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Lichtblicke in der Defensive, Offensive das Sorgenkind und der Blick auf die WM-Quali: Die Erkenntnisse nach dem 1:1 der Schweiz gegen Serbien

Die Schweizer zeigen gegen Serbien die beste Leistung der Nations-League-Kampagne, steigen aber dennoch ab. Am Ende fehlen die entscheidenden Tore, trotz Top-Chancen. Alles ist an diesem Abend aber nicht schlecht. Unsere drei Erkenntnisse.

Kurz nach 22.30 Uhr ist die Premiere Tatsache: Die Schweizer Fussball-Nationalmannschaft steigt ab. Aus der Gruppe A der Nations League in die Gruppe B. Seit Einführung des Wettbewerbs 2018 gehörten die Schweizer stets der höchsten Spielklasse an, waren bei der ersten Austragung des Finalturniers im Sommer 2019 gar als eine von vier Nationen mit dabei.

Nun aber heisst die Realität Nations League B. Nach einem Spiel gegen Serbien, in welchem die Ausgangslage klar war: Gelingt den Schweizern kein Sieg, ist der Gang in die Playoffs nicht mehr möglich, der Abstieg Tatsache. Obschon die Schweizer Nati das Spiel im Letzigrund dominiert und durch Zeki Amdouni in Führung geht, resultiert am Ende ein 1:1. Damit steigt nicht nur die Schweiz erstmals ab, sondern erlebt auch Trainer Murat Yakin erstmals in seiner Karriere als Spieler und Trainer den Gang in eine tiefere Liga.

Aus diesen rund 90 Minuten gegen Serbien konnten trotz Rumpftruppe Tendenzen für die nächsten Partien herausgelesen werden. Die drei Erkenntnisse nach dem 1:1 der Schweiz gegen Serbien.

Lichtblicke in der Defensive

Wer bitte soll gegen Serbien verteidigen? Es war eine der ganz grossen Fragen vor der Partie. Mit Manuel Akanji und Nico Elvedi fehlten die nominellen Fixstarter, auch Becir Omeragic musste absagen. Yakin musste in der Abwehr eine Kette nominieren, die nie zuvor so zusammen auf dem Feld gestanden hatte. Kreativ wolle er sein, sagte der National-Trainer am Tag vor dem Spiel. Und: «Eine Defensive ist innerhalb kurzer Zeit einfach einzustimmen.»

Tatsächlich war die Abwehr am Freitagabend alles andere als das Sorgenkind, als das man es hätte vermuten können. Edimilson Fernandes, Eray Cömert, Aurèle Amenda und Ricardo Rodriguez (von rechts nach links) bildeten die Viererkette. Damit standen zwei Spieler in der Innenverteidigung, die seit März nicht mehr bei der Nati waren (Cömert) oder gar ihr Debüt feierten (Amenda).

Gegen den namhaften serbischen Sturm um Aleksandar Mitrovic und Dusan Vlahovic liessen Cömert und Amenda vor allem in Durchgang 1 wenig zu. Debütant Amenda dirigierte die Abwehr souverän, Cömert machte seine Sache trotz verschuldetem Elfer ebenfalls solide.

«Dafür ist die Nations League auch da: neue Spieler auszuprobieren, ihnen eine Chance zu geben», sagt Yakin nach der Partie und war insbesondere für Amenda voll des Lobes: «Es ist erstaunlich, was er in seinem ersten Länderspiel geleistet hat. Er hat fast immer die richtige Entscheidung getroffen. Aurèle Amenda war heute ein Lichtblick.»

Neuling Aurèle Amenda begeistert mit seiner Leistung gar Nati-Coach Murat Yakin.
Bild: Claudio Thoma / Freshfocus

Tatsächlich hat der 21-Jährige Amenda unter den Augen vom eigentlichen Schweizer Abwehrchef Manuel Akanji, der das Spiel auf der Tribüne verfolgte, angedeutet, dass man in der Zukunft mit ihm rechnen kann. So sagt auch Yakin: «Nach diesem Spiel kann ich sagen, dass die Konkurrenzsituation grösser geworden ist. Wir haben jetzt Alternativen.»

Dazu gehört wohl auch Edimilson Fernandes, der auf der rechten Abwehrseite eine ansprechende Leistung zeigen konnte. Yakin: «Es ist nicht seine natürliche Position. Aber er macht es gut. Er kann viele Positionen ausfüllen. Und es ist gut, spielt er mit Brest in einem Klub, der in der Champions League dabei ist. Mir gefällt seine Entwicklung.»

Die Kaltschnäuzigkeit in der Offensive bleibt ein Problem

Zwei Tore hätte die Schweiz gebraucht, um die Chancen auf das Erreichen der Playoffs zu wahren. Nach nur einem erzielten Tor muss der Blick folglich auf die Offensive gerichtet werden. Doch diese ist nicht erst seit diesem Freitagabend ein Problem.

