Die Schweizer Nati und eine absurde Frage: Wie wertvoll kann eine Niederlage sein?
Es ist selten geworden, dass rund um das Schweizer Fussball Nationalteam Negativserien besprochen werden. Drei Niederlagen in Serie? Gab’s letztmals 2016, kurz vor der EM. Vier Niederlagen? Zwischen Oktober 2007 und März 2008 – mit dem 0:4 gegen Deutschland als Tiefpunkt, die Nati absolvierte vor der Heim-EM nur Testspiele. 1980 gab es sogar einmal sechs Niederlagen in Serie.
Diese Zahlen, sie gehören längst nicht mehr zum Allgemeinwissen rund um die Nati. Das darf man durchaus als gutes Signal werten. Genauso, dass sich Torhüter Yann Sommer nicht mehr daran erinnert, wann die Schweiz letztmals dreimal en suite verlor, eben im Frühling 2016. Noch ein bisschen ungewöhnlicher ist eine Frage, die im Anschluss an dieses 0:1 gegen Spanien vom Donnerstagabend auftaucht. Nämlich: Wie wertvoll ist diese Niederlage eigentlich?
Yann Sommer: «Es macht wieder Spass, uns zuzuschauen»
Nun muss niemand ein 0:1 gegen Spanien als wahnsinnigen Erfolg verkaufen wollen. Dafür hat diese Schweizer Mannschaft in den letzten Jahren zu viel erreicht, zu viele Spiele mindestens unentschieden gestaltet, auch gegen grosse Fussballnationen. «Eine Niederlage hat nie einen grossen Wert», antwortet Sommer folgerichtig als erstes.
Und doch ist das Gefühl ein ganz anderes, als noch am letzten Sonntag in Portugal, nach diesem schmachvollen 0:4. Ja, es war wieder eine Niederlage. Aber die Schweiz hat gleichwohl einen ordentlichen Auftritt gezeigt, sich nie unterkriegen lassen, stets leidenschaftlich gekämpft – und am Ende auch wegen eines rätselhaften Schiedsrichter-Entscheids verloren. Ein Handspenalty für die Schweiz zu Beginn des Spiels wäre zwingend gewesen. In den Worten von Sommer tönt das dann so:
«Wir waren wieder viel mutiger, viel besser. Wir haben wieder unser Spiel gespielt. Und es hat wieder Spass gemacht, uns zuzuschauen. Das ist es, was wir auch in Zukunft wieder hinkriegen müssen.»
Auch Trainer Murat Yakin fällt die Analyse des Spiels etwas leichter als jene der beiden Spiele in Portugal und Tschechien. «In der Summe waren wir gut organisiert und haben wenig zugelassen», sagt er. Und weiter: Ich habe eine Reaktion gesehen. «Es ist gut, dass wir gegen solche starke Gegner antreten können. Nun können wir unsere Lehren draus ziehen und weiter wachsen.»
Deutliche Worte von Silvan Widmer
Am deutlichsten zum Ausdruck kam bei Rechtsverteidiger Silvan Widmer, dass diese Niederlage eben schon ihren Wert hat. «Jeder hat gespürt, dass es fünf vor zwölf ist», sagte er, «es ist ein Ruck durch die Mannschaft gegangen. Man hat gesehen, dass wir ankämpfen gegen die Widrigkeiten. Es war ein erster wichtiger Schritt.»
Die Hälfte der Nations-League-Spiele ist nun absolviert. Dass es bei allen drei Spielen Niederlagen absetzte, das schmerzt die Schweizer schon. «Da sind wir überhaupt nicht zufrieden, da müssen wir niemandem etwas vormachen», sagt Sommer. Ein Abstieg in die B-Liga ist immer mehr ein realistisches Szenario. Der Rückstand auf Tschechien beträgt schon vier Punkte.
Ein letztes Spiel folgt noch, bevor auch die Nationalspieler in die wohlverdienten Ferien dürfen. Am Sonntag darf sich die Nati noch einmal gegen Portugal versuchen. Die Erfahrungen aus dem Auftritt gegen Spanien lassen vermuten: Schlimmer als in Lissabon wird es mit Sicherheit nicht.