Frankreichs Innenminister: «Benzema hat Kontakt zu Terrororganisation»
Es ist ein Hin und Her an Vorwürfen, ausgetragen in der Öffentlichkeit und vor allem in Frankreich viel diskutiert. Der Streit zwischen Karim Benzema und einigen französischen Staatsangestellten hat seinen Ursprung am vergangenen Sonntag, als der Fussballer mit einem Tweet auf den Krieg zwischen der Hamas und Israel reagiert.
Toutes nos prières pour les habitants de Gaza victimes une fois de plus de ces bombardements injustes qui n’épargnent ni femmes ni enfants.
— Karim Benzema (@Benzema) October 15, 2023
«Wir beten für die Menschen in Gaza, die wieder einmal Opfer dieser ungerechten Bombardierungen geworden sind, die weder Frauen noch Kinder verschonen», schreibt Benzema auf X. Damit verzichtete er darauf, die Angriffe der Hamas auf israelische Zivilisten zu verurteilen und prangert stattdessen Israel an. Der Post brachte dem 35-Jährigen sowohl Applaus als auch grosse Kritik ein.
Und Benzema ist nicht der einzige Fussballer, der sich mit Vorwürfen konfrontiert sieht. In Deutschland und Frankreich wurde je ein Fussballprofi wegen Äusserungen zum Nahost-Konflikt vom jeweiligen Klub freigestellt.
Die ganz grosse Kritik an Benzema kam am Dienstagabend, als Frankreichs Innenminister, Gérald Darmanin, in einer Fernsehsendung auf dem Sender «CNews» Benzema bezichtigte, Kontakt zu einer Terrororganisation zu haben. Konkret sagte Darmanin:
«Herr Benzema hat, wie wir alle wissen, eine notorische Verbindung zu den Muslimbrüdern. Wir greifen eine Hydra an, die die Muslimbrüder sind, weil sie einen zu einer dschihadistischen Atmosphäre beitragen.» Auf Nachfrage des «Le Parisien» erklärte das Büro des Innenministers später: «Wir stellen seit mehreren Jahren ein langsames Abgleiten der Stellungnahmen von Karim Benzema in Richtung eines harten, rigoristischen Islam fest.» Dieser sei typisch für die Ideologie der Muslimbrüder, die darin bestehe, die islamischen Normen in verschiedenen Bereichen der Gesellschaft zu verbreiten, insbesondere im Sport.
Neben dem französischen Innenminister äusserten sich auch weitere Politikerinnen und Politiker zur Causa. Valérie Boyer, konservative Senatorin der Region Bouches-du-Rhône, forderte für Benzema dabei sogar Konsequenzen, sollten sich die Kontakte zur Muslimbruderschaft bewahrheiten.
Si Karim Benzema est en lien avec les Frères Musulmans, nous devons lui retirer a minima le Ballon d'Or (sanction symbolique) mais aussi et surtout sa nationalité française. Pactiser avec ceux qui nous déclarent la guerre, reviendrait à trahir son pays. https://t.co/zDwK6x3Tkq
— Valérie Boyer (@valerieboyer13) October 18, 2023
«Wenn Karim Benzema mit der Muslimbruderschaft in Verbindung steht, müssen wir ihm mindestens den Ballon D’Or aberkennen (eine symbolische Strafe), aber auch und vor allem seine französische Staatsbürgerschaft.» Mit denen zu paktieren, «die uns den Krieg erklären», so Boyer, käme einem Verrat an seinem Land gleich.
Benzema reagiert via Anwalt
Am Mittwochabend erschien nun in der Zeitung «Le Parisien» eine Erklärung Benzemas, in der er eine Beziehung zur Muslimbruderschaft abstreitet. Über seinen Anwalt lässt er verlauten: «Dies ist nicht wahr! Karim Benzema hat nie eine Beziehung zu dieser Organisation gehabt.» Zu Benzemas Post zitiert «Le Parisien» den Anwalt so: «Es ist, wie ich glauben möchte, das natürliche Mitgefühl angesichts dessen, was viele heute als Kriegsverbrechen bezeichnen, die in Gaza begangen werden. Aber es ändert nichts an dem Schrecken der Terrorakte vom 7. Oktober, der nicht diskutiert werden kann.»
Doch dabei bleibt es nicht, denn Benzema geht gleichzeitig in einen Gegenangriff über: Er habe sich übrigens dafür entschieden, in Arabien zu leben, «das die genannte Terrororganisation zu einer solchen erklärt hat, was Frankreich nie getan hat», lässt sich der Anwalt zitieren. «Die nicht vorhandene Verbindung zur Muslimbruderschaft, die er immerhin als notorisch bezeichnet, wird offensichtlich als abwertend dargestellt.»
Darüber hinaus lässt Benzema ausrichten, dass man darüber nachdenke, rechtlich gegen den Minister vorzugehen, «beispielsweise in Anwendung des Gesetzes über Informationsmanipulation, das unserer Regierung am Herzen liegt … und wegen Verleumdung oder gar öffentlicher Beleidigung, weil diese nicht vorhandene Verbindung zur Muslimbruderschaft, die er immerhin als notorisch bezeichnet, offensichtlich als abwertend dargestellt wird.» Es könne nicht sein, dass Menschen in Regierungen glauben, «aus reinem Opportunismus zu allem berechtigt zu sein.»
Neben seiner potenziellen Klage gegen Gérald Darmanin plant Karim Benzema gemäss seinem Anwalt auch eine Klage wegen Verleumdung gegen die Europaabgeordnete Nadine Morano und den Autor Frank Tapiro. Beide haben sich ähnlich wie Darmanin zu Benzemas Haltung geäussert.
Karim Benzema ist bekennender Muslim. Seine Familie hat Wurzeln in Algerien, Benzema selbst ist in Frankreich aufgewachsen. Gemäss eigenen Aussagen hat er zum Klub Al-Ittihad auch deshalb gewechselt, weil er schon immer in einem muslimischen Land wie Saudi-Arabien leben wollte. (watson.ch)