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Netflix-Star muss der Kriegsrealität Tribut zollen: Hit-Serie «Fauda» verliert einen wichtigen Darsteller

In Israel wurde Idan Amedi als Songwriter und Schauspieler berühmt und populär. Dann holten ihn die Schrecken des Gaza-Kriegs ein.

Erschütterung und Wut in Israel über den Tod von Shlomo Mantzur sind gross. Die mit 86 Jahren älteste von den Hamas-Terroristen am 7. Oktober 2023 entführte Geisel starb in Gefangenschaft in Gaza. Das bestätigte die Armee am Dienstag. Da ist eine andere aktuelle Meldung aus der israelischen Tagespresse höchstens eine Randnotiz – aber nichtsdestotrotz eine, welche die israelische Bevölkerung aufwühlt, weil sie so bezeichnend für den andauernden Kriegszustand des Judenstaats ist.

Kurz vor Mantzurs Todesnachricht gab der israelische Sänger und Schauspieler Idan Amedi seinen Ausstieg aus der Netflix-Produktion «Fauda» bekannt. Die auch in der Schweiz extrem populäre TV-Serie zeichnet die Einsätze einer israelischen Antiterroreinheit nach. Dabei besticht sie in den vier bisher ausgestrahlten, vielfach preisgekrönten Staffeln durch schonungslosen Realismus und Tiefgründigkeit. Im Gegensatz dazu kritisieren propalästinensische Kreise «Fauda» als Israel-Propaganda.

Amedi war ab der zweiten Staffel dabei und spielte den Undercover-Agenten Sagi Tzur, ein wichtiges Mitglied im Team von Anführer Doron (Lior Raz). Kurz vor Drehbeginn der fünften Staffel musste der 35-jährige Künstler kurdischer Abstammung nun seinen Rückzug bekannt geben. Der Grund dafür ist beklemmend: Selbst ein Jahr nach seiner schweren Kriegsverwundung fühlt sich Amedi noch nicht in der Lage, die Filmerei wieder aufzunehmen.

Wie viele andere «Fauda»-Darsteller hat Amedi nicht nur vor der Kamera den Krieg nachgestellt, sondern als Reservist der Armee viele echte Einsätze miterlebt. Bereits einen Tag nach dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober musste er wieder die olivgrüne Uniform anziehen und stand als Kampfpionier im Gaza-Streifen im Einsatz. Bei einer Explosion am 8. Januar 2024 im Flüchtlingslager Bureij wurde er so schwer verletzt, dass seine medizinische Rehabilitation bis heute noch nicht abgeschlossen ist.

«Ich war so verbrannt, dass mich niemand wiedererkannte. Granatsplitter durchbohrten meinen Hals und meine Wirbelsäule, und ich hatte Glück, dass nichts die grossen Blutgefässe traf. Ich habe auch gebrochene Knochen, einschliesslich meiner Finger», erzählte Amedi später an einer Medienkonferenz im Militärspital. Auf Instagram zeigte er sich trotzig mit herausgestreckter Zunge, als er ein Bild seines entstellten Gesichts hochlud.

Sechs seiner Kameraden hatten weniger Glück und kamen bei dieser Explosion ums Leben. An einem der schwärzesten Tage der israelischen Armee im Gaza-Krieg explodierte ein Stapel Minen, welchen die Kampfpioniere für die Sprengung von Hamas-Tunneln unter dem Flüchtlingslager vorbereitet hatten.

«Ich lag da und dachte an zu Hause, an meine Familie, und wie sehr ich lebend zu ihnen zurückkehren wollte», berichtete der zweifache Familienvater über die Sekunden nach der Detonation. Schon im Spital sagte Amedi voller Zuversicht, dass er wieder Gitarre spielen und für die fünfte Staffel von «Fauda» zurückkehren wolle: «Die Produzenten arbeiten bereits daran, das Drehbuch an unsere heutige Realität anzupassen. Mit Gottes Hilfe werde ich auch in der nächsten Staffel wieder zu sehen sein.»

Dieser Wunsch bleibt ihm nun verwehrt – genauso wie dem 38-jährigen Unteroffizier und «Fauda»-Co-Produzenten Matan Meir, der bereits im November 2022 im Norden von Gaza von einer Explosion getötet wurde. Zweifel an Israels Kampf bekundete Idan Amedi trotzdem nie: «Wenn ich kann, werde ich sogar wieder in den Krieg ziehen. Wir haben es mit einem Feind zu tun, dem alles egal ist. Dies ist ein gerechter Krieg», betonte er an derselben Medienkonferenz.

Amedis Aussagen sind umso bemerkenswerter, als sein grösster Hit, «Soldier’s Pain», die posttraumatischen Erfahrungen eines Soldaten beschreibt. «Die Leiden eines Soldaten» stürmten 2010 Israels Hitparaden. Am 6. Januar gab er sein musikalisches Comeback mit der Single «Superman», die er seinen vor einem Jahr getöteten Kameraden gewidmet hat. Dieses Lied spricht ebenfalls die Abgründe des Kriegsdienstes an.Die vier Konzerte, die er diesen Monat in Jerusalem und Tel Avivtrotz Beeinträchtigung geben will, sind alle schon ausverkauft.