeit im Bereich Sanität kein Problem. «Da ist er perfekt aufgehoben und auch sonst voll bei uns integriert.» Geht nicht, gibt’s also nicht bei der Regiowehr Suhrental.