Novak Djokovic wird das Visum erneut entzogen
Nächste Wende im Fall Novak Djokovic. Kurz vor 18.00 Uhr Ortszeit meldet die australische Zeitung «The Age», Einwanderungsminister Alex Hawke habe seine persönliche Widerrufsbefugnis in Anspruch genommen und dem Tennisspieler erneut das Visum entzogen. Damit wird immer unwahrscheinlicher, dass der 34-jährige Serbe seinen Titel bei den am Montag beginnenenden Australian Open in Melbourne verteidigen kann.
In einer Erklärung begründet Hawke den Entscheid mit Verweis auf den Biosecurity Act. Dieser ermöglicht es, den Halter das Visum zu entziehen, wenn er als Gefahr für die Gesundheit der australischen Bevölkerung betrachtet werden kann. Er habe handle damit im öffentlichen Interesse. Ausgestanden ist die Geschichte damit aber wohl noch nicht. Djokovics Anwälte haben im Vorfeld angekündigt, mit einer einstweiligen Verfügung gegen den Entscheid vorzugehen. Ob es noch vor Djokovics erster Partie am Montag oder Dienstag zu einer Verhandlung kommt, ist fraglich.
Djokovic war am 4. Januar von Malaga über Dubai nach Melbourne gereist und war am Mittwoch kurz vor Mitternacht in Australien gelandet. Am Flughafen Tullamarine wurde er zunächst stundenlang verhört, bis ihm um 07.42 Uhr das Visum entzogen und die Ausweisung angeordnet wurde. Gegen diesen Entscheid gingen Djokovic und seine Anwälte mit einer einstweiligen Verfügung vor und erreichten aufschiebende Wirkung.
Wer in Australien einreist, muss vollständig gegen das Coronavirus geimpft sein oder belegen, dass er sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen kann. Djokovic legte dafür eine Bescheinigung des australischen Tennisverbands vor, der das von zwei Expertengremien bestehend aus Ärzten, Immunologen und Virologen geprüfte Gesuch gutgeheissen hatte. Beaufsichtigt wurde der Prozess von Behörden des Bundesstaats Victoria.
Das Visum wurde Djokovic entzogen, weil er nicht glaubhaft hatte machen können, weshalb er von der Impfpflicht zu befreien sei. Der 34-Jährige machte eine Covid-19-Infektion Mitte Dezember geltend. Doch Ausländer sind bei der Einreise nach Australien nur dann von der Impfpflicht befreit, wenn eine schwere Erkrankung innerhalb der letzten drei Monate vorliegt. Oder nach einer gravierenden Reaktion auf eine erste Coronaimpfung.
Eine kürzlich erfolgte Infektion wird nur dann als Kontraindikation für eine Impfung bewertet, wenn sie schwer verlaufen ist. Djokovic gab aber an, er habe keine Symptome gezeigt. Gemäss Biosecurity Act kann ein Visum entzogen werden, wenn der Verdacht besteht, dessen Halter könne eine «gesundheitliche Gefahr» darstellen. Djokovic wurde daraufhin in ein Hotel in der Innenstadt gebracht, wo er auf seinen Prozess wartete.
Am Montag hatte der Federal Circuit and Family Court of Australia dem Einspruch von Djokovics Anwälten gegen die Ausweisung stattgegeben und angeordnet, den Serben umgehend zu entlassen. Die Grenzkontrolle hatte ihm bei der Anhörung zunächst bis 08.30 Uhr Zeit gegeben, um seine Berater konsultieren, ihm dann aber bereits um 07.42 das Visum entzogen. Das taxierte Richter Anthony Kelly als verfahrens- und rechtswidrig.
Allerdings kündigte die australische Regierung an, Einwanderungsminister Alex Hawke ziehe in Erwägung, Djokovic erneut das Visum zu entziehen. Die Discretionary Power, eine persönliche Widerrufsbefugnis, ermächtigt den Minister, sich über einen Gerichtsentscheid hinwegzusetzen. Davon machte Hawke Gebrauch, nachdem Djokovics Anwälte am Dienstag mit dem Einreichen weiterer Dokumente noch etwas Zeit gewinnen konnten.
Nach Urteilsverkündung hatte das Gericht weitere Unterlagen zugänglich gemacht. Erst dadurch wurden weitere Ungereimtheiten bekannt. Unter anderem, dass Djokovic einen vom Institute of Public Health of Serbia ausgestellten positiven Befund vom 16. Dezember vorgelegt hatte. Statt sich in Isolation zu begeben, nahm er danach an Veranstaltungen teil und gewährte der französischen Sportzeitung «L’Equipe» ein Interview.
Djokovic verstiess damit in Serbien gegen das Infektionsschutzgesetz. Er begründete dies damit, er habe den Journalisten nicht enttäuschen wollen, das sei eine «Fehleinschätzung» gewesen. Am Donnerstagabend meldete das Nachrichtenportal Cope, dass spanische Behörden wegen Verdachts auf illegale Einreise gegen Djokovic ermitteln. Ungeimpfte aus Serbien müssen eine Bewilligung einholen. Das hatte Djokovic unterlassen.
Stattdessen reiste er nach Melbourne. Doch in seiner Reisedeklaration, die Agentin Elena Cappellaro in seinem Namen ausgefüllt hatte, unterschlug er, dass er in den 14 Tagen vor seinem Abflug von Serbien nach Spanien eingereist war. Falsche oder irreführende Angaben zu machen, ist eine schwere Straftat, die mit bis zu 12 Monaten Haft bestraft werden kann. «Ein menschlicher Fehler in herausfordernden Zeiten», sagte Djokovic.