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«Wenn das T-Shirt keines mehr ist, ist es immer noch Stoff»: Upcycling heisst das Zauberwort

Während sechs Monaten soll eine Projektgruppe im Laden 380 Grad in Niederlenz umsetzen, was ihr zum Thema Upcycling einfällt. Den Ladenbesitzerinnen geht es darum, das Bewusstsein für den Wert von Kleidung zu steigern.

«Weil die Flut an Kleidern immer grösser wird und wir zu wenig Platz und Kleiderbügel haben, um alle Kleider aufzuhängen.» Das sagt Maya Pfister auf die Frage, warum sie und Theres Ackle nun ein Upcycling-Projekt starten wollen. In ihrem Laden und Atelier «380 Grad» auf dem Hetex-Areal in Niederlenz bieten sie seit über einem Jahr Verkaufsfläche für regionale Künstler und Handwerkerinnen, Workshops, Atelierfläche – und eben auch viel Secondhand-Mode an.

Davon wird immer mehr angeliefert. Das freut die beiden zwar, weil die Kleidungsstücke dann immerhin ein «zweites oder drittes Leben» erhalten, wie sie sagen, und nicht im Abfall landen. Aber auch der Platz bei «380 Grad» sei begrenzt, beim Saisonwechsel bleibe öfter mal was übrig. «Wir können die Berge nicht mehr bewältigen», so Ackle. Was nicht an die Frau oder den Mann kommt, spenden sie wenn immer möglich an gemeinnützige Organisationen. Aber die Kleiderflut überschwemmt ja nicht nur diesen Laden – Fast Fashion ist in aller Munde. Schnell und billig produziert, darauf ausgelegt, bald ersetzt zu werden.

Baumwollknäuel aus alten T-Shirts

Die beiden haben denn auch ein klares Ziel: Der Gesellschaft den Wert, den Dinge und insbesondere Textilien haben, wieder näherzubringen. Oder wie Pfister es ausdrückt: «Wenn das T-Shirt keines mehr ist, ist es immer noch Stoff» – sprichts und zaubert ein süsses Kaninchen aus dem Rucksack. Kein weisses, sondern eines, das sie aus alten Jeans genäht hat und das seinen Platz auf der Ladentheke finden wird, wie es schon andere seiner Art tun.

Das ist ein Beispiel für Upcycling. Ackle und Pfister holen weitere hervor, aus den Regalen, die Kunsthandwerkende mieten können. Da sind Schlüsselbänder, die einst Krawatten waren, Taschen aus Hemden, Teppiche, geknüpft aus Bettwäsche. Und noch etwas zeigen die beiden: Wollknäuel, die eigentlich Baumwollknäuel sind. Denn sie sind gefertigt aus ausgemusterten T-Shirts. Wenn man diese richtig schneidet, entstehen schmale Bänder, aus denen man dann wiederum etwas stricken kann.

Weitere Projektmitglieder gesucht

Ideen hätten sie noch viele. Aber allzu viel vorneweg nehmen möchten die beiden nicht – schliesslich möchten sie die Projektgruppe Upcycling nicht beeinflussen, bevor es diese überhaupt gibt.

Am kommenden Freitagabend, 27. September, findet von 20 bis 22 Uhr ein Infoabend statt. In den Räumlichkeiten von 380 Grad auf dem Hetex-Areal in Niederlenz wird zunächst ein Dok-Film zum Thema gezeigt. Die Initiantinnen und die Projektleiterin erläutern anschliessend die Projektidee. Ziel dieses Abends ist, Projektmitglieder zu gewinnen, die sich mit Begeisterung dem Thema Upcycling von Secondhandkleidern widmen.

Die Projektgruppe wird sich jeweils am Montagabend treffen. Das Projekt ist vorerst auf sechs Monate befristet. Fürs Projekt werden ausserdem noch Nähmaschinen gesucht, die nicht mehr gebraucht werden (Kontakt und Infos:www.380grad.ch)

Vom Laien bis zur Schneiderin

Und woran arbeitet man? An was auch immer einem in den Sinn kommt zum Thema Upcycling. Die Mitglieder der Gruppe dürfen für ihre Projekte die Kleidungsstücke bei «380 Grad» nutzen. Ob es Einzelstücke sein werden, eine ganze Kollektion, gar ein eigenes Label entsteht, all das ist offen. Und hänge stark davon ab, wer sich engagiert, welche Ideen diese Personen haben und welche Dynamik das Projekt annimmt.

Willkommen seien alle von der Schneiderin bis zum absoluten Näh-Laien, von Jung bis Alt – Hauptsache mit Herz dabei. Das Thema sei bei den Frauen wohl präsenter, so Ackle und Pfister. Das nehmen sie an, weil weniger Männer Kleidung zu ihnen bringen – nicht aus Geiz oder Faulheit, sondern weil sie nach eigenen Aussagen die Kleidung eher wirklich austragen als Frauen. Aber einige Männer in der Runde zu haben, fänden sie sehr begrüssenswert. «Wir können die Welt nicht retten», sagt Pfister, «aber wir können Leute ins Boot holen und auf die Thematik Kleiderüberfluss und Kleiderabfall aufmerksam machen.»