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Quarantäne für mehr als 7000 Personen im Aargau fällt ab sofort weg – braucht es das Contact-Tracing überhaupt noch?

Mit den Lockerungen des Bundesrats wird die fünftägige Quarantäne für fast 7300 enge Kontaktpersonen von Infizierten im Aargau aufgehoben. Vor zwei Wochen sprach sich die Regierung gegen den Wegfall der Quarantäne aus – nun stellt sich die Frage, ob das Contact-Tracing-Center des Kantons noch notwendig ist.

Diese Woche mussten im Aargau 7292 Personen neu in Quarantäne: 5822 am Montag und 1472 am Dienstag. Nach den geltenden Regeln müssten diese Aargauerinnen und Aargauer nun fünf Tage in Quarantäne bleiben. Doch mit dem Entscheid des Bundesrats vom Mittwoch, die Kontaktquarantäne aufzuheben, ist dies nicht mehr der Fall. Für die kantonsweit knapp 7300 Betroffenen entfällt ab Donnerstag die Quarantäne.

Der Bundesrat kann die Quarantäne so kurzfristig aufheben, weil er diese Lockerungsmassnahme den Kantonen schon vor drei Wochen zur Stellungnahme vorgelegt hat. In seiner Eingabe vom 17. Januar sprach sich der Aargauer Regierungsrat noch gegen diesen Vorschlag aus. Der Kanton wolle an der Quarantäne festhalten, hiess es im Schreiben der Regierung.

Er begründete dies vor allem damit, dass nur noch Personen aus demselben Haushalt oder mit ähnlich engem Kontakt überhaupt in Quarantäne müssten. Diese Personen hätten eine hohe Wahrscheinlichkeit, sich mit dem Coronavirus anzustecken, so die Aargauer Regierung vor zwei Wochen. Sie schlug aber vor, dass Quarantäne nicht mehr behördlich angeordnet werden soll, sondern sich enge Kontaktpersonen freiwillig in Selbstquarantäne begeben sollen.

Quarantäne fällt um Mitternacht, auch wenn Verfügung darüber hinausgeht

Obwohl der Kanton gegen die Aufhebung der Quarantäne war, wird diese im Aargau rasch umgesetzt. «Personen, die sich in Quarantäne befinden, können diese heute Mittwoch um Mitternacht verlassen», teilte die Staatskanzlei kurz nach der Medienkonferenz des Bundesrats mit. Dies gilt auch, wenn sie bereits eine Verfügung erhalten haben, die den Verbleib in Quarantäne über den heutigen Tag hinaus vorsieht.

Der Entscheid, die Quarantäne aufzuheben, hat auch Auswirkungen auf das Contact-Tracing Aargau, das seit dem 17. Januar automatisiert ist: Wer positiv getestet wird, erhält per SMS oder Mail einen Link und muss sich in einem Onlineformular registrieren. Die Automatisierung erfolgte aufgrund der hohen Fallzahlen – für die Conti-Angestellten war es bei bis zu 3200 Neuinfektionen pro Tag nicht mehr möglich, alle Betroffenen zu kontaktieren.

Infizierte können keine Kontaktpersonen mehr online erfassen

In den letzten zwei Wochen mussten Infizierte auch ihre engen Kontaktpersonen, die sich möglicherweise angesteckt haben könnten, selber erfassen. Diese erhielten dann eine Benachrichtigung und konnten online eine Quarantäneverfügung beziehen. Diese Praxis wird nun aufgehoben: «Personen mit einem positiven Testresultat können ab sofort bei der Selbstregistrierung zum Bezug der Isolationsverfügung keine Kontaktpersonen mehr angeben», teilt die Staatskanzlei mit.

Auch das automatische Ausstellen von Quarantäneverfügungen ist ab sofort nicht mehr möglich. Wer sich als Kontaktperson bereits in Quarantäne begeben hat und für den Arbeitgeber eine entsprechende Verfügung benötigt, kann sich per Mail unter coronavirus@ag.ch melden. Die Quarantäneverfügung wird den Betroffenen danach zugestellt.

Contact-Tracing vorgeschrieben, solange Isolationspflicht gilt

Mit der Aufhebung der Quarantäne für enge Kontaktpersonen stellt sich die Frage, ob es das Contact-Tracing im Aargau überhaupt noch braucht. Matthias Gerth, Sprecher des Covid-19-Programms, sagt auf Anfrage:

«Solange eine Isolationspflicht gilt, sind die Kantone gemäss Epidemiengesetz bei übertragbaren Krankheiten verpflichtet, in Koordination mit dem Bund Massnahmen zur Früherkennung und Überwachung von übertragbaren Krankheiten zu ergreifen.»

Gerth führt aus, der Aufwand für das Personal habe sich schon mit der Umstellung auf die automatische Selbsterfassung von Positivgetesteten und deren Kontaktpersonen seit dem 17. Januar reduziert. «Mit dem Wegfall der Quarantäne wird das Contact-Tracing natürlich einfacher. Infizierte Personen benötigen aber weiterhin Informationen», hält er fest.

Ein Arbeitsplatz im Contact-Tracing Center: Je nach Aufwand werden Mitglieder eines Personalpools von knapp 300 Personen aufgeboten.

Weiter sagt der Sprecher, das Covid-19-Programm habe einen flexiblen Personalpool von derzeit knapp 300 Personen. Diese würden nach Bedarf für Einsätze in verschiedenen Bereichen des Programms aufgerufen, auch im Contact-Tracing. «Sinkt der Bedarf, dann werden weniger Personen eingesetzt», so Gerth. Im Contact-Tracing gebe es fixe Stellenprozente nur noch bei vereinzelten Führungspersonen.

An der Medienkonferenz am Mittwoch habe der Bundesrat darauf hingewiesen, dass es im Herbst erneut eine Infektionswelle geben könnte, sagt der Sprecher des Aargauer Covid-19-Programms. «Mit unseren flexiblen Personalstrukturen wären wir in der Lage, dann oder auch früher rasch wieder ein grösseres Contact-Tracing aufzubauen, falls der Bund wieder eine Kontaktquarantäne einführen würde.»

8400 Personen begaben sich diese Woche im Aargau neu in Isolation

Auf die Isolationsbestimmungen hat der Entscheid des Bundesrats zur Aufhebung der Quarantäne keinen Einfluss: «Wer positiv auf das Coronavirus getestet wurde, bleibt weiterhin ab Symptombeginn oder dem Datum des positiven Testresultats während mindestens fünf Tage und bis zum Abklingen der Symptome (48 Stunden ohne Symptome) in Isolation», hält der Kanton fest.

Weil die Isolationszeit je nach Verlauf der Krankheit unterschiedlich ist, lässt sich nicht genau sagen, wie viele Personen im Aargau in Isolation sind. Neu in Isolation begaben sich diese Woche gut 8400 Personen, wie die Daten des Kantons zeigen. Wenn man die Zahl der positiven Fälle und jene der Isolationen seit dem 17. Januar vergleicht, ergibt sich folgendes Bild: Positiv getestet wurden in den letzten zwei Wochen total 38’497 Personen, in Isolation begaben sich in der gleichen Zeit 34’529 Personen.

Matthias Gerth sagt zu diesen Zahlen: «Wir gehen wie das Bundesamt für Gesundheit derzeit von einer hohen Dunkelziffer bei infizierten Personen aus, da viele symptomfrei sind und sich deshalb nicht testen lassen.» Darüber hinaus stelle der Kanton fest, dass die allermeisten Personen mit positivem Testresultat mit der Selbstregistrierung gut zurechtkämen.

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