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Nationalrat verbietet Hakenkreuz und Hitlergruss: Warum das ein Erfolg für Marianne Binder ist

Der Nationalrat hat sich mit 141 zu 42 Stimmen für ein Verbot von Nazisymbolen im öffentlichen Raum ausgesprochen. Die Forderung stammte von der Aargauer Mitte-Nationalrätin Marianne Binder, der Bundesrat hatte sie abgelehnt.

«Es geht meines Erachtens um eine Selbstverständlichkeit, nämlich darum, dass keine Nazifahnen aufgestellt werden sollen und keine Hitlergrüsse erlaubt sind.» Das sagte Marianne Binder (Mitte/AG) am Donnerstag, als der Nationalrat ihre Motion für ein Verbot von Nazisymbolen im öffentlichen Raum behandelte. Die Verherrlichung des Dritten Reiches mit seinen unermesslichen Verbrechen solle in der Schweiz keinen Raum haben, begründete Binder ihre Forderung.

Die Mitte-Nationalrätin hatte ihren Vorstoss im Jahr 2021 eingereicht, weil die Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus und der Schweizerische Israelitische Gemeindebund eine beängstigend ansteigende Zahl von antisemitischen Vorfällen festgestellt hätten. «Die Hemmungen, sich unverblümt und öffentlich zu einem menschenverachtenden Gedankengut zu bekennen, fallen offenbar», sagte Binder.

Nationalrätin Marianne Binder (Mitte) darf einen Erfolg verbuchen.
Bild: Keystone

Petition mit 15’000 Unterschriften gegen Nazisymbole

Im Jahr 2009 lehnte das Parlament ein Verbot von rassistischen Symbolen ab, weil nicht konkret umschrieben sei, was nun strafbar sein solle. Binder sagte, dies sei bei ihrem Vorstoss anders, dieser beziehe sich nur auf den Nationalsozialismus und den Holocaust. Sie verwies als weiteres Argument auf eine Petition mit fast 15’000 Unterschriften, die ein Verbot von Nazisymbolik forderte.

SVP-Nationalrat Andreas Glarner fragte Binder, wann und wo sie zuletzt in der Schweiz im öffentlichen Raum ein Hakenkreuz gesehen habe. Die Mitte-Nationalrätin antwortete, vor knapp zwei Monaten sei bei einer Art Flohmarkt in der Westschweiz eine Nazifahne in der Grösse von 2 × 4,5 Metern an der Wand aufgehängt worden. Sie habe die Fahne nicht persönlich gesehen, aber auf einem Bild in den Medien.

Bundesrat will stärkere Prävention statt eines Verbots

Elisabeth Baume-Schneider sagte, der Bundesrat teile Binders Auffassung, «dass das Zurschaustellen und Instrumentalisieren von Kennzeichen des Nationalsozialismus schockierend ist, insbesondere für die Opfer des Holocaust und ihre Angehörigen oder Nachkommen». Das geltende Recht ermögliche es aber in den meisten Fällen, die Verwendung von nationalsozialistischen oder rassistischen Symbolen zu bestrafen.

Der Bundesrat hatte Binders Vorstoss bereits Anfang 2022 abgelehnt und damals auch argumentiert, er wolle den Fokus stärker auf die Prävention legen. Zudem verwies der Bundesrat in seiner Antwort auch auf die Meinungsäusserungsfreiheit. Diese gelte zwar nicht absolut, gemäss Bundesgericht sei jedoch hinzunehmen, «dass auch stossende Ansichten vertreten werden, selbst wenn sie für die Mehrheit unhaltbar sind».

Hakenkreuz an Demonstration heute nicht immer strafbar

Heute machen sich Personen, die nationalsozialistische Symbole zum Beispiel an einer Demonstration zeigen, nicht automatisch strafbar. Der mutmassliche Täter muss auch die Absicht haben, Dritte zu beeinflussen und für die Ideologie zu gewinnen. Dies reicht Binder nicht, und sie gab ein Beispiel: «Wenn wir einen Sonnenschirm mit Tabakwerbung locker aus den Blicken von Kindern verbannen können, in den Schirmständer jedoch eine Nazifahne stecken, dann ist das absurd.»

Man werde zu Recht bestraft, wenn man einem Polizisten den rechten Mittelfinger zeige, die ausgestreckte Hand zum Hitlergruss löst nicht einmal die Zwangseinweisung in die Geschichtsnachhilfe aus, kritisierte sie. Die Nationalrätin argumentierte: «Wer immer sagt, ein Verbot bringe nichts, es brauche Aufklärung, dem sage ich: Das eine tun und das andere nicht lassen.» Eine grosse Mehrheit des Nationalrats sprach sich bei der Abstimmung für ein Verbot von Nazisymbolen aus. Mit 141 zu 42 Stimmen wurde Binders Vorstoss überwiesen.