Asylsuchende als Arbeitskräfte: Wie Müri, Flach und Bircher die Stimmen der Baumeister gewinnen wollen
Für Ruth Müri, Beat Flach und Martina Bircher war es ein idealer Anlass, um ihre Kompetenzen im Bildungs- und Asylbereich zu präsentieren. Die Anwärterinnen und der Anwärter auf den frei werdenden Regierungsratssitz sind auf Stimmenfang. Anlass dazu bot das Podiumsgespräch des Aargauer Baumeisterverbands vom Mittwochabend im Kongresshaus Aarau. Der Abend widmete sich den Themen Fluchtmigration und Bauwirtschaft: Ist es eine Herausforderung oder auch ein Chance?
Keine abstrakte Asyldebatte
Im Mittelpunkt der Podiumsrunde standen aber nicht die Politikerinnen und Politiker, sondern Ezatollah Ahmadi. Der Maurerlehrling war aus Afghanistan geflüchtet.
Seit acht Jahren arbeitet er bei der Birchmeier Bau AG, spricht fliessend Deutsch. Er erzählte seine Geschichte: von der Flucht vor der Kalaschnikow, illegaler Bauarbeit im Iran, der gefährlichen Überfahrt im kleinen Schlauchboot nach Europa und wie er seine Familie, die noch in Afghanistan lebt, dieses Jahr besuchen konnte. Und feststellte, es geht ihr nicht gut.
Der afghanische Maurerlehrling zeigte dem Publikum beispielhaft, wie Integration gelingen kann. Zugleich wies sein Arbeitgeber darauf hin, dass die Integration in den Arbeitsmarkt weit weniger reibungslos läuft, als es sich die Baubranche wünscht.
Gesucht: Schnelle, unkomplizierte Lösungen
Die Herausforderung an die Politikerinnen und Politiker stand damit im Raum. Sie mussten konkrete Lösungen präsentieren – ohne sich hinter einer asylpolitischen Grundsatzdebatte verstecken zu können.
Am schwierigsten war die Situation für Martina Bircher. Die Regierungsratskandidatin sagt denn auch zu Beginn: «Ich trage hier zwei Hüte.» Die SVP-Nationalrätin ist auch Sozialvorsteherin von Aarburg. Auf nationaler Ebene setzt sie sich für eine restriktive Gesetzgebung in der Asylpolitik ein. In Aarburg setzt sie die Gesetze um und sucht Lösungen, damit Asylsuchende nicht von der Sozialhilfe abhängig sind.
Auf die Geschichte des Maurerlehrlings entgegnet sie, dass sie dessen Flucht über sichere Drittstaaten sowie den Besuch in der Heimat rechtlich nicht unterstütze. Als Sozialvorsteherin sehe sie zudem ein breiteres Spektrum von Asylsuchenden: Nicht alle seien so motiviert wie Ezatollah Ahmadi. Zu ihm sagt sie dann doch: «Hut ab vor dieser Leistung.»
Für Ruth Müri, die grüne Badener Stadträtin und Präsidentin des Schulvorstands, zeigt die Geschichte des Maurers, wie Asylpolitik für Geflüchtete und Arbeitgeber eine Chance sein kann. Sie plädiert für schnelle Verfahren und die Möglichkeit, sofort mit der Integration zu beginnen: «Grundkompetenzen wie die Sprache müssen möglichst schnell erworben werden können.»
Flach kommt zu spät und heizt ein
Mit Verspätung trifft auch Beat Flach ein, man habe im Nationalrat noch die Abstimmung zur Individualbesteuerung gewinnen müssen, so die Entschuldigung. Karin Faes strahlt ob der Nachricht.
Die FDP-Grossrätin und Vorstandsmitglied des Baumeisterverbands hatte an diesem Abend ein Heimspiel, das sie geschickt nutzte, um die Anliegen der Branche auf dem Podium auszubreiten und beim Apéro verschiedene Akteurinnen aus Bildung, Bau und Politik zusammenzubringen.
Mit Flachs Anwesenheit heizte die Debatte auf. Denn der GLP-Nationalrat und Baujurist fordert, dass man Asylsuchende nicht erst warten und dann Deutsch pauken lassen sollte: «Sie müssen so schnell wie möglich in Arbeitsprozesse integriert werden.» Eine Provokation sowohl für Bircher wie für Müri.
Bircher ortete die Schuld für lange Wartezeiten und komplizierte Integration in den Arbeitsmarkt bei den linken Parteien: Deren Kritik an Lohndumping verunmögliche es, dass Asylsuchende rasch Arbeit finden könnten.
Das wollte Ruth Müri nicht auf sich sitzen lassen: «Die Arbeit muss für Asylsuchende auch existenzsichernd sein, kein Hangeln von Hilfsjob zu Hilfsjob.» Deshalb seien ein Lehrabschluss und genügende Deutschkenntnisse unabdingbar.
Flach ergänzte, Asylsuchende sollten während der Ausbildung durch die Betriebe gut betreut werden. Dann richtete er sich ans Publikum und fragte, was sich die Branche wünsche. Die Antwort kam prompt: einfache Vernetzungsmöglichkeiten zwischen Asylsuchenden und Arbeitgeber schaffen.