Marianne Binder gibt Parteipräsidium ab – ihre Nachfolgerinnen haben bereits ein ambitioniertes Ziel
Es sei der schönste Moment in ihren acht Jahren als Parteipräsidentin gewesen, als sie damals als erste Frau in dieses Amt gewählt wurde,sagte Marianne Binder diese Woche im AZ-Interview. Dass sie das Präsidium nun nach ihrer Wahl in den Ständerat an Edith Saner und Karin Koch Wick weitergeben kann, erfülle sie mit Freude, bringe «noch mehr Schub» für die Partei.
Für Marianne Binder ist es aber auch ein emotionaler Moment, wie sie am Dienstagabend in Bremgarten am Parteitag der Mitte verkündete, dem letzten von ihr als Präsidentin. Sie blicke gerne zurück. «Wir haben viel gearbeitet», sagte Binder, an der Strategie wie an der Struktur der Partei und den angegangenen Themen. «Wir waren sichtbar, manchmal auch unbequem, und haben unseren Namen zum Programm gemacht: die Mitte.» Es sei die Partei, die den Schweizer Staat am besten trage, die «liberal und sozial» sei und «Freiheit und Verantwortung» vereine.
Das Potenzial im politischen Zentrum sei deshalb gross, ist sie überzeugt, «und kann noch viel grösser werden». Dass viele Junge zur Partei hinzugestossen seien, oder überhaupt viele neue Gesichter, bestätige ihr das. Geholfen hätten da auch die von gewissen Kreisen kritisierten Unterlisten bei den vergangenen Wahlen. «Uns haben die Listen gut getan», bekräftigte Marianne Binder.
Videobotschaft von Doris Leuthard
Die Fussstapfen sind gross, die sie im Parteipräsidium hinterlässt. Dies wurde auch aus den Worten der Wegbegleitenden klar, die sie an der anschliessenden Delegiertenversammlung verabschiedeten. Die unmittelbare Geschichte der CVP und heute der Mitte sei der starken Persönlichkeit von Marianne Binder zu verdanken, sagte Regierungsrat Markus Dieth, der nicht mit Lob sparte. Marianne Binder beschrieb er als «eine Politikerin mit Herz und Verstand, direkt, unkonventionell, einzigartig», als eine «beeindruckende, aussergewöhnliche Frau mit Charisma».
Eine Videobotschaft für Marianne Binder hinterlassen, da sie aktuell auf Reisen ist, hat die ehemalige Bundesrätin Doris Leuthard. «Parteiarbeit ist Knochenarbeit, verbunden mit Kritik», erinnerte sie. «Man setzt sich ein und eben auch aus.» Entsprechend bedankte sie sich für Binders Einsatz. «Du bist ein Vorbild für viele, eine tolle Frau.»
Persönlich vor Ort ehrte sie auch Gerhard Pfister, Präsident der Mitte Schweiz. Er bedankte sich für die grosse Unterstützung von Binder beim Reformprozess der Partei, bei dem ihr die Leidenschaft und der volle Einsatz nie gefehlt hätten.
Dass sie eine «begnadete Wahlkämpferin» ist, wie er sagte, unterstrich auch Edith Saner, die nun gemeinsam mit Karin Koch Wick als Co-Präsidentin der Mitte Aargau ihr Amt übernimmt: «Es ist einfach so: Marianne Binder ist eine Kampfsau, wenn es um Wahlen geht.»
Wahlziel: Zuwachs von 18 auf 21 Sitze
Edith Saner, Grossrätin und ehemalige Frau Gemeindeammann von Birmenstorf, bestätigte an der Versammlung, dass sie früher keine Anhängerin von Co-Präsidien gewesen sei. «Ich merke aber: Wir sind in der Mitte gefordert, Modelle auszuprobieren, die für die Zukunft der Partei wichtig sind.» Allenfalls könnte man dereinst eine junge Person mit einer erfahrenen zusammentun. «Unsere Partei wird es nicht mehr geben, wenn wir die Jungen nicht stärken und deren Anliegen aufnehmen.»
Diese Mischung von jung und alt lebe nicht zuletzt bereits die Bremgarter Ortspartei nach: Dort agieren die neue kantonale Co-Präsidentin Karin Koch Wick mit ihrer Tochter Jacqueline zusammen.
Dem neuen kantonalen Führungsduo gab Alfons Paul Kaufmann, Grossrat und Fraktionspräsident, an der Versammlung in Bremgarten bereits eine ambitionierte Aufgabe mit auf dem Weg: Das Wahlziel der Mitte sei, die Anzahl Sitze im Grossen Rat von 18 auf 21 zu erweitern. «Das ist machbar.»
Parolen alle praktisch einstimmig gefasst
Vor der Neuwahl des Präsidiums fasste die Mitte noch die Parolen für die Abstimmungen vom 9. Juni. Ein einstimmiges Ja gab es für den Klimaparagrafen in der Kantonsverfassung, dasselbe empfiehlt der Parteivorstand für das Stromversorgungsgesetz. Ebenso einstimmig, aber Nein, lautet die Vorstandsparole zur Anti-Impfpflicht-Initiative.
Die eigene Initiative für eine Kostenbremse bei den Krankenkassenprämien unterstützt die Mitte Aargau mit 100 Stimmen bei 7 Enthaltungen, die Deckelung der Prämien bei 10 Prozent des Einkommens, wie es eine SP-Initiative verlangt, lehnt die Versammlung mit 109 Stimmen und 5 Enthaltungen ab.