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Organisierte Kriminalität beschäftigt die Luzerner Polizei stark – albanische  Banden kontrollieren den Drogenhandel und waschen Geld in der Zentralschweiz

Ob auf der Strasse oder im Internet: Die Luzerner Polizei muss an verschiedenen Fronten gegen die organisierte Kriminalität vorgehen. Die Zahl der Straftaten stieg im vergangenen Jahr deutlich an. Die Arbeitsbelastung lindern soll die personelle Aufstockung beim Corps.

Bis ins Jahr 2030 erhält die Luzerner Polizei 120 zusätzliche Stellen. Mit Pensionierungen und Kündigungen müsse man jährlich bis zu 60 neue Polizistinnen und Polizisten anwerben, sagte Polizeikommandant Adi Achermann am Mittwoch vor den Medien. Der Ausbau dürfte trotz Fachkräftemangel gelingen, die Rekrutierungskampagne sei gut angelaufen.

Es zeige sich aber, dass gerade jüngere Mitarbeitende nach wenigen Jahren wieder abspringen. Deshalb werde man die Löhne für Generalistinnen und Sicherheitsassistenten erhöhen. Trotz des bereits lancierten Personalausbaus sei das Luzerner Corps im schweizweiten Vergleich bei der Polizeidichte auf Rang 20 zurückgefallen. Dass man „chronisch zu wenig Leute“ habe, zeige sich auch an den Überstunden im Umfang von 40 Vollzeitstellen, die im letzten Jahr angefallen seien.

11 Prozent mehr Straffälle

Während die Straftaten im analogen Raum stabil blieben, stiegen jene im Internet. Die Cyberkriminalität nahm um 43 Prozent zu, vor allem im Bereich der sogenannten «Schock-Anrufe». Insgesamt registrierte die Luzerner Polizei im vergangenen Jahr 18’929 Straftaten, ein Plus von 11 Prozent.

Starke Zunahmen gab es bei den Fällen von Fahrzeugdiebstahl (2638), Betrug (779), Vergewaltigungen (30) und Raub (58). Förmlich explodiert sind die Fälle von Geldwäscherei. Nach 37 im Vorjahr waren es nun deren 101. Auf die Täter gestossen sei man unter anderem durch die Auswertung von Telefondaten.

Der Anstieg bei der Geldwäscherei ist auch ein Hinweis auf die Zunahme der organisierten Kriminalität im Kanton Luzern, die der Polizei Sorgen bereitet. Es würden sich kriminelle Gruppierungen ausbreiten, die sich abschotten und in Parallelgesellschaften lebten, sagte Jürg Wobmann, der Chef der Kriminalpolizei, vor den Medien. Diesem Trend müsse die Polizei «mit Härte» begegnen.

«Das Geld aus dieser kriminellen Aktivität wird in den Wirtschaftskreislauf eingebracht. Es wird in Immobilien, Kleinbetriebe, Restaurants und den Autohandel investiert.»

Jörg Wobmann

Chef der Luzerner Kriminalpolizei

Albanische Mafia kontrolliert den Drogenhandel

Vor allem albanische Banden seien auf dem Vormarsch. Diese kontrollierten den hiesigen Drogenhandel. Die Köpfe befänden sich im Ausland, hierzulande nehme die Polizei wiederholt albanische Dealer fest. Die Polizeivertreter sprachen von «Läufern». Es zeige sich auch, dass sich verschiedene kriminelle Gruppierungen nicht konkurrenzieren, sondern gegenseitig ergänzten.

Dabei sind auch Schweizer beteiligt. Wobmann erwähnte auf eine Journalistenfrage hin einen Fall, wo eine Strafuntersuchung gegen einen Rockerclub und Albaner laufen. Die Ermittlungen liefen noch. Schweizweit sei man zum Schluss gekommen, so Wobmann, dass man ein nationales Gremium schaffen müsse, um die organisierte Kriminalität effizienter zu bekämpfen.

Das Geld aus dieser kriminellen Aktivität werde in den Wirtschaftskreislauf eingebracht. Es werde in Immobilien, Kleinbetriebe, Restaurants und den Autohandel investiert. Ein Grossteil der Geldwäschereifälle gehe auf sogenannte «Money-Mules» zurück. Das sind Drittpersonen, die gegen eine Entschädigung, Geld aus kriminellen Quellen weiterverbreiten.

Mit dem Personalausbau bei der Luzerner Polizei geht auch eine Umstrukturierung einher. So wird die Zahl der Polizeiposten von heute rund 30 halbiert. Gegen eine Postenschliessung wehrt sich die Gemeinde Ruswil. Der Kanton evaluiere derzeit Möglichkeiten für einen Posten im Raum Ruswil-Wolhusen, sagte Kommandant Achermann. Ein Kriterium für den Standort sei, dass man Polizeihunde unterbringen könne.

