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«Jetzt gehen wir Bier trinken wie echte Jurassier» – so läuft die Party von Bronze-Gogniat

Die Schützin Audrey Gogniat sorgt für die erste Schweizer Medaille bei den Sommerspielen in Paris. Wie tickt die 21-Jährige? Und welche Rolle spielen Flamingo-Socken?

Der Start für die Schweiz an diesen Olympischen Spielen passte bestens zum Sommer hierzulande: ziemlich wenig Grund zur Freude. Die Medaillen-Trümpfe am ersten Wochenende stachen nicht. Erste Erinnerungen an die Spiele 2021 in Tokio wurden wach, erste Vergleiche gezogen.

Und dann kam Audrey Gogniat.

Am Montagmorgen gewinnt die 21-jährige Schützin Bronze mit dem Luftgewehr aus 10 Metern. Sie sorgt damit für eine erste Erleichterung in der Sport-Schweiz. Und gewissermassen auch für einen Hattrick. Wie 2016 und 2021 kommt die erste Olympische Medaille aus dem Schiesssport. Nach Heidi Diethelm Gerber und Nina Christen heisst die Heldin nun Gogniat.

Es ist ein nächster Glückstag für die Schweizer Schiessdelegation. Nina Christen wurde die Ehre zuteil, am letzten Freitag an der Eröffnungsfeier die Schweizer Fahne zu tragen. Nun gewinnt mit Gogniat jene Athletin die erste Medaille, die im Vorfeld nur Szenekennern bekannt war.

Gogniat wächst in einer Schützenfamilie auf

Nina Christen freut sich über Gogniats Medaille.
Screenshot Instagram

Christen, 30-jährig mittlerweile, und Gogniat haben ein sehr gutes Verhältnis zusammen. Während der Olympischen Spiele teilen sie sich das Zimmer. Und die erfahrene Doppel-Medaillen-Gewinnerin Christen gibt gerne Tipps weiter. «Ich kann immer auf Nina zugehen und etwas fragen», erzählt Gogniat. Im letzten Winter schenkte Christen ihren Trainingskolleginnen Flamingo-Socken. Sie sind Gogniats Glücksbringer seither.

Wer aber ist Gogniat? Sie kommt aus Le Noirmont, einem 2000-Seelen-Dorf des Kantons Jura. Sie wächst, wie Christen auch, in einer Schützenfamilie auf. Bereits Grossvater, Vater, Onkel, Tanten und auch die ältere Schwester sind passierte Schützen. Vater Roland sagt nach dem Bronze-Coup: «Seit 40 Jahren bilde ich junge Schützinnen und Schützen aus – und jetzt schafft ausgerechnet meine Tochter den Coup – es ist unglaublich.»

Ein neues Handy, um sich abzukapseln

Die strahlende Heldin selbst ringt nach dem Triumph mit den Emotionen. «Ich finde die Worte nicht für das, was gerade passiert, es ist so schön!», sagt Gogniat. Mit sieben Jahren beginnt sie im Verein zu schiessen, bei der Socieété de Tir Petit Calibre et Pistolet Franches-Montagnes. 2019 wechselt sie mit 16 ins nationale Leistungszentrum von Biel. «Mit sehr viel Talent gesegnet», wie sich Head-Coach Daniel Burger erinnert. Doch dann muss sie sich wegen Corona gedulden, ehe die Karriere Fahrt aufnehmen kann, weil die internationalen Wettkämpfe ausfallen. Burger lobt Gogniat als «knallharte Arbeiterin». Im August 2023 deutet sie an der WM ihr grosses Potenzial mit dem sechsten Rang an. Die Olympia-Bronze-Medaille ist nun der nächste Schritt und der mit Abstand grösste Erfolg der Karriere.

Vor den Spielen sagte Gogniat einmal über ihren Sport: «Man muss stabil bleiben, die Emotionen und den Stress akzeptieren und versuchen, diese Gefühle zu verstehen.» Genau dies gelingt ihr in Paris nun vorzüglich. Vor den Spielen hat sie ihr Handy gewechselt, die Nummer kennen nur ganz wenige Vertrauenspersonen. Rund um den Wettkampf kapselt sie sich total ab. Mit Erfolg. Als sie darauf angesprochen wird, dass sie die erste Olympia-Medaille für die Schweiz holt, reagiert sie überrascht: «Das war mir gar nicht bewusst. Das ist eine riesige Ehre!» Dass Gogniat mit ihren 21 Jahren auf dem Olympia-Podest gar die jüngste aller Medaillengewinnerinnen ist, ist eine weitere spezielle Geschichte dieses Finals. Gold holt die 16-jährige Koreanerin Hyojin Ban, Silber die 17-jährige Chinesin Yutin Huang.

Gogniat wurde in Châteauroux, dort, drei Stunden südlich von Paris gelegen, finden die Olympischen Wettbewerbe der Schützen statt, von ihrer Familie unterstützt – inklusive Jura-Fahne selbstverständlich. Der Stolz auf die Olympia-Heldin ist selbstredend riesig. Die ältere Schwester Charlyne ist überwältigt. Sie sagt: «Ich bin so stolz auf sie. Schon dass sie es in den Final geschafft hat, ist unglaublich. Und jetzt noch diese Medaille …» Auf die Frage des Schweizer Fernsehens, ob es denn nun Party-Pläne gebe, antwortet sie: «Natürlich, jetzt werden wir wie echte Jurassier ein paar Biere trinken.»

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