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Von Null auf Hundert: Wenn auf einmal die ganze Schweiz weiss, was ein Laser-Run ist

Die Sportart Moderner Fünfkampf hat es seit 2008 in der Schweiz nicht mehr in den Fokus einer breiten Öffentlichkeit geschafft. In Paris hat sich dies dank der Leistung einer Athletin und eines Athleten geändert.

Es gibt Sportarten, die brennen sich nur alle vier Jahre ins Bewusstsein der Öffentlichkeit – jeweils dank dem Schaufenster der Olympischen Spiele. Beim Modernen Fünfkampf verhielt sich die Ausgangslage vor Paris noch extremer. 2008 war die Schweizer letztmals bei Olympia vertreten. Seither fristet diese höchst attraktive und vielseitige Disziplin bei einem breiten Publikum ein Mauerblümchendasein.

Schlagzeilen gab es nur einmal: Bei den Spielen in Tokio drosch eine deutsche Athletin mit der Gerte auf das bedauernswerte Pferd ein, das beim Springreiten nicht das machen wollte, was die Reiterin von ihm verlangte. Für die Sportlerin bedeutete dieser emotionale – und für viele schockierende – Moment das Ende aller sportlichen Anstrengungen und Ambitionen. Für die Sportart war es beinahe der olympische Todesstoss.

Pentathlon, so der offizielle Name, hat seinen Status am wichtigsten Sportfest der Welt gerettet und sogar aus der Not eine Tugend gemacht. In Los Angeles 2028 wird ein spektakulärer Hindernislauf im Stile der Ninja «Warriors» das Springreiten ersetzen. Eine der traditionellsten Sportarten der Olympischen Geschichte wird dann tatsächlich modern und stimmt in einen in Paris mit neuen Sportarten wie Breakdance, 3:3-Basketball oder Skateboarden zelebrierten Trend ein.

Schweizer Medaillenchancen bis fast ganz zum Schluss

In Paris nun erhielt die Sportart aus Schweizer Sicht endlich wieder einmal die Chance auf Sichtbarkeit. Und die Konstellation erwies sich aus zwei Gründen für ideal. Zum einen wurden die Finals des Modernen Fünfkampfs am letzten Olympia-Wochenende ausgetragen. Von der grossen Schweizer Delegation hatte zu diesem Zeitpunkt praktisch niemand mehr einen Einsatz. Ein prominenter Sendeplatz auf SRF war also frei.

Zum zweiten nutzten die beiden sportlichen Aushängeschilder Anna Jurt und Alexandre Dällenbach  diese Chance, indem sie sich überhaupt einmal für diese Finals der besten 16 qualifizierten. Keine Selbstverständlichkeit. Und sie sorgten zusätzlich für Spannung. Der Walliser Dällenbach, der auf Réunion lebt, war vor dem abschliessenden Laserrun auf dem zweiten Platz klassiert. Anna Jurt ihrerseits liebäugelte dank einer Aufholjagd im Laserrun bis zur letzten Laufrunde mit einem Olympischen Diplom. Am Schluss wurde der 33-jährige Dällenbach 14. und die 22-jährige Nidwaldnerin Jurt starke Elfte.

Der Laser-Run ist übrigens die Kombination von Schiessen und Laufen, den weiteren Pentathlon-Disziplinen neben dem Reiten, Fechten und Schwimmen. Man läuft fünf Runden, insgesamt drei Kilometer. Viermal muss nach einer Runde mit einer Laserpistole auf eine Scheibe geschossen werden. Man darf erst weiterrennen, wenn man fünf Treffer hat. Ein wenig wie Biathlon im Sommer. Zur Steigerung der Attraktivität hat auch beigetragen, dass der gesamte Finalwettkampf seit 2022 in 90 Minuten über die Bühne geht. Zuvor dauerte der Pentathlon einen ganzen Tag.

Mehr Geld und Interesse für die Sportart

Ein ebenso positives Fazit wie die zwei Olympia-Neulinge aus ihrem Paris-Trip zogen, darf auch Nationaltrainerin Florence Dinichert im Bezug auf den Verband verbuchen. Bislang dümpelte der Moderne Fünfkampf bei der Stärkeneinteilung von Swiss Olympic in der Kategorie 4 vor sich hin. Das ist die tiefste Stufe und gibt die mit Abstand kleinste Unterstützung.

Dank mehreren hervorragenden Resultaten bei Nachwuchs-Grossanlässen in den vergangenen zwei Jahren, dank dem 2. Rang von Anna Jurt an der Europameisterschaft vor wenigen Wochen und dank ihrem sonntäglichen Top-12-Rang vor den Toren von Schloss Versailles, wird die Sportart sicher eine Kategorie weiter oben, im Idealfall ab 1. Januar 2025 sogar im Topf 2 landen.

Dies würde massiv mehr Mittel freigeben, um die von zwei Vereinen und im nationalen Leistungszentrum Bern betriebene Sportart im Hinblick auf Los Angeles 2028 zu pushen. Florence Dinichert sagt, bereits jetzt sei klar, dass man die Mittel für das Coaching werde vervierfachen können.

Der Wechsel zum Ninja-Spektakel trägt dazu bei, dass der Moderne Fünfkampf eine neue Anziehungskraft für junge Athletinnen und Athleten erhält. Er ist auch eine Chance für sportliche Multitalente und Vertreter der einzelnen Disziplinen, die es aber dort nicht bis ganz an die Spitze schaffen. Aktuell entsteht in Bern die erste Hindernisbahn für das «Obstacle Racing», wie der Hindernis-Parcours offiziell heisst. Im Januar soll eine Indoor-Anlage folgen.

Und die tollen TV-Bilder, das attraktive Wettkampf-Format und nicht zuletzt die tollen Leistungen in Paris haben bereits Wirkung erzielt. «In den vergangenen Tagen habe ich mehrere Mails von Sportlerinnen und Sportlern erhalten, die sich für den Modernen Fünfkampf interessieren», verrät Florence Dinichert. Es ist halt schon cool, wenn sich so die Chance auf eine Olympiateilnahme ergibt. Und man in vier Jahren vielleicht selbst im Fernsehen kommt.

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