Neue Corona-Variante entdeckt – sechs Dinge, die Sie wissen müssen
Anzahl der Ansteckungen
Bislang gebe es nur bestätigte Fälle in Südafrika, Botsuana, Israel und Hongkong. Die ersten Fälle der Variante wurden am 11. November in Botswana gesammelt, der früheste Fall in Südafrika wurde drei Tage später registriert. Das südafrikanische Institut für Ansteckende Krankheiten NICD teilte am Donnerstag mit, es seien in Südafrika erste 22 Fälle der neuen Variante B.1.1.529 nachgewiesen worden. Der südafrikanische Gesundheitsminister, Joe Phaahla, bezeichnete die Variante als «ernsthaft besorgniserregend».
Bei dem in Hongkong gefundenen Fall handelte es sich um einen 36-jährigen Mann, der sich vom 22. Oktober bis zum 11. November in Botswana aufhielt.
Aktuell ist auch ein Fall in Israel bekannt. Zwei weitere Personen seien Verdachtsfälle, die noch auf ihre Testergebnisse warteten, teilte das Gesundheitsministerium am Freitag mit. Die infizierte Person sei aus Malawi nach Israel zurückgekehrt. Die anderen beiden seien ebenfalls aus dem Ausland zurückgekehrt. Alle drei Personen seien geimpft worden. Ihr genauer Status werde derzeit überprüft. Es werde zudem nach weiteren Kontakten gesucht:
Mit mehr Fällen sei im Zuge der laufenden Genomanalysen zu rechnen. «Obwohl die Datenlage noch beschränkt ist, machen unsere Experten mit allen Überwachungssystemen Überstunden, um die neue Variante und die damit möglicherweise verbundenen Implikationen zu verstehen.»
Das sagen Wissenschaftler
Ein Virologe am Imperial College London, Tom Peacock, veröffentlichte Einzelheiten über die neue Variante auf einer Website, die Genvarianten des Virus thematisiert. Er schreibt, dass «die unglaublich hohe Anzahl von Spike-Mutationen darauf schliessen lässt, dass diese Mutation wirklich besorgniserregend sein könnte». Auf Twitter erklärte Peacock die neue Variante:
Der Direktor des UCL Genetics Institute, Francois Balloux, sagte gegenüber dem Guaridan, dass die grosse Anzahl von Mutationen in der Variante sich wohl «in einem einzigen Schub» entwickelt habe. Dies deute darauf hin, dass die Mutation sich während einer chronischen Infektion bei einer Person mit einem geschwächten Immunsystem passiert sei – möglicherweise einem unbehandelten HIV/Aids-Patienten.
«Die Wissenschaftler sind alle hoch alarmiert», sagte der deutsche Kanzleramtsminister Braun am Freitagmorgen im ARD-Morgenmagazin. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach schrieb auf Twitter: «Wir müssen Zeit gewinnen. Nichts ist schlimmer als eine neue Variante in eine laufende Welle hinein.» Wenn vorläufige Daten sich als korrekt herausstellten, «müssen sofort Reisebeschränkungen erfolgen».
Emma Hodcroft von der Universität Bern trackt auf ihrem Twitter-Account Corona-Varianten:
Sie ruft dazu auf, die neue Variante nicht zu überinterpretieren, da es zuerst noch mehr Daten brauche: «Wait for lab work.
Impfschutz – und andere Massnahmen gegen das Virus
Die Wirksamkeit der Vakzine gegen diese Virusvariante ist noch unklar. Experten befürchten, dass die Variante B.1.1.529 wegen ungewöhnlich vieler Mutationen nicht nur hoch ansteckend sei, sondern auch den Schutzschild der Impfstoffe leichter durchdringen könnte. Phaahla erklärte: Die neue Variante bestätige die «Tatsache, dass dieser unsichtbare Feind sehr unvorhersehbar ist». Phaahla betonte aber auch:
«Wir haben auch das zusätzliche Mittel der Impfungen, das uns helfen wird, schwere Erkrankungen zu vermeiden, einschliesslich, dass wir in Klinik enden oder sogar dem Virus zum Opfer fallen.»
Zudem rief er die Südafrikaner auf, Masken zu tragen und Abstand zu halten.
