Alles Müller oder was? Wie es sich mit einem Allerweltsnamen lebt – drei Einblicke
Patrik Müller: Wie die Tarnkappe
Man nimmt es einem Journalisten vielleicht nicht ab, aber es ist wahr: Als Kind und als Teenager wollte ich möglichst wenig auffallen. Ich trug T-Shirts ohne Aufdrucke, die meistverkauften Adidas-Schuhe und nie Dreadlocks.
Für Typen, die in Ruhe gelassen werden wollen, ist Müller der perfekte Name. Oft wirkt er wie eine Tarnkappe. Kein Müller wird am Telefon in ein Gespräch über den Namen verwickelt, Herkunftsfragen und andere identitätspolitische Belästigungen bleiben ihm erspart. Aus der Deckung der Unauffälligkeit heraus kann man sich ein bisschen mehr erlauben (im besten Fall wird man bei Dummheiten verwechselt). Und wenn man mal was zu Stande bringt, scheint mir, sind alle positiv überrascht. Denn mit der Tarnung geht ein zweiter Effekt einher: unterschätzt zu werden.
Claudia Meier: Verhaftet als Frau Meller
Eigentlich ist es ganz einfach: ein verbreiteter Vorname und ein Nachname mit fünf Buchstaben. Obwohl die Meiers in der Schweiz sehr verbreitet sind, wirft mein Familiennamen regelmässig Fragen auf. Wie oft habe ich schon erklärt, dass ich mich mit Hühner-Ei schreibe?
Mein Nachname hat aber auch viele Vorteile. Wer mich googelt, mag zwar schnell Treffer finden. Aber so fassbar werde ich dadurch nicht, weil es unzählige Einträge von Namensvetterinnen gibt. Nein, ich bin nicht die erste transsexuelle Frau in der Schweizer Armee und auch keine ehemalige Politikerin aus dem Kanton Bern. Ich bin die Aargauerin, die 1998 bei einem Einsatz als Menschenrechtsbeobachterin in Südmexiko verhaftet wurde. Die mexikanische Tagespresse berichtete damals – in einer spanischen Schreibweise – über Claudia Meller. Grad noch mal Glück gehabt.
Stefan Schmid: My name is Steve Smith
Als ich im Alter von 16 Jahren mit meiner Familie nach Skandinavien fuhr, machten wir uns in Stockholm ein Spässchen daraus, im Telefonbuch Lars Nilsson zu suchen. Auf 25 Telefonbuchseiten standen die Nummern von Lars Nilsson. Zugegeben: Stefan Schmid ist kaum das schweizerische Pendant zu Lars Nilsson, dafür ist mein Vorname zu stark aus der Zeit gefallen. Typisch schweizerisch und sehr geläufig bleibt aber mein Nachname. Darüber gefreut oder geärgert habe ich mich nie, auch wenn ich einen Berufskollegen, der ein Zeit lang mit mir das Büro geteilt hat, stets um seine wohlklingenden Namen beneidet habe. Immerhin kann ich mich seit den letzten Ferien in England damit trösten, dass ich dort als Steve Smith und damit zumindest vom Namen her als Doppelgänger eines bekannten Weltklasse-Cricket-Stars durchgehe.