Der Gaza-Deal in 5 Punkten
Darum geht es
Nach monatelangen gescheiterten Verhandlungen liegt zwischen der Hamas und Israel ein Deal für einen Waffenstillstand mit mittelfristiger Aussicht auf Frieden in der Region vor. Die Verkündigung sorgte für Jubelstimmung in Gaza, auf der anderen Seite für Zurückhaltung bei Angehörigen der israelischen Geiseln.
Mit der Einigung gibt es Hoffnung auf ein dauerhaftes Ende des verheerenden Kriegs. Israels Armee soll in der ersten Phase laut Vereinbarung aus dicht besiedelten Gebieten in Gaza abziehen. Details zum weiteren Verbleib israelischer Truppen in dem Küstengebiet oder eine Frist für einen möglichen vollständigen Abzug nannte der katarische Premierminister Mohammed Al Thani, der den Deal der Weltöffentlichkeit vorstellte, aber nicht.
Das beinhaltet der Deal
Die Waffenruhe soll zunächst für sechs Wochen gelten, sagte Al Thani. In dieser Zeit sollen 33 der Geiseln aus der Gewalt der Hamas freigelassen werden, darunter Frauen, Soldatinnen, Minderjährige sowie ältere und kranke Menschen.
Im Gegenzug sollen wie in einer vorigen Waffenruhe erneut palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen freikommen. Al Thani nannte hier zunächst aber keine Zahl. Ein israelischer Regierungsvertreter hatte zuvor von Hunderten Häftlingen gesprochen, die freikommen sollten. Die ersten drei Geiseln sollen israelischen Berichten zufolge am Sonntag freikommen.
Insgesamt werden nach israelischen Angaben im Gazastreifen noch 98 Verschleppte festgehalten, von denen mindestens 34 tot sein dürften. Aus dem deutschen Auswärtigen Amt in Berlin heisst es, unter den Geiseln sei auch eine «niedrige zweistellige Anzahl von Personen mit Deutschlandbezug».
In der ersten von insgesamt drei Phasen sollen Vertrieben in dem Küstengebiet in ihre Wohnorte zurückkehren können und wieder mehr der dringend benötigten Hilfsgüter nach Gaza geliefert werden, sagte Al Thani. Auf Details der zweiten und dritten Phase würden die Konfliktparteien sich während der ersten Phase einigen.
Die Bedingungen des Deals waren in den vergangenen Tagen bereits durchgesickert:
Monatelange Bemühungen der Vermittler
Bereits seit Monaten liefen Bemühungen der USA, Ägyptens und Katars, durch indirekte Verhandlungen Israel zu einer Waffenruhe und die Hamas zur Freilassung ihrer Geiseln zu bewegen. Die Gespräche traten aber monatelang auf der Stelle.
Auslöser des Kriegs war das Massaker der Hamas und anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober 2023 in Israel mit 1’200 Toten und mehr als 250 Verschleppten. Israel reagierte mit Angriffen gegen die Hamas in Gaza, bei denen nach palästinensischen Angaben mehr als 46’700 Menschen getötet und mehr als 110’200 verletzt wurden.
Der scheidende US-Präsident Joe Biden führte die Einigung massgeblich auf seinen Einsatz und den seiner Regierung zurück. Die Umsetzung falle aber vor allem in die Regierung seines Nachfolgers Donald Trump, sagte Biden im Weissen Haus. «In den vergangenen Tagen haben wir als ein Team gesprochen», betonte Biden.
Das Abkommen braucht zugleich noch die Zustimmung des israelischen Sicherheitskabinetts und der israelischen Regierung. Israelischen Medien zufolge soll es um 11.00 Uhr Ortszeit (10.00 Uhr/MEZ) am Donnerstag zusammentreten, um dem Deal zuzustimmen. Unmittelbar danach soll auch die Regierung zusammenkommen. Die Zustimmung gilt als relativ gesichert.
Die Reaktionen in Gaza und Israel
Im Gazastreifen brachen die Menschen in Jubel aus. Augenzeugen zufolge strömten Zehntausende jubelnde Menschen auf die Strassen, noch ehe es eine offizielle Bestätigung für das Abkommen gab. In palästinensischen und sozialen Medien verbreitete Aufnahmen zeigen singende und tanzende Menschen. Zu sehen sind auch Männer, die offenbar vor Freude weinen.
«Wir haben 15 Monate auf diesen Moment gewartet, heute ist ein Feiertag», sagte Nadschua Othman, eine Vertriebene, die in einem Lager in der Stadt Chan Junis im Süden des Gazastreifens untergebracht ist, der Deutschen Presse-Agentur. «Dies ist ein lang ersehnter Tag», betonte der 40 Jahre alte Abdul Alim Auda, der mit seinen drei Kindern zu Feiern in der Stadt Deir al-Balah im Zentrum des Küstengebiets gekommen ist. Auch im Libanon, wo viele palästinensische Flüchtlinge leben, brachen Freudenfeiern aus.
Die Angehörigen israelischer Geiseln in Gaza nahmen die Aussicht auf die Freilassung von 33 der Entführten mit gemischten Gefühlen auf. «Für mich ist es erst vorbei, wenn es vorbei ist», sagte Jimmy Miller, Cousin der Geisel Schiri Bibas, im Zentrum von Tel Aviv. Der Platz war am Abend ungewöhnlich leer, niemand schien in Feierstimmung.
«Ich werde es erst glauben, wenn ich sehe, wie unsere Geiseln aus dem Gazastreifen die Grenze nach Israel überqueren», sagte Miller der Deutschen Presse-Agentur. «Das wird mir die Hoffnung und den Glauben geben, dass dieser Deal an einem bestimmten Punkt beginnen und enden wird.» Die israelische Armee bereitete sich eigenen Angaben zufolge auf die Aufnahme von Geiseln vor.
Die Reaktion der Hamas
Die islamistische Hamas feierte zunächst die Einigung als Errungenschaft für die Palästinenser. «Das Waffenruheabkommen ist das Ergebnis der legendären Widerstandskraft unseres grossartigen palästinensischen Volkes und unseres tapferen Widerstands im Gazastreifen seit mehr als 15 Monaten», teilte die Islamistenorganisation mit.
Nun droht der Deal laut israelischen Medienberichten zufolge aber doch noch zu platzen. Wie die «Jerusalem Post» schreibt, sollen sich die beiden Parteien – Israel und die Hamas – noch nicht in sämtlichen Punkten einig sein.
Streitpunkt soll insbesondere die Freilassung der Geiseln sein. Laut der israelischen Regierung soll es letzte Versuche der Hams geben, aus dem Deal mit Israel auszusteigen, sollte sie nicht über die Identität der freigelassenen palästinensischen Terroristen entscheiden dürfen.