
Der Abstieg der Schweizer Nati ist Tatsache – und macht Bauchweh mit Blick auf die WM-Qualifikation
Die Ausgangslage machte es den Schweizern einfach. Nach bis dato vier Spielen ohne Sieg in der Nations League brauchte es im fünften Anlauf die maximale Punktzahl, um den erstmaligen Abstieg aus der Nations League A zumindest ein paar weitere Tage hinauszuzögern. Tore mussten gegen Serbien also her, nachdem die Offensivfabrik seit der Europameisterschaft gehörig stotterte. Und gleichzeitig brauchte es auch in der Defensive eine grosse Steigerung, die zehn Gegentore aus den ersten vier Spielen sind in der Liga A nur von Israel übertroffen.
Kurz: Alles musste besser werden als zuvor. Und das mit einem Rumpfkader, zusammengestellt mit drei Neulingen und sechs Rückkehrern. Die Viererabwehr, die Murat Yakin für das Serbien-Spiel gebastelt hat, steht symbolisch für die Personalnot: Entweder sind die Nominierten in ihren Klubs Reservisten (Amenda und Rodriguez), oder sie kommen auf anderen Positionen zum Einsatz (Cömert und Fernandes).
Unter diesen Umständen ist das Pausenresultat von 0:0 der Schweizer Defensivreihe hoch anzurechnen. Zumal es einfachere Sturmduos zu verteidigen gibt als die Serben Aleksandar Mitrovic und Dusan Vlahovic. Mehr als der knapp neben das Tor gesetzte Kopfball von Vlahovic jedoch lässt die zusammengewürfelte Nati-Abwehr im ersten Umgang nicht zu.
Aber eben: Viel wichtiger ist die Frage, wie sich die Schweizer im Vorwärtsgang anstellen. Antwort: Es ist lange eine One-Man-Show von Zeki Amdouni. Der Portugal-Söldner (Benfica Lissabon) holt sich die Bälle ab, verteilt sie clever und spult läuferisch ein beeindruckendes Pensum ab. Er muss von den phasenweise am Limit agierenden Serben viel einstecken, aber hält dagegen. Man muss Amdouni auch tadeln, für das Versieben der 1000-prozentigen Torchance in der 59. Minute aus kurzer Distanz. Aber der Genfer mit der Strassenkicker-Attitüde hat sich spätestens mit diesem Auftritt für eine wichtige Rolle in der nächstes Jahr stattfindenden WM-Qualifikation beworben. Schon beim 2:2 im Oktober gegen Dänemark war er offensiv der beste Schweizer.
Ein guter Abend ist es im Letzigrund auch für Gregor Kobel. Der Nachfolger von Yann Sommer im Nati-Tor hatte bislang einen schweren Stand, die zehn Gegentore gingen nicht spurlos an ihm vorbei, zudem offenbarte er fussballerische Schwächen. Doch als nach dem Seitenwechsel die Schweizer Abwehr doch zu schwächeln beginnt, ist Kobel da. Das naive Einsteigen von Cömert gegen Mitrovic, das zum Penalty führt, bügelt Kobel mit der starken Fussabwehr gegen den Schuss des serbischen Captains aus.
Eine Parade aus dem Schatten von Sommer heraus. Weil sie nicht nur gut ausschaut, sondern von Bedeutung ist: Ohne sie wäre Serbien in Führung gegangen. Und nicht die Schweizer in der 78. Minute durch ihren besten Mann an diesem Abend – Zeki Amdouni. Clever in Szene gesetzt von Remo Freuler, schlenzt Amdouni den Ball von der Strafraumgrenze in den Winkel. Ein Tor, das die 21’000 Fans im Stadion fürs Kommen entlöhnt. Und der hochverdiente Lohn für eine zunehmend dominante Schweizer Nati ist.
Doch Amdounis Treffer ist nicht genug. Weil die Schweizer vor und nach ihrem einzigen Treffer an diesem Abend im Abschluss sündigen, bleibt das Spiel auf Kippe. Und es bewahrheitet sich dann in der 87. Minute die alte Weisheit, dass sich Chancenwucher in den meisten Fällen rächt.
Als die Schweizer in der Schlussphase das wichtige zweite Tor erzwingen wollen, das ihnen ihr Schicksal in der Nations League in die eigenen Hände zurückgebracht hätte, lancieren die Serben einen Konter. Dabei will Granit Xhaka die anstürmenden Gäste in die Abseitsfalle laufen lassen, verschätzt sich dabei jedoch – und muss tatenlos zusehen, wie Aleksa Terzic zum 1:1 einnetzt.
Kurz darauf beendet Schiedsrichter Clement Turpin die Partie. Der Abstieg der Schweizer aus der Nations League A ist besiegelt. Das alleine mag kein Beinbruch sein, wie Trainer Murat Yakin im Vorfeld ein mögliches Scheitern bewertete. Aber die Tendenz der Nati seit der EM löst Sorgen für die bevorstehende WM-Qualifikation aus, in der ein einzelner Ausrutscher schon das Aus bedeuten kann. Apropos EM: Diese überstrahlt vieles – abgesehen vom Turnier in Deutschland hat die Nati seit über einem Jahr kein Pflichtspiel mehr gewonnen.