Auch die zwei Aargauer Standorte für ein Atomendlager sind geeignet – der Entscheid fällt im Herbst
Seit im Juli 1969 der Reaktorblock Beznau 1 in Betrieb genommen worden ist, gibt es in der Schweiz Energie aus Atomkraft. Inzwischen wurden fünf Atomkraftwerke gebaut. Eines davon ist nicht mehr in Betrieb, die anderen produzieren weiter Strom, bis ihre Lebensdauer abgelaufen ist. Dabei entsteht radioaktiver Abfall, der zwischengelagert werden muss. Aktuell geschieht das in Würenlingen. Denn ein Endlager, wo er für Tausende von Jahren gefahrlos im Boden versenkt werden kann, gibt es bisher nicht.
Die Nagra, das technische Kompetenzzentrum der Schweiz für die Entsorgung radioaktiver Abfälle, wird im Herbst einen Standortvorschlag unterbreiten, wo ein solches Lager, mindestens 800 Meter tief im Boden, errichtet werden soll. Drei Standorte stehen noch zur Diskussion: «Zürich Nordost», in den Kantonen Zürich und Thurgau, zweitens «Nördlich Lägern», an der Grenze zwischen Zürich und dem Aargau und «Jura Ost», rund um den Bözberg im Aargau.
Die Nagra hat die drei Orte in den letzten drei Jahren gründlich geprüft. Und jetzt ist klar: Alle wären als Endlager geeignet. «Das ist das wichtigste Resultat», sagte Nagra-CEO Matthias Braun am Dienstagvormittag in Windisch vor den Medien zum Abschluss der Tiefbohrungen.
Zehn Kilometer in den Boden gebohrt
Entscheidend ist die Bodenbeschaffenheit. Es darf keine Radioaktivität in die Umwelt gelangen, darum muss das Lager dicht sein, bis das Material aufhört zu strahlen. Um genau bestimmen zu können, wie der Boden an den drei Standorten aussieht, hat die Nagra insgesamt neun Bohrungen durchgeführt und dabei 10 Kilometer tief in den Boden gebohrt. 6000 Meter Bohrkerne kamen so an die Oberfläche, aus ihnen wurden 4000 Proben entnommen, die im Detail untersucht wurden.
Noch nie sei der Boden irgendwo in der Schweiz so gut unter die Lupe genommen worden, sagte CEO Matthias Braun. Das Bild des Untergrunds sei jetzt vollständig. Überraschungen sind für die Nagra dabei weitgehend ausgeblieben, die Bohrungen bestätigten die Vermutungen, dass der Boden geeignet ist. Dies insbesondere, weil er ziemlich langweilig sei, wie Braun ausführte: der unspektakuläre Opalinuston ist jene Gesteinsschicht, in welcher das Tiefenlager entstehen soll. Der Opalinuston bildete sich vor ungefähr 175 Millionen Jahren aus Meeresablagerungen in der ganzen Nordschweiz.
Jedoch gibt es geologische Unterschiede – die Gesteinsschichten sind beispielsweise nicht überall gleich dick oder sie liegen in unterschiedlichen Tiefen. Diese Unterschiede würden jetzt bis im Herbst evaluiert, so Matthias Braun.
Keine Abstimmung über den Standort
Seit die Bevölkerung von Nidwalden im Jahr 2002 an der Urne Nein zu einem Sondierstollen in ihrem Kanton sagte, wodurch die Errichtung eines Schweizer Atomendlagers in die Ferne rückte, können die Kantone kein Veto mehr einlegen. Mitreden können Einwohnerinnen und Einwohner bei allem, was an der Oberfläche geschehen soll – etwa wo das Portal ins Lager zu stehen kommt.
«Die Sicherheit lassen wir aber nicht die Bevölkerung beurteilen», sagte Monika Stauffer, Leiterin der Sektion Entsorgung radioaktive Abfälle beim Bundesamt für Energie (BFE). Das BFE ist bei der Suche nach einem Standort für ein Tiefenlager für die Verfahren, Bewilligungen und Mitwirkungen zuständig. Scheitern könnte das Projekt Endlager für die Schweiz dennoch an der Urne – das fakultative Referendum gegen den Standortentscheid ist möglich, dann käme es zu einer nationalen Abstimmung. Scheitert diese, müsste der Abfall weiter zwischengelagert werden. «Ich bin überzeugt, dass es gelingt, einen sicheren und von der Bevölkerung akzeptierten Vorschlag zu präsentieren», meinte Monika Stauffer jedoch.
In dreissig Jahren in Betrieb
Die Suche nach dem geeigneten Standort ist ein Zwischenschritt. Der Plan stimme, die Tiefenbohrungen konnten fristgerecht abgeschlossen werden, so Braun. Bis dereinst ein Endlager für radioaktive Abfälle in der Schweiz stehen wird, dauert es aber noch ein paar Jahre: 2050 soll es in Betrieb genommen werden.