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Standesinitiative für direkten Zug nach Bern: «Der Aargau muss sich wehren, gemeinsam und mit Nachdruck!»

Die SBB wollen den Direktzug von Baden über Brugg und Aarau nach Bern ab 2035 streichen. Alle im Grossen Rat vertretenen Parteien wollen das mit einer Standesinitiative verhindern. Auch der Aargauische Seniorenverband will die Verbindung erhalten, sie sei wichtig für die Teilhabe von älteren Menschen am gesellschaftlichen Leben.

Gleich zweimal innerhalb von vier Tagen versammelten sich Politikerinnen und Politiker, um den direkten Zug von Baden über Brugg und Aarau nach Bern zu retten. Zuerst gab es am Samstag am Bahnhof Baden eine Aktion mit Vertretungen aus National- und Ständerat. Dabei waren auch Delegationen aus Baden, Brugg und Windisch, betont wurde die Bedeutung der Verbindung für den Ostaargau.

Der Nationalrat hat im Juni 2024 zwar einer Motion für den Erhalt des Zuges zugestimmt. Dennoch steht der Direktzug auf der Kippe, denn die zuständige Kommission des Ständerats empfiehlt den entsprechenden Vorstoss zur Ablehnung. Entscheidend wird nun die Abstimmung im Ständerats-Plenum am 11. März.

Im Hinblick darauf versammelten sich am Dienstagmittag mehrere Dutzend Grossratsmitglieder vor dem Parlamentsgebäude. Sie stellten sich damit symbolisch hinter den Direktzug in die Bundeshauptstadt.

Standesinitiative für den Direktzug

Zuvor hatte Martin Brügger (SP) eine gemeinsame Erklärung aller Fraktionen im Grossen Rat verlesen. Statt den Aargau zu stärken, werde er aufs Abstellgleis geschoben, der Bund schaffe keine besseren Verbindungen, sondern nehme dem Kanton bestehende weg, kritisierte er.

Brüggers Aufruf: «Der Aargau muss sich wehren, gemeinsam und mit Nachdruck!» Alle Parteien erwarteten vom Regierungsrat eine klare, unmissverständliche Haltung gegen diesen Entscheid. Die Regierung müsse in Bern vehement für eine gute Anbindung des Kantons eintreten. Zudem brauche es Zusammenarbeit mit den Aargauer Mitgliedern des Stände- und Nationalrats, über alle Parteien.

Martin Brügger – hier an einem SP-Parteitag – verlas im Grossen Rat die Erklärung aller Fraktionen zum Erhalt der Direktverbindung Baden–Bern.
Bild: Henry Muchenberger

Am Nachmittag legten alle Fraktionen im Grossen Rat mit einem Antrag für eine Standesinitiative nach. SVP, FDP, Mitte, GLP, EVP, Grüne und SP verlangen, dass der Kanton in Bern den Erhalt der Direktverbindung fordert. Der Zug sei für die Wirtschaftsregion Baden-Brugg von zentraler Bedeutung und müsse erhalten bleiben.

Es ist dasselbe Argument, das SP, Grüne, GLP, Mitte und SVP schon am Montag in einer Mitteilung vorgebracht hatten. Die bestehende stündliche Direktverbindung sei für Pendlerinnen und Pendler sowie die wirtschaftliche Entwicklung der Region von grosser Bedeutung. Eine Abschaffung hätte gravierende Auswirkungen auf die Erreichbarkeit und würde zeitraubende Umsteigeverbindungen bringen.

Seniorenverband: Mobilität zentral für Lebensqualität

Gegen den drohenden Wegfall wehrt sich auch der Aargauische Seniorenverband. Es handle sich nicht einfach um eine Fahrplanänderung, dieser Schritt komme einer «Marginalisierung der Region» gleich. Im Einzugsgebiet der Bahnhöfe Baden und Brugg lebten gut 250’000 Personen – unter ihnen viele Seniorinnen und Senioren sowie Menschen mit Beeinträchtigungen. Sie seien auf gute ÖV-Verbindungen angewiesen.

Umsteigen sei gerade für ältere und vulnerable Personen beschwerlich, heisst es weiter. Gleichzeitig sei die Mobilität für sie von zentraler Bedeutung, um weiter am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können. In den Augen des Verbands ist die Direktverbindung deshalb unverzichtbar: «Der Aargauische Verband bittet die Mitglieder des Ständerats eindringlich, (…), der Motion zuzustimmen.»

Thomas Pfisterer war der Vater des «Aargauer IC»

«Es geht nicht nur um irgendeinen Direktzug, sondern um den Anschluss des ganzen Aargaus an das übergeordnete Fernverkehrsnetz der SBB», sagt Thomas Pfisterer. Er war in seiner Zeit als Regierungsrat zwischen 1990 und 2000 der eigentliche Vater des Zuges, dies unter dem Slogan «Aargauer IC». Der Freisinnige war Präsident der Konferenz der Direktoren des öffentlichen Verkehrs und führte die Verhandlungen mit den SBB.

Alt Regierungsrat und alt Ständerat Thomas Pfisterer führte in den 1990er-Jahren die Verhandlungen mit den SBB.
Bild: Sandra Ardizzone

Diese wollten damals das Intercity-Netz aufbauen und waren allein für die Verbindungen zuständig. «Mein Motto war: Man kann den Aargau zur Not durchfahren, aber nicht überfahren», erinnert sich Pfisterer. Hinter dem Anschluss des Aargaus an das Fernverkehrsnetz standen lange und intensive Verhandlungen. Dabei wurde über den Personenverkehr, aber zum Beispiel auch Lärm durch Güterzüge diskutiert, bis schliesslich die direkte Verbindung nach Bern stand.