Grosses Interesse an Homeschooling überlastet Aargauer Schulen
Die hochansteckende Coronavariante Omikron bahnt sich ihren Weg durch den Kanton und seine über 200 Schulen. «Wie beim Mikado» seien die Ausfälle, sagt Schulleiter und Grossrat Jürg Baur (Die Mitte).
Am letzten Mittwoch waren 81 Aargauer Schulklassen in Quarantäne. Schülerinnen, Schüler und Lehrpersonen stecken sich reihenweise an, Schulleitungen müssen immer neu Stellvertretungen und Quarantäne organisieren. Hinzu kommen Anfragen besorgter Eltern wegen der erweiterten Maskenpflicht; manche wollen deswegen ihr Kind gar nicht mehr in die Schule schicken und beantragen Homeschooling. Kurz: Die Schulen sind am Anschlag.
Neue Strukturen und Lehrplan würden genug fordern
Dabei wären sie mit der Neuressourcierung, dem neuen Aargauer Lehrplan und den neuen Führungsstrukturen, die am 1. Januar in Kraft getreten sind, auch ohne Pandemie genug gefordert, wie Jürg Baur sagt.
Das betrifft aber nicht nur die Schule vor Ort, sondern insbesondere auch die kantonale Schulaufsicht. Diese ist etwa beim privaten Homeschooling für die Kontrollen verantwortlich. Und die Gesuche für privaten Unterricht sind mit der Pandemie massiv angestiegen. «Die Folge davon ist, dass die Aufgaben umverteilt werden und das führt zu einer zusätzlichen Belastung der Schulleitungen», sagt Jürg Baur.
Fragen nach Zuständigkeiten
Die Mitte ist zusammen mit der SP per Interpellation an den Regierungsrat gelangt. Es komme oft vor, dass die Schulen vor Ort Aufgaben betreffend Homeschooling übernehmen müssten, schreiben die Interpellanten, doch: «Es darf und kann nicht sein, dass vereinzelte Schulen, in der sowieso bereits herausfordernden Situation, mit weiteren Zusatzaufgaben belastet werden.» Vom Regierungsrat wollen sie wissen, ob die Schulaufsicht wegen der Pandemie oder der neuen Führungsstrukturen ihren Aufgaben derzeit zu wenig nachkommen kann, ob und wo Massnahmen zur Behebung von Engpässen geplant sind und ob die Schulaufsicht personell überhaupt genügend dotiert sei, um alle anstehenden Zuständigkeiten zu bewältigen.
«Wir möchten eine moderne Schule, die sich weiterentwickeln kann», sagt Jürg Baur. Auch das Tagesgeschäft dürfe in Schulen und bei der Schulaufsicht also eigentlich nicht zu kurz kommen, was es derzeit aber tue.
Auf unbefriedigende Situation aufmerksam machen
Ob die Schulen drei Monate auf die regierungsrätliche Antwort warten können, bezweifelt Baur zwar, dafür sei es zu dringend. Die Interpellanten hoffen aber darauf, dass ihr Anliegen schon vorher vom Bildungsdepartement aufgenommen wird. «Mit diesem Vorstoss möchten wir auf die unbefriedigende Situation aufmerksam machen», meint Jürg Baur.
Er versteht ihn denn auch nicht nur als Lösungsansatz für die akuten Probleme. Angesichts der vielen Veränderungen im Aargauer Schulwesen müssten die Zuständigkeiten vielleicht sowieso überarbeitet werden.
Grosser Rat wies im Herbs strengere Regeln zurück
Der Grossrat wünscht sich sowieso manchmal mehr Weitsicht: Hätte das Parlament etwa im vergangenen Herbst die Regeln für privates Homeschooling verschärft, wäre die Situation für die Schulen vielleicht jetzt eine andere, findet Jürg Baur. Das hatte er zusammen mit den SP-Grossrätinnen Colette Basler und Simone Brizzi sowie Grünen-Grossrätin Ruth Müri gefordert. Der Grosse Rat lehnte das aber mit 71 Nein- zu 60 Ja-Stimmen ab. «Genau darum, damit die Gesuche nicht einreissen, wollten wir strengere Regeln», so Baur. Jetzt brauche es halt andere Massnahmen.