Sie sind hier: Home > Ratgeber Gesundheit > Palliative Care – die lindernde Medizin

Palliative Care – die lindernde Medizin

Sponsored Content
Die frühzeitige Integration palliativ-medizinischer Massnahmen hat viele positive Effekte, wie die Praxis am Spital Zofingen zeigt.

Einen Satz bekommen die Mitarbeitenden der Palliative Care Abteilung am Spital Zofingen immer wieder zu hören: «Hätte ich gewusst, dass diese wenig mit einer normalen Spitalabteilung zu tun hat, wäre ich schon viel früher eingetreten.» Dass es schwierig ist, auf eine Abteilung einzutreten, die den Namen Palliative trägt, kann man nachvollziehen. 2018 zeigte eine Bevölkerungsumfrage des BAG, dass sich viele Menschen konkrete Gedanken machen, welche Art der Behandlung sie am Lebensende in Anspruch nehmen möchten. Palliative Care, die lindernde Medizin, spielt dabei eine wichtige Rolle.

Die Unterstützung umfasst viele Ebenen

Die letzte Lebensphase stellt besondere Ansprüche an die Betroffenen und ihr Umfeld. Es geht darum, die Bedürfnisse der Betroffenen und ihrer Angehörigen gemeinsam zu erkennen und das Leid zu mildern, statt nur die Krankheit zu bekämpfen. Auch wenn die Erkrankung nicht heilbar ist, lässt sie sich häufig stabilisieren – und mit Anpassungen kann ein weitgehend normales Leben über einen längeren Zeitraum möglich sein.

Wenn sich der Mensch in seiner Existenz bedroht fühlt, sind oft finanzielle Bedenken, Sorgen um das gesicherte Weiterleben der Angehörigen oder Haustiere vorhanden. Auch spirituelle Bedürfnisse werden zu einem Thema.

Deshalb ist das Team auf der Palliativabteilung interprofessionell aufgestellt. Es setzt alles daran, Betroffene mit ihren Angehörigen auf allen Ebenen zu unterstützen.

Zum Team gehören der Arzt- und Pflegedienst, die Ergotherapie, die Physiotherapie, die Logopädie, die Ernährungsberatung, die Psychologie, die Seelsorge, die Kunsttherapie und das Case Management. Falls nötig, werden auch weitere Disziplinen beigezogen.

Das ist der Campus-Tag

Der Campus-Tag zum Thema «Lebensqualität bei unheilbaren Krankheiten» findet am Samstag, 14. September, von 10 bis 17 Uhr auf dem Areal des Spitals Zofingen statt. Das Programm umfasst eine Podiumsdiskussion moderiert von Kurt Aeschbacher, Szenen aus dem Palliativ-Alltag, Rundgang mit verschiedenen Aktivitäten, Street-Food-Stände etc.
Weitere Infos finden Sie HIER.

Der Austritt will gut vorbereitet sein

Bald nach Eintritt auf die Palliativabteilung wird auch schon der Austritt thematisiert, da die Aufenthaltsdauer begrenzt ist. Das gesamte Team bereitet den Austritt für die Patientin oder den Patienten mit einem vorausschauenden Massnahmenplan vor, damit die verbleibende Zeit zu Hause möglichst problemlos gelingt. Falls der Austritt nach Hause nicht mehr möglich ist, wird nach einer geeigneten Institution gesucht.

Die Erfahrung zeigt, dass eine frühzeitige Palliative-Care-­Anbindung das Leiden vermindert, weniger Notaufnahmen in medizinische Zentren nötig sind, ein besseres Krankheitsverständnis und eine erhöhte Lebensqualität bis zum Ende für die Betroffenen und ihre Nahestehenden bringt.

Claudia Zinniker

«Eine hochstehende Palliativversorgung kann viel Leid ersparen»

Im Interview sagt Dr. med. Gaby Fuchs, Leitende Ärztin Palliative Care am Spital Zofingen, wie begrenzte Lebenszeit positiv gestaltet wird.

Gaby Fuchs, Leitende Ärztin Palliative Care: «Dafür, dass die Sterblichkeit 100 Prozent beträgt und wir alle im gleichen Boot sitzen, wird das Thema noch zu oft tabuisiert.» 
Bild: zvg

Frau Fuchs, in der Palliativmedizin spielt das Umfeld der Betroffenen eine zentrale Rolle. Wie unterstützen und begleiten Sie die Angehörigen während dieser oft belastenden Zeit?

