Taskforce spricht von «zweitem Omikron Buckel» und: 20 Prozent sind nach fünf Tagen Isolation noch ansteckend
Gibt es eine zweite Omikron-Welle?
So sieht es aktuell aus. Auch die Taskforce spricht auf Anfrage von einem «zweiten Buckel» der Omikron-Welle. Seit dem 20. Februar werden täglich wieder mehr Infektionen gemeldet. Zusätzlich hat der Anteil positiver PCR-Tests ein Allzeithoch von 61 Prozent erreicht. Das bedeutet zusätzlich zu den 21’000 täglichen Infektionen eine hohe Dunkelziffer von nicht entdeckten Fällen. Patrick Mathys vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) geht davon aus, dass die tatsächliche Zahl dreimal höher ist.
Warum entspannt sich die Situation nicht weiter?
Dass die Fallzahlen nun wieder ansteigen ist eine Folge der Aufhebung der Massnahmen Mitte Februar und auch der infektöseren Omikron-Variante BA.2 aus Dänemark. Diese hat die Schweiz erreicht und ist bereits für 40 Prozent aller Infektionen verantwortlich. Erst wenn die grosse Mehrheit der Bevölkerung eine bessere Immunität gegen Omikron entwickelt hat, sinkt die Kurve wieder. Zwar gibt es in der Schweiz eine sehr grosse Immunität durch Impfung und durchgemachte Krankheit gegenüber früheren Varianten – gegenüber Omikron sind diese Leute aber nur vor schwerer Krankheit gut geschützt. Weniger gut vor einer Ansteckung.
Wie sieht es in den Spitälern aus?
Da die Hospitalisationen dem BAG stark verzögert gemeldet werden, lohnt der Blick zu den Kantonen. Im Kanton Zürich schwankt die Zahl der Coronapatienten stark, stagnieren aber seit Mitte Januar im Durchschnitt – aktuell mit einem Aufwärtstrend. Im Universitätsspital HUG in Genf hingegen sanken die Zahlen der Patienten mit Corona seit Ende Januar deutlich – und steigen seit drei Tagen wieder. Besonders stark ist der Anstieg bereits im Kanton Luzern.
Die Taskforce erwartet, dass sich die Aufhebung der Massnahmen und die Omikron-Variante BA.2 mit 10 bis 14 Tagen Verzögerung auf alle Spitäler auswirken wird. Vize-Präsident Urs Karrer sagt: «Die älteren Menschen können sich aufgrund der weitreichenden Lockerungen nicht mehr gleich gut vor einer Infektion schützen wie noch im Januar. Ausserdem hat inzwischen die Schutzwirkung der Boosterimpfung bei diesen Menschen wohl etwas nachgelassen.»
Wie sieht es in Ländern aus, wo Omikron früher auftauchte?
Dänemark oder Israel hatten viel heftigere Omikron-Wellen (allerdings wird dort auch vermehrt getestet) und diese sind nun wieder steil abgefallen, ohne das ein Wiederanstieg zu beobachten ist. Grossbritannien, das von der Pandemie immer sehr stark betroffen war, hingegen weniger von der Omikronwelle, verzeichnet einen Wiederanstieg. Bei den meisten Nachbarländern der Schweiz ist keine klare Tendenz auszumachen.
Welches sind bei Omikron die typischen Symptome?
Omikron-Patienten weisen mehr Symptome der oberen Luftwege wie zum Beispiel Schnupfen und ein Kratzen im Hals auf. Auch von Nachtschweiss und Appetitverlust berichten Omikron-Patienten häufiger. Delta verursachte mehr Lungenentzündungen und mehr Probleme beim Geschmacks- und Geruchssinn. Noch immer sehr häufige Symptome sind Kopfweh, Müdigkeit und Fieber. Kinder haben zudem nicht selten Durchfall oder müssen erbrechen.
Was tun, wenn man Symptome hat?
Viele testen sich noch immer zuerst mit den Selbsttests, die zwei bis fünf Franken pro Test kosten und in Apotheken und Kiosken erhältlich sind. Die Zuverlässigkeit ist jedoch nicht sehr hoch. Ein PCR-Test in einem Testcenter gibt mehr Sicherheit. Bei Symptomen ist dieser noch immer kostenlos. Nach wie vor gilt: Wer Corona hat, muss Personen mit einem schwachen Immunsystem schützen. Dazu zählen Senioren oder Leute, die Medikamente nehmen müssen, die ihr Immunsystem unterdrücken. Für sie kann kann eine Infektion mit Omikron gefährlich sein.