Einschränkung des Flugverkehrs und Einreisebeschränkungen
Grossbritannien und Israel schränkten deswegen vorsorglich den Flugverkehr in die Staaten der Region ein.
Israel stufte die Länder Südafrika, Lesotho, Botswana, Simbabwe, Mosambik, Namibia und Eswatini als «rote Länder» ein. Ausländer dürften aus diesen Ländern nicht mehr nach Israel einreisen, teilte das Büro des Ministerpräsidenten Naftali Bennett mit. Israelis müssen bei einer Heimkehr aus diesen Ländern für bis zu 14 Tage in Quarantäne in ein Corona-Hotel, können sich aber nach einer Woche mit zwei negativen PCR-Tests freitesten.
Die britische Regierung schränkt wegen der neuen Virusvariante den Flugverkehr aus Südafrika, Lesotho, Botsuana, Simbabwe, Eswatini und Namibia ein. Zudem gelte für Ankommende eine strenge Pflicht zur Hotelquarantäne, teilte Gesundheitsminister Sajid Javid mit.
Der Flugverkehr aus den sechs Ländern solle von Freitagmittag an eingestellt werden.
Täglich kämen laut der Nachrichtenagentur PA 500 bis 700 Menschen allein aus Südafrika in dem Land an. Über die Weihnachtszeit wird mit einer höheren Zahl gerechnet.
Die Swiss fliegt nach Angaben eines Sprechers nur Johannesburg an. Der nächste Flug findet am Samstag, 27. November, statt. Bisher sei dieser Flug noch nicht gestrichen worden. Die Fluggesellschaft Edelweiss hat laut einem Sprecher nur die Destination Kapstadt im Angebot. Der nächste Flug findet am Montag, 29. November.
Wegen der Ausbreitung einer neuen möglicherweise gefährlicheren Variante des Coronavirus will die EU-Kommission Reisen aus dem südlichen Afrika in die EU auf ein absolutes Minimum beschränken. Die Brüsseler Behörde werde den EU-Staaten vorschlagen, die dafür vorgesehene Notbremse auszulösen um den Luftverkehr auszusetzen, teilte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf Twitter mit. Die Echtheit des Tweet wurde der Deutschen Presse-Agentur bestätigt.
WHO / besorgniserregende Variante
Die Weltgesundheitsorganisation WHO untersucht derzeit, ob die neue Corona-Variante B.1.1.529 als besorgniserregend eingestuft werden muss. Das sagte WHO-Expertin, Maria van Kerkhove, am Donnerstag in einem Briefing. Es werde dabei auch untersucht, inwieweit die Variante auch Folgen für die Diagnostik, Therapien und die Impfkampagnen habe. Van Kerkhove sagt:
«Es wird ein paar Wochen dauern, bis wir verstehen, welchen Einfluss diese Variante hat»
Die WHO hat für die unterschiedlichen Corona-Variante mehrere Kategorien. Eine davon ist die Kategorie «Variant of Concern», auf deutsch «besorgniserregende Variante». Eine der «Variants of Concern» ist etwa die derzeit in Deutschland vorherrschende Delta-Variante des Coronavirus. Zu den Merkmalen einer solchen Variante kann etwa gehören, dass sie nachgewiesenermassen die Übertragbarkeit des Coronavirus erhöht hat.
Reaktion der Börse
Die Börse in Tokio hat sich am Freitag zunächst schwächer gezeigt. Die Aktien fielen und steuerten auf den grössten Wochenrückgang seit fast zwei Monaten zu, da eine neue Virusvariante die Sorgen um das künftige Wachstum und höhere US-Zinssätze verstärkte.
«Der Auslöser war die Nachricht von der Corona-Variante und die Ungewissheit darüber, was dies bedeutet»
Das sagte der Leiter der Devisenstrategie bei der National Australia Bank in Sydney, Ray Attrill. «Man reagiert zuerst und stellt später Fragen, wenn diese Art von Nachrichten aufkommt», so Attrill. Der 225 Werte umfassende Nikkei-Index lag im Verlauf 2 Prozent tiefer bei 28’899 Punkten. Der breiter gefasste Topix-Index sank um 1,5 Prozent und lag bei 1996 Punkten.