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Die ewige Weinkönigin: Julia Klöckner stösst auf viel Skepsis

Ihre Kritiker zweifeln daran, dass die Christdemokratin das nötige Format für ihr neues Amt mitbringt. Vor allem Klöckners Umgang mit der AfD wird mit Argusaugen beobachtet werden.

Ohne den Hinweis, dass sie einst Weinkönigin war, kommt kaum eines der Porträts aus, die in deutschen Zeitungen über Julia Klöckner erscheinen. Die Christdemokratin, so der Subtext der meisten Artikel, ist aus Sicht der Autoren ein sonniges, vielleicht aber auch allzu simples Gemüt.

Am Dienstag wurde die 52-Jährige zur Bundestagspräsidentin gewählt. Ihr Weg dorthin war vom Genörgel der Hauptstadtpresse begleitet: Mit Rita Süssmuth, Norbert Lammert und zuletzt Wolfgang Schäuble habe die CDU in der Vergangenheit ganz andere Kaliber als Parlamentspräsidenten benannt, nämlich Schwergewichte mit intellektuellem Anspruch, hiess es.

Klöckner werde auch an ihrer Vorgängerin, der Sozialdemokratin Bärbel Bas gemessen werden, schrieb die «Süddeutsche Zeitung», dabei verdrängend, dass Bas vor ihrem Amtsantritt als eher farblose Figur gegolten hatte und auch als Bundestagspräsidentin nicht viel sagte oder tat, was im Gedächtnis der Öffentlichkeit haften blieb.

Was man Klöckner vorwerfen kann, ist, dass sie immer wieder einmal schneller redet, als sie denkt: Als Landwirtschaftsministerin liess sie ein Video verbreiten, in dem sie den Schweizer Lebensmittelkonzern Nestlé derart euphorisch dafür lobte, den Fett- und Zuckergehalt in seinen Produkten reduziert zu haben, dass der Vorwurf des Lobbyismus aufkam.

Erhält sie Gegenwind, kippt die katholische Theologin oft rasch um. So schrieb sie im Wahlkampf auf Instagram: «Für das, was Ihr wollt, müsst Ihr nicht AfD wählen. Dafür gibt es eine demokratische Alternative: die CDU.» Den Post löschte sie, nachdem sich Gegner und Verbündete darüber erregt hatten, sie meine wohl, Union und AfD verfolgten dieselben Ziele.

Einen Vorstellungsbesuch bei der AfD-Fraktion, den sie vor ihrer Wahl zur Parlamentspräsidentin machen wollte, sagte Klöckner nach Kritik aus der Parteispitze der Grünen wieder ab. Dabei hätte ein solcher Besuch von einer gewissen Weisheit gezeugt: Klöckners neues Amt erfordert eine überparteiliche Herangehensweise. Hätte sie signalisiert, der AfD einigermassen unvoreingenommen entgegenzutreten, wäre ihr Tadel für Pöbeleien aus deren Reihen umso wirkungsvoller ausgefallen.