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Europas Fan-Insel: Die Schweiz beschreitet bei Grossveranstaltungen einen Sonderweg – wie hoch ist die Ansteckungsgefahr?

Manuel Feller aus Österreich, Rang zwei beim Riesenslalom in Adelboden vom Samstag, sagte es mit Humor: «Die Schweizer gehen da ein bisschen einen anderen Weg. Die versuchen, an einem Wochenende gleich alle zu durchseuchen.» Unter dem Twitter-Hashtag #DummWieDieSchweiz finden es die Kommentatoren weniger lustig, dass zu Zeiten von Omikron mehr als 12’000 Fans die Fahrer lautstark anfeuerten und den Sieg des Schweizers Marco Odermatt feierten, viele ohne Maske. «Einen Moment, aber wir sind nicht im Jahr 2019», wunderte der Korrespondent der italienischen Tageszeitung «La Repubblica» – und berichtete, vielen Skifahrern habe die Szenerie Angst bereitet. Angst, positive Tests könnten den Abflug zu den Olympischen Spielen in China vereiteln.

Man wähnt sich in der Diskussion um die Skigebiete vor einem Jahr. Einmal mehr sorgt die Schweiz mit einem Sonderweg für Irritationen. Sie wird zur Insel der gut ­besuchten Sportanlässe an der frischen Luft, während unsere Nachbarländer die Regeln verschärfen.

Geisterspiele in der Bundesliga

In der deutschen Bundesliga gibt es Geisterspiele, die französischen und italienischen Fussballstars ­kicken noch vor maximal 5000 Zuschauerinnen und Zuschauern. Die ­Skispringen der Vierschanzentournee? Vor leeren Rängen. Österreich ­erlaubt bei Events im Freien bloss 2000 Menschen Zutritt – und nur dann, falls sie geboostert sind, einen negativen PCR-Test vorweisen und eine FFP2-Maske montieren.

Ballabschlag vor leeren Rängen: Der Schweizer Natigoalie Yann Sommer im Spiel Bayern München gegen Borussia Mönchengladbach.

Gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA verteidigte der Berner Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg die Bewilligung für die Skirennen. Grossevents seien erlaubt, die Rennen fänden im Freien statt, zudem müsse auch die Eigenverantwortung der Zuschauer zum Tragen kommen. Und irgendwann gelte es auch, zur Normalität zurückzukehren.

Jürg Grossen regt FFP2-Maskenpflicht an

Schon am Donnerstag starten die Lauberhornrennen in Wengen. Wieder könnten Bilder aus der Schweiz im Ausland verstören. Fans sind zugelassen, es gilt die 3G-Regel, Maskentragen wird wie in Adelboden empfohlen, aber nicht befohlen. Der Berner Nationalrat und GLP-Präsident Jürg Grossen könnte sich aber vorstellen, dass die Berner Gesundheitsdirektion das Maskentragen auf den ­Tribünen und im Freien für obligatorisch erklärt. «Zu prüfen ist auch eine FFP2-Pflicht.»

Lukas Engelberger, Präsident der kantonalen Gesundheitsdirektoren, meldet sich nach einem positiven Coronatest am Wochenende mit leichten Symptomen aus der Isolation. «Es stellt sich tatsächlich die Frage, ob es zusätzliche Auflagen für Grossveranstaltungen auf Bundesebene braucht, etwa eine Maskenpflicht oder Kapazitätsbeschränkungen bei Veranstaltungen im Freien», sagt der am 3. Januar geboosterte Basler Regierungsrat. «Damit könnten der Anstieg der Fallzahlen allenfalls etwas abgebremst und Hospitalisationen verhindert werden, ohne dass Veranstaltungen ganz abgesagt werden müssen.»

Albert Rösti zu den Lauberhornrennen: «Laufen lassen»

Albert Rösti, Berner SVP-Nationalrat und Präsident der Gesundheitskommission, findet das «Adelboden-Bashing» übertrieben. Die Organisatoren hätten sich ans Schutzkonzept gehalten. Zu den Lauberhornrennen sagt er: «Laufen lassen.» Zumal die Belegung der Intensivbetten, die entscheidende Richtgrösse bei der schweizerischen Pandemiepolitik, am Sinken sei.

Doch wie gross ist die Gefahr, dass sich Menschen im Freien mit dem Coronavirus anstecken? Die deutsche Gesellschaft für Aerosolforschung weist schon seit langem darauf hin, dies sei sehr unwahrscheinlich. Ein geringes Risiko bestehe bloss, wenn man sich für längere Zeit gegenüberstehe und miteinander spreche. Erfahrungen aus der Schweiz scheinen diese Einschätzung zu bestätigen. Trotz grossen Zuschaueraufmarschs bei einem Fasnachtsumzug im letzten Februar wurde Einsiedeln nicht zu einem Coronahotspot.

Und Rudolf Hauri, Zuger Kantonsarzt und Präsident der Vereinigung der Kantonsärzte, sagt:

«Es ist nach wie vor sehr deutlich, dass es praktisch ausschliesslich in Innenräumen zu Ansteckungen kommt.»

Im Kanton Zug würden durchaus Ansteckungen an Veranstaltungen festgestellt – jedoch vermehrt an kleineren Anlässen und nicht eigentlichen Grossveranstaltungen wie zum Beispiel Spielen des EV Zug. Der Kanton Zürich verzeichnete in den letzten Monaten an Grossevents generell keine nennenswerten Ansteckungen. «Dies dürfte aus unserer Sicht bedeuten, dass die Schutzkonzepte greifen», sagt ein Sprecher.

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