Nun ist es sonnenklar: Deshalb essen Männer im Sommer mehr als Frauen
Ein Tag im Sommer. Auf der einen Tischseite steht ein grosser Teller Salat, auf der anderen eine überbackene Käseschnitte. Dazwischen hat sich Erstaunen breit gemacht. Er rätselt, wie sie von den geraffelten Rüebli, einigen Scheiben Tomaten und viel Grün auf ihrem Teller satt werden kann. Sie grübelt, wie es ihn nach solch einer Fettbombe gelüstet.
Forschende der Universität Tel Aviv in Israel fanden dafür nun eine Erklärung. In einer Studie, die in der Fachzeitschrift «Nature Metabolism» erschienen ist, zeigen sie auf, wie Sonnenlicht den Appetit bei Männern – und nur bei Männern – ankurbelt.
Dafür hat das Forschungsteam Ernährungsdaten von rund 3000 Personen ausgewertet. Es stellte fest, dass Männer in den sonnenreicheren Jahreszeiten zwischen März und September täglich rund 300 Kalorien mehr zu sich nahmen als im Herbst und Winter. Bei den Frauen stellten sie hingegen keine saisonalen Unterschiede fest.
Diesem Unterschied gingen die Forschenden nach: Untersuchungen an Mäusen ergaben dabei, dass – abhängig vom Geschlecht – der Stoffwechsel der Tiere unterschiedlich auf die UVB-Strahlen des Sonnenlichts reagierte. Und auch der Appetit änderte sich: Die männlichen Nager assen deutlich mehr und suchten intensiver nach Nahrung, nachdem sie den Strahlen ausgesetzt waren. Auf das Fressverhalten der weiblichen Tiere hatte das Licht hingegen keinen Einfluss.
Sonnenlicht kurbelt die Bildung des «Hungerhormons» an
Doch zeigt sich das beobachtete Hungergefühl der Mäuse auch bei Menschen? Um dies zu beantworten, setzte das Forschungsteam Studienteilnehmende während 25 Minuten ans Sonnenlicht. Während die Männer sich danach deutlich hungriger fühlten als sonst, stellten die Frauen keinen Unterschied zu ihrem sonstigen Appetit fest.
Weitere Untersuchungen der Mäuse ergaben, dass bei den männlichen Tieren nach dem Sonnenbad der Ghrelinspiegel in den Fettzellen der Haut signifikant angestiegen war. Ghrelin wird auch als «Hungerhormon» bezeichnet, weil es an der Steuerung des Appetits beteiligt ist. Bislang wurde angenommen, dass es hauptsächlich über den Magen ausgeschüttet wird. Nun zeigt sich, dass auch die Haut eine Rolle spielen könnte.
Denn das Forscherteam wies in den Hautproben von Männern ebenfalls einen höheren Ghrelin-Spiegel nach, nachdem diese UVB-Strahlen ausgesetzt waren. Zudem zeigte sich im untersuchten Blut eine Veränderung gewisser Proteine, die mit dem Fettstoffwechsel in Verbindung stehen. Das Sonnenlicht hatte allerdings keinen solchen Effekt auf den Stoffwechsel der Frauen.
Forschende sehen Chance für neue Therapiemöglichkeiten
Weshalb also nimmt das Hungerhormon sowohl bei den Frauen wie auch bei den weiblichen Nager nach einem Sonnenbad nicht zu? Dahinter steckt gemäss den Forschenden ein komplexer Stoffwechselweg, wobei die Geschlechtshormone Testosteron und Östrogen eine entscheidende Rolle spielen, So blockiere Östrogen offenbar die Bildung von Ghrelin in der Haut, schreiben sie.
Ihre Studie lege zudem nahe, dass die Anwendung der Phototherapie ausgeweitet werden könnte. So könnten beispielsweise Patienten, die an Appetitlosigkeit leiden – etwa aufgrund einer Chemotherapie – von einer Therapie mit UVB-Licht profitieren. Zudem müsse weiter untersucht werden, ob es noch andere Hormone gibt, die von der Haut freigesetzt werden und das menschliche Verhalten beeinflussen, resümieren die Studienautorinnen und -autoren.
Ob der Hunger und die grössere Kalorienaufnahme der Männer während den Sommermonaten auch zu einer entsprechenden Gewichtszunahme führen, haben die Forschenden nicht untersucht. Daher liebe Männer: Bis auf weiteres lässt sich nach einem Sonnenbad und dem dadurch knurrenden Magen ohne schlechtes Gewissen die überbackene Käseschnitte bestellen.