So sieht die neue Brandschutz-Kleidung der Aargauer Feuerwehren aus
Nicht gelbbraun wie in Küttigen oder hellgrün wie im oberen Seetal – rot-dunkelblau ist sie, die neue «Aargauer Uniform». Mit dieser Brandschutzausrüstung, welche die Aargauische Gebäudeversicherung (AGV) den Feuerwehren im Kanton vermieten will, sollen gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden. Es ist ein Pilotprojekt, schweizweit einzigartig.
Der Submissions-Ärger mit den Jacken und Hosen, der mehrere Gerichtsverfahren nach sich zog, ist verflogen. Urs Ribi, interimistischer Vorsitzender der AGV-Geschäftsleitung, Hanspeter Suter, Abteilungsleiter Feuerwehrwesen a.i. und Fachspezialist Marco Lüscher haben die ersten neuen Modelle erhalten und sie der AZ vorgestellt. Ribi kann den Stolz nicht verbergen: «Es war ein langer Weg. Umso mehr freut es uns, dass wir nun loslegen und den Feuerwehren bald etwas Gutes offerieren können. Unser neues Material ist qualitativ top; absolut vom Feinsten.»
Die Idee: Künftig sollen die Aargauer Feuerwehren nicht mehr selber für ihre Ausrüstung sorgen müssen. Für 97 Franken pro Person und Jahr mieten sie Brandschutzjacke und -hose, Schuhe und Handschuhe samt Unterhalt. Innert fünf Arbeitstagen sollen defekte Uniformen gereinigt und geflickt oder neue geliefert werden. Die Logistik wird von der Firma Brandschutz Ettiswil übernommen. Helme gehören aktuell nicht zum Angebot; zu unterschiedlich sind die Atemschutzausrüstungen in den einzelnen Feuerwehrorganisationen, die auf den Helm passen müssen. Eine Vereinheitlichung ist Zukunftsmusik.
Die Uniformen sehen, logisch, alle gleich aus und tragen das AGV-Logo sowie die Aufschrift «Aargau» auf Hüfthöhe am Rücken. Ein Stoffschild mit dem Namen der Feuerwehrorganisation wird künftig mit Klettverschluss am Rücken angebracht. Am Ärmel hat’s Platz für das Logo und das Gradabzeichen, vorne für Namen und Funktion – alles reversibel.
Die AGV liess die Standard-Uniform des Lieferanten anpassen; fügte weitere rote Farbakzente hinzu sowie funktionelle Features. Eine Halterung für die Knickkopflampe etwa, oder eine zusätzliche Messertasche am Bein.
Auch die sogenannten «Abstandhalter» im Schulterbereich waren ein Extrawunsch: Das sind Rillen, die für eine bessere Luftzirkulation sorgen sollen. Denn Feuerwehrleute leisten körperliche Schwerstarbeit und sind dabei auf Kleidung angewiesen, die zwar schützt, aber eben auch möglichst angenehm zu tragen ist. Da kommt es auf Kleinigkeiten an: Lüscher verweist darauf, dass auch die Reflektoren nicht durchgehend aus Plastik sind, sondern aus Textil – das ist atmungsaktiver.
Ein Set ist um die 1500 Franken wert
Im Aargau gibt es gut 11’200 Feuerwehrleute. Davon benötigen rund 8000 Brandschutzkleidung. «Unser Ziel ist, in wenigen Jahren 6000 Sets im Umlauf zu haben», so Hanspeter Suter. Im Schnitt leistet eine Feuerwehrperson im Aargau zehn Jahre Dienst. Aber nicht unbedingt am Stück, nicht immer beim selben Korps; manche sind sogar in mehreren eingeteilt Künftig brauchen sie nur noch die Klettabzeichen zu wechseln, die Uniform bleibt gleich – so ist es zumindest gedacht.
Wenn jemand austritt, geht die gemietete Uniform zurück ins Lager. «Das ist sehr viel nachhaltiger – man muss in den Magazinen nun keine grossen Vorräte mehr haben. Wenn jede Feuerwehr zehn Uniformen im Kasten hat, die niemandem passen, ist das eine riesige Ressourcenverschwendung – immerhin kostet ein Set rund 1500 Franken.»
Offiziell startet das Mietmodell am 1. Januar 2025 – «Feuerwehren, die Interesse haben, sollen sich möglichst bald melden», so Marco Lüscher. Als «Warm-up» kommen einzelne Feuerwehren bereits im kommenden Sommer 2024 dran. «Es ist uns wichtig, die Prozesse langsam hochzufahren und auszuprobieren, bis es dann Anfang 2025 richtig losgeht», so Ribi.
Vertreter der AGV – die dafür personell aufstockt – werden bei den Feuerwehren vorbeigehen und jeden und jede Feuerwehrangehörige einzeln ausmessen. Es stehen acht Grössen und sechs verschiedene Längen zur Verfügung – so sollte sich für fast jede Körperform etwas Passendes finden lassen.
Finanziert wird das Mietmodell einerseits über die Mieteinnahmen, andererseits zur Hälfte über den Interventionsfonds der AGV. Der Einkauf ist in Grossmenge günstiger. Die Feuerwehren sind nicht verpflichtet, mitzumachen. Allerdings erhalten sie nur noch für die kommenden acht Jahre Subventionen der AGV, wenn sie selber beschaffen. Ribi ist zuversichtlich, dass das neue Angebot ankommen wird: «Wir machen das ja nicht von uns aus – die Feuerwehren sind mit diesem Wunsch an uns herangetreten. Die ganze Bewirtschaftung der Ausrüstung ist für sie sehr aufwändig. Mit der Mietuniform müssen sie sich um nichts mehr kümmern.»
Aargau und Luzern erhalten zwei neue Brandsimulatoren
Die AGV freut sich auch über eine weitere Neuanschaffung: zwei mobile Brandsimulationsanlagen. Sie ersetzen die beiden bisherigen, die die AGV gemeinsam mit ihrem Luzerner Pendant betreibt. Die 1,8 Millionen Franken werden zu 60 Prozent von den Aargauern und zu 40 von den Luzernern getragen. Dieser Tage kommt die Anlage nach Reussbühl LU ins Ausbildungszentrum.
Ab Januar 2024 wird sie eingesetzt, im April zum ersten Mal im Aargau. Die beiden Container unterscheiden sich im Innenausbau; einer simuliert eine verwinkelte Werkstatt- und Garagensituation, der andere Wohnzimmer und Küche. Der Container lässt sich, wie ein modernern Wohnwagen, seitlich ausfahren und hat sogar eine Wendeltreppe. Geübt wird mit gasbetriebenem Echtfeuer: Urs Ribi schwärmt von der «Qualität der Beflammung».