Gaby Fuchs: In der Palliative Care werden Angehörige auf Wunsch aktiv in die Betreuung einbezogen. Besuche sind jederzeit möglich. Sie dürfen also kommen und gehen, wie es für sie passt. Weiter können diese in Einbettzimmern übernachten und Mahlzeiten dazubestellen. Das Team nimmt sich, wenn möglich, gerne Zeit für Gespräche. Besonders geschätzt wird der «Runde Tisch», bei dem in ruhigem Rahmen die aktuelle Situation und mögliche nächste Schritte gemeinsam mit Betroffenen und Angehörigen besprochen werden.

Welche wichtigen Entscheidungen müssen in der Palliative Care getroffen werden, und wie helfen Sie den Betroffenen, diese Entscheidungen zu treffen?

Die Entscheidungen sind vielfältig und oft schwierig. Es geht einerseits um medizinische Fragen. Zum Beispiel, ob weitere Therapien und Behandlungen bei einem Infekt gewünscht sind oder ob ein Aufenthalt auf der Intensivstation noch infrage kommt. Andererseits betrifft es die persönliche Situation: Kann ich ins eigene Umfeld zurückkehren – oder brauche ich einen Betreuungsplatz, beispielsweise in einem Altersheim oder Hospiz? Diese Entscheidungen sind belastend, und wir versuchen, die Patientinnen und Patienten bestmöglich zu unterstützen.

Wie arbeiten Sie im interprofessionellen Team zusammen, um eine ganzheitliche Betreuung der Patientinnen und Patienten sicherzustellen?

In der Palliative Care ist die interprofessionelle Zusammenarbeit zentral. Wir Ärztinnen arbeiten eng mit Pflege, Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie, Ernährungsberatung und Case Management zusammen. Wir haben auf unserer Station auch eine Psychologin, eine Kunsttherapeutin und eine Seelsorge. Wöchentlich tauschen wir uns im grossen Team an der Interprofessionellen Teambesprechung (ITB) über unsere Patienten aus. Auch an den anderen Tagen sind wir bei Bedarf im ständigen Austausch. Unsere Wege sind kurz.

Eine persönliche Frage: Was hat Sie dazu bewogen, den Weg in die Palliative Care einzuschlagen?

Ich bin Internistin und liebe komplexe Situationen. Schon immer wünschte ich mir mehr Zeit, um Patientinnen und Patienten ganzheitlich zu begleiten und individuelle Lösungen zu finden. Ein Schlüsselerlebnis prägte mich 2011 als Oberärztin im Spital Burgdorf: Ein schwerkranker Patient verweigerte jede Behandlung; seine Angehörigen hatten unterschiedliche Erwartungen. Unsere Diagnosen blieben zunächst unklar, und so setzten wir uns mitten in der Nacht zusammen, um gemeinsam über den Behandlungsverlauf zu entscheiden. Durch genügend Zeit und Erklärungen konnte der Patient eine Entscheidung treffen, die auch seine Angehörigen unterstützten. Diese gemeinsame Entscheidungsfindung war für uns alle stimmig und bestätigte, dass wir den Patienten in seinem Sinne begleiten konnten. Das Schicksal wollte es, dass kurz darauf eine Arztkollegin das Spital verliess, die bis anhin die Palliativthemen betreut hatte und mir diesen «Ordner» übergab.

Wie hat die Arbeit in der Palliative Care Ihre Sicht auf das Leben und Sterben verändert?

Die Palliative Care hat meinen Blick auf Leben und Sterben hinsichtlich der Zukunft geprägt. Jederzeit kann eine schwere Erkrankung alle Pläne durchkreuzen. Dies ist mir immer bewusst – und als Folge davon habe ich eine ausgeprägte Dankbarkeit für alle und alles, was mir am heutigen Tag begegnet und mich bereichert.

Und wie hat sich die Palliative Care in den letzten Jahren verändert?

Die Akzeptanz und Wertschätzung der Palliative Care ist sicher gestiegen. Für mich geht dieser gesellschaftliche und politische Prozess zu langsam vorwärts. Es ist immens wichtig, dass alle Betroffenen schnellen und unkomplizierten Zugang zu einer qualitativ hochstehenden Palliativversorgung finden. Dadurch kann viel Leid erspart werden. Dafür, dass die Sterblichkeit 100 Prozent beträgt und wir alle – wenn auch zeitlich versetzt – im gleichen Boot sitzen, wird das Thema noch zu oft tabuisiert.

Verwandte Themen

Risikoschwangerschaft – und jetzt?

Sponsored Content
12. Juni 2024 10:22 Uhr

Was für ein K(r)ampf!

Sponsored Content
10. April 2024 08:52 Uhr