
Allein der Anblick von Natur kann Schmerzen lindern
Naturbilder können Schmerzen lindern. Eine Studie aus Österreich zeigt, dass bei der Betrachtung von Szenen aus der Natur jene Hirnaktivitäten, die für die Schmerzverarbeitung typisch sind, geringer sind als beim Betrachten anderer Motive. In der Untersuchung gaben Teilnehmende Auskunft über ihr Schmerzempfinden, während sie kurze Videos mit Motiven aus Natur, Stadt oder einem Innenraum sahen.
Viele Menschen haben das Gefühl, dass es ihnen guttut, in der Natur zu sein. So berichtete 2019 ein Team um MaryCarol Hunter von der University of Michigan, dass ein Aufenthalt von zwanzig Minuten in der Natur genügt, um den Spiegel des Stresshormons Cortisol deutlich zu senken. Dass der Anblick der Natur auch Schmerz lindern kann, hatten schon 1984 Forschende aus Göteborg beschrieben: Demnach benötigten Patienten nach einem chirurgischen Eingriff weniger Schmerzmittel und konnten schneller entlassen werden, wenn sie durch ein Fenster in die Natur statt auf eine Steinmauer blickten.
Schmerzverarbeitungs-Zentrum weniger aktiv
«Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass Menschen durchgängig weniger Schmerzen empfinden, wenn sie der Natur ausgesetzt sind», sagt Maximilian Steininger von der Universität Wien. Er und sein Team berichten nun in einer aktuellen Studie, die soeben im Fachblatt «Nature Communications» erschienen ist, dass bereits das Betrachten von Naturbildern Schmerzen lindern können.
Die Forschenden untersuchten die Hirnaktivität von 49 Studienteilnehmenden, während diese kurze Videos mit Szenen aus Natur, Stadt und Innenraum betrachteten. Gleichzeitig bekamen sie am Handrücken Elektroschocks unterschiedlicher Stärke verabreicht. Resultat: Beim Anblick der Naturszene empfanden die Probanden weniger Schmerz als bei den beiden anderen Motiven. Die Hirnscans zeigten, dass bei den Naturvideos jene Gehirnregionen, die mit Schmerzverarbeitung verbunden sind, weniger aktiv waren.
«Anders als etwa bei Schmerzreduktion durch Placebos, die in der Regel unsere emotionale Reaktion auf den Schmerz verändern, führte das Betrachten der Natur dazu, dass die frühen, körperbezogenen Signale vom Gehirn anders verarbeitet wurden», erklärt Erstautor Steininger.
Der Effekt scheine weniger mit den Erwartungen und Emotionen der Teilnehmer zu tun zu haben, sondern mehr mit Veränderungen der zugrunde liegenden Schmerzsignale. «Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die schmerzlindernde Wirkung der Natur tatsächlich vorhanden ist, obwohl die von uns festgestellte Wirkung nur etwa halb so stark war wie die von Schmerzmitteln», sagte er.