«Angemessene Reaktion auf terroristischen Angriff»: Was sich der Bundesrat vom Hamas-Verbot erhofft
Wenige Tage nach dem terroristischen Angriff der Hamas auf Israel entschied der Bundesrat: Die Hamas soll in der Schweiz verboten werden. Offen blieb bis anhin, wie dies genau geregelt werden soll. Am Mittwoch legte der Bundesrat nun seinen Vorschlag auf den Tisch – ein Gesetz zur Hamas, befristet auf fünf Jahre. Dem neuen Justizminister Beat Jans oblag es, den Vorschlag vorzustellen.
«Mit dem Verbot reagiert der Bundesrat angemessen auf die terroristischen Akte vom 7. Oktober», sagte er vor den Medien. Der Gesetzesentwurf besteht nur aus wenigen Sätzen. Darin werden die Hamas sowie Tarn- und Nachfolgeorganisationen der Hamas verboten. Sie sollen offiziell als terroristische Organisationen gelten.
Der Bundesrat will sich zudem die Kompetenz geben lassen, weitere terroristische Organisationen zu verbieten, die eine besondere Nähe zur Hamas haben und in «Führung, Zielsetzung oder Mitteln» mit ihr übereinstimmen. Das gäbe der Regierung die Möglichkeit, das Verbot rasch auszuweiten, falls sich zeigen sollte, dass andere Organisationen am Angriff vom 7. Oktober beteiligt waren oder sich danach mit der Hamas verbündet haben, wie Jans sagte.
Der Bundesrat zieht den Rahmen also eng. Organisationen wie etwa der Palästinensische Islamische Dschihad oder auch die Hisbollah werden mit dem Gesetz nicht verboten. Jans betonte, es handle sich nicht um einen Paradigmenwechsel in der Aussenpolitik, die Schweiz bleibe zurückhaltend beim Verbieten von Organisationen. Der Bundesrat wählt daher auch den Weg über ein spezifisches Hamas-Gesetz statt die gesetzlich verankerten Kriterien für ein Verbot von Organisationen generell zu lockern.
Hamas-Propaganda soll effizienter bestraft werden
Doch was bringt das Hamas-Verbot? Der Bundesrat erwartet eine präventive und repressive Wirkung. Konkret soll das Verbot die Strafverfolgung vereinfachen und verhindern, dass die Hamas die Schweiz als Finanzdrehscheibe oder als Rückzugsort nutzt.
Die Unterstützung oder gar Beteiligung an einer terroristischen Organisation ist zwar heute bereits verboten. Dass es sich bei der Hamas um eine terroristische Organisation handelt, muss die Anklage in einem Strafverfahren aber beweisen. Dies entfällt, wenn die Hamas per Gesetz als terroristische Organisation eingestuft wird. Wer also beispielsweise Hamas-Propaganda betreibt oder sie finanziell unterstützt, soll leichter strafrechtlich verfolgt werden können.
Auch bezüglich der Finanzflüsse erhofft sich der Bundesrat eine positive Wirkung. Banken und andere Finanzintermediäre müssen zwar schon heute die Meldestelle für Geldwäscherei (MROS) informieren, wenn der begründete Verdacht besteht, dass Gelder einer terroristischen Organisation gehören. Wenn die Hamas offiziell als terroristische Organisation gilt, soll auch das einfacher werden.
Mehr Licht ins Dunkel der Finanzflüsse
Das Bundesamt für Polizei (fedpol) erhofft sich dadurch auch eine bessere Sicht über die Finanzflüsse, wie Fedpol-Direktorin Nicoletta della Valle sagte. Womit sie implizit auch eingestand, dass der Bund kein klares Bild davon hat, inwiefern die Hamas den Schweizer Finanzplatz nutzt.
Bisher habe der Bund keine Hinweise auf Hamas-Finanzflüsse in der Schweiz, sagte Justizminister Jans, mit einer Ausnahme: Die Bundesanwaltschaft hat bereits einige Wochen vor dem Hamas-Terrorangriff auf Israel eine Strafuntersuchung eingeleitet wegen des Vorwurfs der Unterstützung einer terroristischen Organisation: «Es geht darum, dass Geld aus der Schweiz zur Hamas gelangt ist», sagte Bundesanwalt Stefan Blättler im Oktober gegenüber Radio SRF.
Auf Anfrage von CH Media schreibt die Bundesverwaltung, die Ermittlungen liefen weiter. Weitere Details nennt sie nicht. Hinweise darauf, dass die Hamas in der Schweiz aktiv ist, haben die Behörden nicht, wie der Direktor des Nachrichtendienstes, Christian Dussey, sagte.
Bis das Gesetz in Kraft tritt, dauert es noch. Nach der Vernehmlassung wird der Bundesrat die Botschaft ans Parlament verabschieden. Dort dürfte das Gesetz kaum auf grundsätzlichen Widerstand stossen: Die Sicherheitspolitischen Kommissionen von National- und Ständerat haben sich bereits für ein Verbot ausgesprochen – und zwar einstimmig.