Oltner Flugpionier Max Cartier kratzte an der Himmelsdecke
Ihr Leben war in der Regel kurz, das der Flugpioniere. So wie jenes von Ernest Failloubaz, den man auch den «fliegenden Jungen von Avenches» nannte und der 1910 landesweit den ersten Flug mit einer Maschine Schweizer Bauart absolvierte. Er starb, verarmt, mit 26 Jahren an Tuberkulose.
Der Langenthaler Ernst Rech stürzte als knapp 22-Jähriger ab, Oskar Bider aus Langenbruck mit 28 Jahren. Und natürlich lernten die Niederämter Primarschüler der Sechziger- und Siebzigerjahre, und wohl auch allen andern im Kanton Solothurn, im Unterricht nur den einen aus der Gilde der Schweizer Luftfahrtpioniere kennen: den Stadtsolothurner Theodor Borrer, der noch nicht mal 20-jährig tödlich verunfallte.
Dass dieser im März 1914 abstürzte und dabei ums Leben kam, verbindet ihn auf tragische Weise mit einem Protagonisten der Region: Max Cartier, der erste «Oltner Flieger», wäre letztes Jahr 125-jährig geworden. Der Flugpionier kam bei einem Testflug im Januar 1928 ums Leben. Sein Flugzeug vom Typ MA-8, als Doppeldecker ein «mittleres Beobachtungsflugzeug», stammte aus dem Flugbureau der Eidgenössischen Konstruktionswerkstätte in Thun, dessen Leiter der in Balsthal aufgewachsene Ingenieur August Haefeli war. Der Bundesrat genehmigte die von Haefeli nach dem tödlichen Unfall eingereichte Demission «ohne Verdankung der bisher geleisteten Dienste», da Haefeli im Zusammenhang mit Cartiers Absturz Dienstpflichtverletzungen vorgehalten wurden.
Der Oltner: ein stiller Schaffer
Max Cartier, der nur 31-jährig wurde, galt in Fachkreisen als stiller Wirker und gewissenhafter Werkpilot, kein Haudegen. Fliegen gelernt hatte er bei Oskar Bider aus Langenbruck, dem bekanntesten Pionier der nationalen Luftfahrt schlechthin. Cartiers Pilotenbrevet trägt das Datum vom 28. Oktober 1917. Vorausgegangen waren dem Fliegerleben Cartiers die besuchten Schulen in Olten, die absolvierte Mechanikerlehre bei der SBB und sein Umzug 1916 nach Dübendorf, wo der Oltner in die Geheimnisse der Flugkunst eingeweiht wurde.
Nach der Demobilisierung wechselte der als «gewissenhafter Mann» beschriebene Oltner in die eben gegründete Ad Astra, eine von zwei Vorgängerinnen der späteren Swissair beziehungsweise der Swiss. Dort wirkte Cartier als Zivilpilot und wurde auch einer der ersten Postflieger der Schweiz. Immer werktags beförderte er Luftpost auf der Strecke Dübendorf – Kirchlindach – Lausanne – Genf. Mitunter nahm er auch Privatpersonen mit auf die Reise. Sein Oltner Freund und Jahrgangskollege Eugen Dietschi erinnerte sich 1979 in den Oltner Neujahrsblättern herzhaft daran, wie sehr er genossen habe, als einer der ersten Passagiere mit Cartier auf einem Postflug unterwegs gewesen zu sein.
Dietschi schilderte auch das Unglück Cartiers vom 24. Januar 1928: Kurz nach 12 Uhr sei plötzlich ein Flügel gebrochen. Der Flugapparat stürzte senkrecht zu Boden. Beim Aufprall aus einer Höhe von rund 500 Metern sei der Pilot aus dem Flugzeug geworfen worden.
Der seinerzeit am höchsten aufgestiegene Schweizer Flugpilot
Knapp drei Jahre zuvor, am 23. April 1925, war der Oltner in Thun, wo er als Werkspilot bei der Eidgenössischen Konstruktionswerkstätte tätig war, zu seinem wohl grössten fliegerischen Akt gestartet. Mit einer MA-7 und in einem bemerkenswerten Flug erreichte er die Höhe von 9800 Metern über Meer. Damit stellte der damals 29-Jährige einen nationalen Rekord auf.