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Karin Keller-Sutter findet Vance-Rede «sehr schweizerisch»: Deutliche Kritik von alt Bundesrat Couchepin

Karin Keller-Sutter lobte die Rede von US-Vize J.D. Vance als «sehr schweizerisch» und erntet dafür viel Unverständnis. Nun kritisiert auch Ex-FDP-Bundesrat Pascal Couchepin die Aussagen der Bundespräsidentin.

«Ein Plädoyer für die direkte Demokratie» und «sehr schweizerisch» sei die Rede von US-Vizepräsident J.D. Vance an der Münchner Sicherheitskonferenz gewesen, sagt Karin Keller-Sutter in einem amSamstag veröffentlichten Interview mit «Le Temps». Auch gab sie zu Protokoll, viele der Werte, die Vance angesprochen habe, zu teilen.

Mit den Äusserungen provozierte Keller-Suteter mindestens Stirnrunzeln, aber vielerorts auch Empörung – nicht nur bei den Grünen, welche die Bundesrätin in einem Communiqué scharf kritisierten.

Dass ausgerechnet J.D. Vance als Teil jener US-Regierung, die gerade im Begriff ist, das demokratische System im eigenen Land mit der Abrissbirne zu demolieren, sich Sorgen um Europas Demokratie macht, scheint zynisch. Mehr noch, als dass Vance China und Russland als weniger gefährlich für die Demokratie in Europa betitelt hatte, als es die hiesige «Gefahr im Inneren» sei.

Auch ein prominenter Parteikollege von Keller-Sutter sieht die Äusserungen von Trumps Vize in einem anderen Licht. Deshalb kritisiert Ex-FDP-Bundesrat Pascal Couchepin die St.Gallerin im«SonntagsBlick»mit deutlichen Worten. Keller-Sutter sei eine hervorragende Bundesrätin, aber:

«Sie hat wenig Interesse an der liberalen Philosophie.»

«Wenig Interesse an der liberalen Philosophie»: Pascal Couchepin kritisiert Karin Keller-Sutter.
Bild: Anthony Anex / Keystone

Der alt Bundesrat führt aus:

«In einer Demokratie hat man Gegner, aber keinen Feind im Inneren, wie der amerikanische Vizepräsident behauptet.»

Couchepin, Bundesrat von 1998 bis 2009, erklärt weiter, dass Liberalismus keineswegs nur bedingungslose Kapitalhörigkeit bedeutet:

«Liberalismus ist mehr als eine Wirtschaftsdoktrin. Liberalismus denkt langfristig, schätzt den Wert von Institutionen, wirft nicht von heute auf morgen alles über den Haufen oder droht mit Zöllen.»

Pascal Couchepin sass elf Jahre lang für die FDP im Bundesrat.
Bild: Peter Klaunzer / Keystone

Was in Washington derzeit abgehe, hat nach Ansicht des 82-Jährigen wenig mit Liberalismus zu tun – im Gegenteil:

«Ich sehe in Washington aktuell keine liberale Haltung, sondern eine Facette von Amerika mit imperialistischen Zügen.»

Keller-Sutters Sprecher Pascal Hollenstein versuchte derweil, die Botschaft der kellerschen Aussagen zu korrigieren. Die Bundespräsidentin habe sich nur auf den Aspekt der Meinungsäusserungsfreiheit und der demokratischen Teilhabe in Vances Rede bezogen. Dies gehe aus dem Original-Interview hervor, so der Sprecher.(con/watson.ch)

J.D. Vance als Verteidiger der europäischen Demokratie und «sehr schweizerisch»? Zweifel sind berechtigt.
Bild: Ronald Wittek / EPA

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