Gerade einmal drei Treffer in vier Partien standen vor dem Anpfiff zu Buche. Die Ausbeute des Schweizer Sturms ist mager. Auch deshalb lautete die Frage vor dem Serbien-Spiel nicht nur, wer die Tore in der Abwehr verhindern, sondern wer sie denn bitte ein paar Meter weiter vorne auch erzielen soll?

Eines vorneweg: Der Aufwand, den die Schweizer Offensive betrieben hat, war beachtlich. Im vielleicht besten Spiel der Schweizer in dieser Nations-League-Kampagne waren die Möglichkeiten da. Auf zwei Tore. Oder auf drei oder vier. «Wir konnten so viele klare Chancen kreieren. In der ersten Halbzeit haben wir beispielsweise durch Noah Okafor eine 100-prozentige Chance. Und in der zweiten Halbzeit müssten wir mindestens drei Tore machen», rechnet auch Captain Granit Xhaka nach Spielschluss vor.

Der einzige Schweizer Torschütze gegen Serbien: Zeki Amdouni.
Bild: Michael Buholzer / KEYSTONE

In der Summe zählt Xhaka sechs klare Chancen, aus denen seiner Meinung nach drei Treffer resultieren müssen. Tatsächlich muss nicht nur Okafor bei seiner Chance den Ball irgendwie ins Tor statt an die Latte bringen. Sondern muss auch Zeki Amdouni eine seiner mindestens drei Top-Top-Chancen verwerten – allen voran jene in der 59. Minute.

Aber es sind nicht nur die Möglichkeiten, die verschenkt wurden, die Kopfschmerzen bereiten. Sondern auch die Wirkungslosigkeit eines Breel Embolo, dessen beste und einzige Tor-Szene jene ist, in welcher er den Ball aus dem Offside heraus in Richtung des gegnerischen Tors chippt.

Der Angriff der Schweiz bleibt also auch nach diesem Spiel ein Sorgenkind – und er dürfte es noch länger bleiben. Denn, wie Yakin zurecht anmerkt: Die meisten Akteure – nicht nur die offensiven – sind nicht im Saft. «Man muss man berücksichtigen, wer im Rhythmus ist. Eigentlich nur Remo und Granit, die anderen spielen unregelmässig. Noah Okafor beispielsweise kommt bei Milan durchschnittlich nur 6 Minuten zum Einsatz.»

Auch Zeki Amdouni ist bei Benfica Lissabon nur Teilzeit-Kraft, ebenso Breel Embolo bei der AS Monaco. Immerhin zeigt seine Leistungskurve im Klub jüngst ein wenig nach oben. Das hilft am Ende jedoch nicht, wenn in der Nati wenig davon zu sehen ist. Und er sich als Supplement auch noch eine unnötige Sperre für die letzte Partie einhandelt.

Auf die Frage, was die Nati in der Qualifikation für die WM 2026 und grundsätzlich in Zukunft besser machen muss, fasst Xhaka die Problematik in einem Satz treffend zusammen: «Wir müssen die Tore erzielen.»

Abstieg ja, Weltuntergang nein, Blick auf die WM-Quali

Bei einem Punkt waren sich Trainer Murat Yakin und Captain Granit Xhaka nach der Partie einig: Der Abstieg enttäuscht, aber ein Weltuntergang ist es nicht.

Beim Gegentor sieht Granit Xhaka nicht gut aus. Umso souveräner hingegen ist sein ruhiger Auftritt nach dem Spiel vor den Medien.
Bild: Claudio Thoma / Freshfocus

Oder wie es Xhaka sagt: «Gott sei dank ist es nur die Nations League.» Denn diese, das müsse er ehrlich zugeben, habe einen Freundschaftsspiel-Charakter. «Eine WM oder eine EM ist komplett etwas anderes. Klar: Es ist auch in der Nations League wichtig, dass wir mit den besten Teams mithalten.» Ein Blick auf die Gruppe B zeigt aber auch, dass die Schweiz nicht die einzige Mannschaft mit höheren Ansprüchen ist, welche nur noch in der zweithöchsten Liga partizipiert. «England beispielsweise ist auch in der Gruppe B, und die haben eine Welt-Mannschaft», so Xhaka.

Viel wichtiger, und auch da waren sich Yakin und Xhaka einig, ist, dass die Schweizer für die Auslosung der Qualifikation zur WM 2026 in Topf 1 verbleiben. «Das war das Ziel Nummer 1», so der Captain. Die Auslosung findet am 13. Dezember in Zürich statt, und die Schweiz wird mit grosser Wahrscheinlichkeit in eben diesem Topf 1 sein.

Acht der zwölf Plätze im stärksten Topf gehen an die Gruppenersten – und -zweiten der Nations League A. Dazu gehört die Schweiz nicht. Doch die restlichen vier Plätze ergeben sich anhand der Fifa-Weltrangliste. Dort steht die Schweiz auf Rang 17 (Stand Samstagmorgen) und ist die zehntbeste europäische Nation.

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