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Stephan Attiger will die Biodiversität im Wald stärker fördern – eine neue Studie gibt ihm recht

Der Regierungsrat will das Naturschutzprogramm Wald um sechs Jahre verlängern. Knapp 9 Millionen Franken sind für Massnahmen von 2026 bis 2031 vorgesehen. Dazu zählen zusätzliche Feuchtgebiete – sie sind Teil des Gegenvorschlags zur Gewässer-Initiative.

«Wir wollen dieses Erfolgsmodell weiterführen.» Das sagte Regierungsrat Stephan Attiger (FDP) am Donnerstag zum Naturschutzprogramm Wald vor den Medien. Am selben Tag startete die öffentliche Anhörung zur sechsten Etappe (2026-2031) samt Bruttokredit von 8,75 Millionen Franken. Der Bund beteiligt sich mit Beiträgen in der Höhe von 900’000 Franken. Die Anhörung dauert bis zum 5. Dezember.

Die Ziele der fünften Etappe, die Ende 2025 ausläuft, seien erreicht oder übertroffen worden, wie der Vorsteher des Departements Bau, Verkehr und Umwelt ausführte. So sind seit dem Start des Programms im Jahr 1996 bereits 3400 Hektaren Naturwaldreservate und Altholzinseln geschaffen worden, weiter 1470 Hektaren Spezialreservate, 3500 Hektaren Eichenwaldreservate und 250 Kilometer ökologisch aufgewertete Waldränder.

Das Programm sei nach wie vor wichtig, da die Artenvielfalt in der Schweiz zurückgegangen sei, so Attiger. Der Wald nimmt 35 Prozent der Fläche im Aargau ein – das sind 49’000 Hektaren. Attiger unterstrich, dass der Wald für die Freizeit- wie auch für Holznutzung von Energie- und Bauwirtschaft wichtig sei.

Totholz wie hier im Naturwaldreservat sorgt für mehr Biodiversität.
Bild: zvg/Kanton Aargau

Höhere Artenvielfalt im Naturwald

«Die positiven Wirkungen des Programms auf die Artenvielfalt lassen sich belegen», unterstrich Attiger. Von 2018 bis 2023 wurden in einer Studie 18 Naturwaldreservate und benachbarten Wälder, die bewirtschaftet werden, auf Pilze, Totholzkäfer und Fledermäuse untersucht. «Bereits nach kurzer Zeit beherbergen Reservate rund 20 Prozent mehr naturschutzfachlich bedeutsame Arten», sagte Antonia Ulmann, Fachspezialistin Walderhaltung.

Ulmann demonstrierte an der Medieninfo im Aarauer Wald, wie Fachleute Käfer aufspüren. Sie spannte einen grossen weissen Schirm unter einem grossen Ast umgekehrt auf. Als sie ihn schüttelte, fielen einige Käfer hinein.

Man spanne einen weissen Schirm unter einem Baum auf und schüttle einen Ast: Antonia Ulmann zeigt, wie Fachleute herausfinden, welche Käfer in einem Wald vorkommen.
Bild: Severin Bigler

Laut Marcel Murri, Leiter der Sektion Walderhaltung, wurden die Ziele dank der Partnerschaft mit den Waldeigentümerinnen und -eigentümern sowie den Förstern erreicht. Der Wald gehört im Aargau primär Ortsbürgergemeinden und Privaten. Auf diese Partnerschaft will der Kanton auch bei der sechsten Etappe bauen. Fabian Dietiker, Leiter der Abteilung Wald, sprach von einem «Erfolgsfaktor».

Die Ziele der sechsten Etappe, die Schutzflächen bis 2031 zu erhöhen: 3650 Hektaren bei den Naturwaldreservaten und Altholzinseln, 1580 Hektaren Spezialreservate sowie 305 ökologisch aufgewertete Waldränder. Das Ziel zu den Eichenwaldreservaten ist mit 3677 Hektaren bereits erfüllt.

Neu hinzu kommen zwei Ziele. Erstens sollen sogenannte Habitatbaum-Reservate auf 300 Hektaren Fläche geschaffen werden. In bewirtschafteten Nutzwäldern sollen Bäume sich selbst überlassen werden und ihr absterbendes oder totes Holz besonderen Lebensraum bieten.

Sie nennen das Naturschutzprogramm Wald ein Erfolgsmodell: Marcel Murri, Leiter Sektion Walderhaltung, Fabian Dietiker, Leiter Abteilung Wald, Regierungsrat Stephan Attiger, und Antonia Ulmann, Fachspezialistin Walderhaltung.
Bild: Severin Bigler

Mehr Feuchtgebiete im Aargauer Wald

Das zweite neue Ziel betrifft die Feuchtgebiete: 120 Hektaren sollen bis 2031 möglich werden. Das ist Teil eines indirekten Gegenvorschlags zurGewässer-Initiative. Dafür haben Vertreter von Parteien und Verbänden an zwei Runden Tischen teilgenommen. Die Initiative sah 1000 Hektaren zusätzliche Feuchtflächen im Wald, im Siedlungsgebiet und im Kulturland innert 20 Jahren vor. «Wir erachten das als nicht realistisch», sagte Attiger.

Langfristig, sprich bis 2060, soll das Ziel allerdings auf freiwilliger Basis erfüllt werden. Als Zwischenziel möchte man jedoch bis 2040 schon 750 Hektaren davon umsetzen. 300 Hektaren sollen im Wald, 280 im Landwirtschafts- und 170 im Siedlungsgebiet geschaffen werden. Während die Initiative das Ziel verpflichtend in der Kantonsverfassung festschreiben möchte, setzt der Gegenvorschlag auf Freiwilligkeit.

Die Kommission für Umwelt, Bau, Verkehr, Energie und Raumordnung hat sich in der Mehrheit für den indirekten Gegenvorschlag des Regierungsrats ausgesprochen. Der Grosse Rat behandelt ihn voraussichtlich am kommenden Dienstag. Stimmt das Parlament zu und wird die Gewässer-Initiative zurückgezogen, wird das Teilziel, bis 2031 allein im Wald 120 Hektaren neue Feuchtgebiete zu schaffen, definitiv in die Botschaft zur sechsten Etappe des Naturschutzprogramms Wald übernommen. Samt 2,9 Millionen Franken, die dafür vorgesehen sind. Aargauer Umweltverbände hatten im Februar 2023 die Gewässer-Initiative eingereicht. Das Komitee hat bereitsseine Zustimmung zum indirekten Gegenvorschlag signalisiert(die AZ berichtete).