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Thomas Jordans Nachfolger: Martin Schlegel wird uns brauchen

Thomas Jordan ist ein Technokrat und Martin Schlegel hat das gleiche Profil. Daran ist nichts falsch. Aber die Arbeit von Notenbank-Chefs betrifft uns so direkt, dass sie sich auch dem demokratischen, politischen Diskurs stellen müssen. Diese Fähigkeit kann Martin Schlegel nur im konstruktiven Austausch mit uns allen erwerben.

Martin Schlegel? Der neue Nationalbank-Chef ist in der Schweizer Öffentlichkeit ein unbeschriebenes Blatt. Er tritt sein Amt mit ähnlichen Voraussetzungen an wie damals Thomas Jordan, als dieser 2012, nach dem unrühmlichen Abgang von Philipp Hildebrand, zum Gesicht der vielleicht wichtigsten Institution im Land gewählt wurde.

Schlegel ist im Alter von 47 Jahren bereits ein Nationalbank-Veteran. Auch Jordan hat seine gesamte berufliche Laufbahn in der Notenbank absolviert. Das ist die «Kontinuität», mit der Finanzministerin Karin Keller-Sutter die erwartbare Wahl begründet hatte. Fast alle Beobachter gehen davon aus, dass Schlegel versuchen wird so exakt wie möglich auf dem Kurs seines Vorgängers und Förderers weiterzufahren.

Es ist der Kurs eines akademisch hervorragend beschlagenen Geldtheoretikers, der die vielfältigen politischen Kompromisse, die er in seinen zwölf erfolgreichen, aber immer wieder extrem schwierigen Phasen zweifellos eingehen musste mit Autorität aber auch mit zunehmender Raffinesse hinter seinem wichtigsten Auftrag, die Wahrung der Preisstabilität, zu verbergen wusste.

Jordan ist ein Technokrat und als solchen werden wir auch Schlegel kennenlernen. Daran ist nichts Falsches. Die Geldpolitik wie auch die Überwachung der Finanzstabilität sind technische Felder, die ein Land am besten den Spezialisten überlässt. Doch deren Arbeit betrifft uns alle ganz direkt und in einem sehr hohen Mass. Darum dürfen sich auch Notenbanker in einer Demokratie dem politischen Diskurs nicht entziehen. Das ist der schwierigste Teil von Schlegels Job. Er wird ihn nur im konstruktiven Austausch mit uns allen erlernen können.