Wie läuft das nun mit der Quarantäne und Isolation ab?
Wer ein positives Testresultat bekommt, muss zuhause bleiben, sich mindestens fünf Tage isolieren und darf erst wieder unter die Leute, wenn er oder sie seit 48 Stunden keine Symptome mehr hatte. Dies kann auch mit Omikron bis zu zwei Wochen dauern. Personen im selben Haushalt oder andere, mit denen man Kontakt hatte, müssen nicht mehr in Quarantäne. Sie müssen sich aber bewusst sein, dass sie selbst ohne Symptome andere anstecken können. Es ist verantwortungsvoll, in solchen Fällen die Kontakte auf ein Minimum zu reduzieren und Maske zu tragen.
Ist man noch ansteckend, wenn man keine Symptome mehr hat, aber der Selbsttest noch positiv ist?
In den meisten Fällen nicht. Coronatests können tatsächlich positiv sein, selbst wenn man nicht mehr ansteckend ist. Selbsttest messen wie die anderen Antigen-Schnelltests, ob noch Virus-Proteine, welche die Virus-RNA ummanteln, im Körper sind. Sie können noch da sein, wenn sich das Virus schon nicht mehr im Körper vervielfältigen kann. Auch PCR-Tests können länger positiv sein, als der Mensch ansteckend ist.
Doch Vorsicht: Infektiologe Urs Karrer von der Taskforce gibt zu bedenken, dass rund 20 Prozent der Infizierten nach fünf Tagen immer noch infektiös sind. Die jetzige Regelung sei ein Kompromiss um unnötige Arbeitsausfälle von all jenen rund 80 Prozent der Personen zu verhindern, die nach 5 Tagen und bei Symptomfreiheit nicht mehr infektiös sind. «Deshalb sollte man nach der fünftägigen Isolation für weitere fünf Tage Risikobegegnungen vermeiden, zum Beispiel Besuche in Spitälern und Altersheimen», rät Karrer.
Sind PCR-Test bei Omikron weniger zuverlässig? Es wurden Fälle bekannt, wo der PCR-Test negativ war, aber der Schnelltest positiv.
Laut Urs Karrer von der Covid-19-Taskforce des Bundes sind PCR-Tests nach wie vor sehr zuverlässig. Die wichtigste Fehlerquelle sei die Qualität des Abstrichs.
Sollte man den Abstrich des Selbsttestes besser im Rachen machen?
Tatsächlich finden sich die Viren bei Omikron-Infektionen vermehrt im Rachenraum und vermutlich erst etwas später in den Nasenschleimhäuten. Zusätzlich auch im Rachenraum mit dem Stäbchen einen Abstrich zu machen, kann also Sinn machen. Urs Karrer sagt dazu: «Nase UND Rachen abzustreichen macht Sinn für diejenigen, die sich das zutrauen.»
Wann macht das Tragen von Masken noch Sinn?
Überall dort, wo die Viruskonzentration hoch sein könnte und man sich länger aufhält. Denn wer eine grosse Virenmenge abbekommt, erkrankt tendenziell schwerer. Während man beim Einkaufen nirgends lange stehen bleibt, ist es in vollen Pendlerzügen nicht nur sinnvoll eine normale Hygienemaske sondern auch mal eine FFP2-Maske zu tragen. Immunologen wie Christian Münz von der Universität Zürich erachten es sogar als positiv, mit Omikron in Kontakt zu kommen, wenn die Virenmenge nicht übermässig ist – und solange man durch den Booster noch gut geschützt ist.
Am schlechtesten schützen kann man sich vor infizierten Haushaltsmitgliedern. «Bei einem Infektionsfall in der Familie heisst Isolation, dass sich die infizierte Person von den anderen isoliert», sagt Urs Karrer. Das heisst, dass sich die kranke Person in einem separaten Raum aufhalten sollte und dass alle eine Maske tragen, wenn sich die infizierte Person im gleichen Raum befindet. Allerdings: Weil Omikron bereits vor Symptombeginn hoch ansteckend ist, kommt es dennoch oft zu einer Infektion aller Haushaltsmitglieder.
Zudem ist die Isolation von Kleinkindern nicht möglich. Die Anzahl Viren, denen Eltern ausgesetzt sind, könnte mit häufigem Lüften und mit konsequentem Tragen einer FFP2-Maske immerhin reduziert werden.
Auch manche Kindertagesstätten greifen nun wieder auf Masken zurück, dies um zu viele Krankheitsfälle auf einen Schlag verhindern zu können. An manchen Schulen finden nun zum Beispiel auch die Besuchstage erneut nicht statt.