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Herbe Niederlage für Uber: Fahrer und Kuriere sind doch Angestellte – das hat Konsequenzen

Genf betrachtet Fahrerinnen und Kuriere von Uber und Uber Eats zurecht als Angestellte. Dies stellt das Bundesgericht letztinstanzlich fest. Das Urteil hat Signalwirkung für die restliche Schweiz - aber keine unmittelbaren Konsequenzen für andere Kantone.

«Es ist ein historischer Entscheid für die Chauffeure und Chauffeusen von Uber»: Mit diesen Worten begann die Genfer Regierungsrätin Fabienne Fischer am Freitagnachmittag eine kurzfristig einberufene Medienkonferenz. In dieser unterstrich die grüne Politikerin ihre Freude über zwei Urteile des Bundesgerichts – aus gutem Grund. Denn das höchste Schweizer Gericht gibt dem Westschweizer Kanton Recht, dass die Chauffeusen des US-Fahrdienstes und die Kuriere von Uber Eats als Angestellte zu behandeln sind.

Die beiden Urteile waren mit Spannung erwartet worden, wurden doch die Arbeitsbedingungen bei Uber unter anderem von den Gewerkschaften scharf kritisiert.

Uber gilt als Transportunternehmen

Der eine Fall, der nun vor Bundesgericht entschieden wurde, geht zurück auf das Jahr 2019. Damals hatte Genf als erster Kanton in der Schweiz Uber verboten, und zwar solange, bis der Fahrdienst seinen Pflichten als Arbeitgeber nachkomme. Konkret argumentierte der Westschweizer Kanton, der Fahrdienst sei nicht nur eine Vermittlungsplattform, sondern auch Arbeitgeber – und somit verpflichtet, Fahrerinnen und Fahrer regulär anzustellen. Die Uber Switzerland GmbH und der niederländische Mutterkonzern Uber B.V. wehrten sich gegen diesen Entscheid, blitzten jedoch vor dem Genfer Kantonsgericht ab.

Zum selben Schluss kommt nun das Bundesgericht. Die Vorinstanz habe in der Sache nicht willkürlich entschieden, teilte das Bundesgericht am Freitag mit. «Dementsprechend ist es nicht unhaltbar, Uber B.V. als Transportunternehmen gemäss kantonalem Genfer Recht zu qualifizieren.»

Sieg für den Kanton Genf und dessen Taxifahrer (im Bild ein Protest 2016): Uber-Fahrer und Uber-Eats-Kuriere sind laut Bundesgericht Angestellte.
Keystone

Keinen Bestand vor Bundesgericht hat hingegen ein zweites Urteil des Kantonsgerichts zu Uber Eats. Der Kanton hatte den Essenslieferdienst als Arbeitsvermittlung taxiert, was das Kantonsgericht bestätigte. Dagegen reichte Uber Beschwerde ein. Diese wurde nun vom Bundesgericht gutgeheissen: Es liege kein Personalverleih vor, so das Urteil.

Die Richterinnen und Richter aus Lausanne bestätigen die Genfer Behörden jedoch insoweit, indem sie auch in diesem Fall zum Schluss kommen, dass zwischen Uber Eats und den Kurieren ein Arbeitsverhältnis existiert. Vorläufig hat dies auf den Essenslieferdienst keine Auswirkungen – er darf in Genf weiter betrieben werden. Der Kanton erwartet jedoch, dass die Anforderungen bezüglich Arbeitsverhältnis künftig erfüllt werden.

Signalwirkung für die ganze Schweiz

«Uber muss nun seine Verantwortung als Arbeitgeber wahrnehmen», sagte Regierungsrätin Fabienne Fischer in Genf. Sie geht davon aus, dass die Urteile des Bundesgerichts auch Auswirkungen auf die restliche Schweiz haben. Der US-Fahrdienst ist derzeit unter anderem in Baden, Basel, Lausanne, Luzern, Winterthur, Zug und Zürich aktiv. Wird Uber nun auch in diesen Städten verboten, solange die Fahrerinnen und Fahrer nicht angestellt werden?

Auf diese Frage rief Fischer in Erinnerung, dass sich das Uber-Verbot in Genf auf ein kantonales Gesetz – das Genfer Taxigesetz – abstütze. Die Anwendung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung müsse von Kanton zu Kanton erfolgen, so die Regierungsrätin. Klar sei aber: «Dass die Uber-Chauffeure Angestellte sind, gilt nun in der ganzen Schweiz.» Entsprechend könnten die Fahrerinnen und Fahrer ihre Rechte vor dem Arbeitsgericht einfordern.

Unklar bleibt, wie Uber auf die Entscheide des Bundesgerichts reagiert – das Unternehmen hat bisher keine Stellung bezogen. Aufschlussreich ist jedoch die Reaktion nach dem Genfer Uber-Verbot im Jahr 2019. Damals drohte der damalige Schweiz-Chef des Unternehmens in der NZZ: «Wenn tatsächlich alle Instanzen sagen: Ihr seid ein Arbeitgeber und daneben gibt es keine Alternative, könnten wir hier nicht mehr operieren.» Man sei aber gesprächsbereit, so Steve Salom. Uber-Konkurrent Kapten hat die Konsequenzen bereits gezogen – und verliess Genf wieder wegen der Rechtsunsicherheit.

Zurückhaltende Politik

In der Vergangenheit sind auch der Unfallversicherer Suva oder die Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich zum Schluss gekommen, Uber sei ein Arbeitgeber. Der US-Fahrdienst hat auch gegen diese Entscheide erfolglos rekurriert. Zudem erfährt Uber seit dem Markteintritt 2013 aus der Taxibranche heftige Gegenwehr. So forderte etwa die Nationale Taxiunion bereits 2016 ein sofortiges Verbot von Uber in der Schweiz.

Der Zusammenschluss verschiedener Taxiunternehmen in grossen Städten kritisierte, der amerikanische Milliardenkonzern verdiene an jeder vermittelten Fahrt, übernehme aber keine Verantwortung gegenüber Fahrerinnen und Fahrern. Zudem bezahle er weder Sozialleistungen noch kümmere er sich um die Sicherheit der Kundinnen und Kunden. Dagegen hat sich die Bundespolitik bisher mit Verweis auf die Gerichtsverfahren stets dagegen verwahrt, Uber regulatorische Fesseln anzubringen.

Da sich das Genfer Urteil lediglich auf eine kantonale Gesetzgebung in Genf und auf ein Betriebsmodell von 2019 bezieht, welches Uber mittlerweile geändert hat, hat es vorderhand keine direkten Auswirkungen auf andere Kantone der Schweiz.