Bilder für die Ewigkeit: Remco Evenepoel schafft in Paris Historisches
Es ist eine Szene für die Ewigkeit. Remco Evenepoel hat seine Konkurrenten so weit hinter sich gelassen – über eine Minute –, dass er es sich erlauben kann, am Zielstrich anzuhalten, das Velo quer zu stellen, die Arme in den Himmel zu recken und dann auszurollen. Im Hintergrund der Eiffelturm. Nach dem Zeitfahren sein zweiter goldener Triumph.
Bilder für die Ewigkeit, die noch in 100 Jahren für Paris 2024 stehen werden. Noch nie hat ein Velo-Titan so ikonisch einen Sieg zelebriert wie der Belgier, der auch sportlich Historisches schaffte. Als erstem Fahrer überhaupt gelang Evenepoel das Gold-Double aus Zeitfahren und Strassenrennen, in welchem der 24-Jährige auch noch zum bisher jüngsten Sieger der olympischen Radgeschichte wurde. Und das im vielleicht stimmungsvollsten Rennen der Neuzeit. Vorbei an fast allen Kulturdenkmälern von Paris. Über den Hügel Sacré Coeur, der für ein paar Stunden in einen «Mont Ventoux der Kultur» verwandelt wurde und am Schluss unter dem Eiffelturm durch. Nichts scheint den Franzosen heilig zu sein, wenn es darum geht, sich der Welt als erste Kulturnation der Erde zu präsentieren. La Grande Nation eben.
Küng mit weiterem Diplom
Auch zwei Schweizer haben nach exakt 273 Kilometern das Ziel erreicht. Stefan Küng (7.) und Marc Hirschi (17.). Beide sind keine Grossmeister auf der olympischen Bühne, Küng aber immerhin mehrfach diplomierter Olympia-Held. In Paris gar ein doppelter: 8. Zeitfahren und 7. im Strassenrennen. Für die ersten acht Plätze gibt es ein Diplom. Aber Hundert Diplome vermögen nicht eine Medaille zu ersetzen. Boshafte Menschen sagen, nur bei den Olympischen Spielen gebe es für Versager ein Diplom.
Im Vorfeld der Spiele hatte Stefan Küng erklärt, er werde ein Diplom nicht mehr an der Wand aufhängen. Er hatte bereits eines in Tokio gewonnen, als er Bronze als Vierter nur knapp verpasst. Logisch also, dass er nun gleich als erstes gefragt wurde, was er mit den zwei Diplomen von 2024 machen werde. Küng wird von der Frage sichtlich überrascht und sagt schliesslich, er wisse es noch nicht.
Der Thurgauer ist nicht nur körperlich (193 cm/83 kg) einer der Grossen der Landstrasse. Aber bei Olympischen Spielen fährt er dem Ruhm hinterher. Diesmal war es eine Darmgrippe, die ihn Kraft und Saft gekostet hatte. «Ein, zwei Tage reichen nicht, um die Tanks wieder zu füllen», sagte er. Und bringt es auf den Punkt. Er habe alles gegeben: «Aber die Beine wollten nicht mehr. Wenn Du nichts mehr im Tank hast, dann kommt auch nichts mehr.» So einfach, klar und wahr ist eigentlich nur ein Velorennen.
Marc Hirschi als Velo-Romantiker?
Marc Hirschi hatte nie etwas mit der Entscheidung zu tun. Er ist hinten im Feld eingeklemmt als vorne die Post abgeht. Unzufrieden ist er trotzdem nicht. Und sagt das, was alle sagen: Der äussere Rahmen sei einfach unbeschreiblich gewesen. Entlang der Rennstrecke waren so viele Menschen wie bei keinem anderen Wettkampf. Nur die Eröffnungsfeier dürften noch etwas mehr Schaulustige gesehen haben.
Ein olympischer Held ist Marc Hirschi nicht geworden. Aber bald werden wir wissen, ob er dafür ein Velo-Romantiker ist. Er mag nicht verraten, wer sein neuer Arbeitgeber sein wird und sagt: «Nächste Woche wird es verkündet». Hirschi ist Berner. Wie Fabian Cancellara, der nun als Teamboss von Tudor Pro Cycling ein Velo-General geworden ist. Ein Berner Rennfahrer in einem von einem Berner kommandierten Team – mehr Veloromantik ist fast nicht möglich.