138 Verkehrsunfälle mehr als 2021 – starker Anstieg bei Unfällen mit E-Bikes und E-Trendfahrzeugen

Statistik Im vergangenen Jahr registrierte die Polizei 2334 Verkehrsunfälle. Im Vergleich zum Vorjahr sind dies 138 Unfälle mehr (plus 6,2 Prozent). Die Anzahl Unfälle mit Schwerverletzten stieg um acht auf 186. Getötet wurden 10 Personen (im Vorjahr: 9). Bei der Anzahl Verkehrsunfälle mit Leichtverletzten stieg die Anzahl von 774 auf 874. Sorgen bereitet den Ordnungshütern besonders die Zunahme an fahrunfähigen Personen. Sie konsumierten Alkohol, Drogen oder Medikamente und führten trotzdem ein Fahrzeug. Pius Ludin, Chef der Sicherheits- und Verkehrspolizei nannte diese Tatsache «erschreckend».

Gegenüber dem Vorjahr sind die Unfallzahlen mit E-Bikes erneut stark angestiegen. Die Luzerner Polizei registrierte 178 Verkehrsunfälle mit einem langsamen oder schnellen E-Bike (2021: 140). Zwei Personen wurden getötet (Vorjahr: 1). Hauptverursacher der Unfälle ist bei langsamen E-Bikes die Altersgruppe zwischen 45 und 64 Jahre sowie über 65-Jährige. Bei den schnellen E-Bikes war es die Altersgruppe der 45 bis 64-jährigen. Auch bei den sogenannten E-Trendfahrzeugen wie Trottinetts, die vor allem in den Städten beliebt sind, stieg die Zahl der Unfälle auf 31 (2021: 9). (ben)

Regierungsrat entscheidet über die Postenschliessungen

Ein Thema am Rande der Medienkonferenz in Luzern war auch die Organisationsentwicklung bei der Luzerner Polizei. Die mögliche Schliessung von Posten auf dem Land – wie beispielsweise Dagmersellen und der Einmann-Posten Pfaffnau – löste vor einem Jahr Diskussionen aus und stiess teilweise auf Unverständnis.

Mittlerweile haben diverse Besprechungen und politische Debatten im Kantonsrat (sowie Gespräche mit den Gemeinden) stattgefunden. Laut Christian Bertschi, Chef Kommunikation und Prävention der Luzerner Polizei, hat der Kantonsrat im Oktober 2022 der Strategie grundsätzlich zugestimmt, dass es bis 2031/32 weniger Polizeiposten im Kanton geben soll. «Das wird jetzt in den nächsten Jahren etappiert umgesetzt», sagt Bertschi.

Die Zahl von aktuell 31 Posten soll halbiert werden. «Der Regierungsrat wird über die Aufhebung eines Polizeipostens entscheiden.» Jeder Posten werde separat begutachtet. Für Pfaffnau sei eine mögliche Schliessung bin ins Jahr 2025 geplant. Die Zukunft der Posten in Dagmersellen und Reiden stehe etwa 2027/2028 fest.

Die ersten Polizeiposten werden 2023 im Entlebuch geschlossen.

Christian Bertschi, Chef Kommunikation und Prävention bei der Luzerner Polizei, beantwortet Fragen des ZT.
Bild: Marc Benedetti

Mehr Polizisten auf Patrouillen

Laut dem Polizeisprecher besteht die Idee der Straffung des Postennetzes darin, «dass wir mehr Leute draussen haben können und weniger am Schalter blockiert sind». So könnten mehr Patrouillen unterwegs sein. Angestrebt wird eine bürgernahe Polizei, welche mehr Leistungen für Gemeinden und Regionen erbringt, das Stichwort heisst «Community Policing».

Alle Mitarbeiter blieben selbstverständlich auch nach einer allfälligen Schliessung eines Postens weiter in der jeweiligen Region, so Bertschi. Sie würden auf dem Hauptposten der jeweiligen Polizeiregion (Sursee für das Wiggertal und Willisau für das Luzerner Hinterland) stationiert. Spezialisierte Mitarbeitende des Community Policing, welche die Region gut kennen, werden für bestimmte Gemeinden zuständig sein. «Behörden oder Schulen haben damit immer die gleiche Ansprechperson», sagt Bertschi.

In durchschnittlich 9,5 Minuten vor Ort

Mit der vom Parlament beschlossenen Aufstockung des Personals kann die polizeiliche Präsenz im ganzen Kantonsgebiet verstärkt werde. So sind in der Polizeiregion Willisau dieses Jahr bereits mehr Polizistinnen und Polizisten in Patrouillen im Einsatz.

Kritisiert wurde in Gemeinden in der Vergangenzeit zuweilen, dass es lange dauert, bis die Polizei vor Ort ist. An der Orientierung erfuhr man, dass die durchschnittlichen Interventionszeiten bei Einsätzen von der Meldung bis zum Eintreffen vor Ort 9,5 Minuten beträgt. Die Vorgabe des Kantonsparlaments von zehn Minuten sei damit erfüllt. «Zu 90,1 Prozent sind wir bei Ereignissen unter 25 Minuten vor Ort und erfüllen damit auch die Vorgaben des Kantonsrats», so Christian Bertschi.

Marc Benedetti

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