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Nach Kampagnenvideos von Rimoldi und Co.: Parlamentsleitung nimmt Politwerbung aus der Wandelhalle ins Visier

Das Bundeshaus dient zunehmend als Bühne für Politwerbung – nicht nur für gewählte Politikerinnen und Politiker, sondern auch für Lobbys und andere Gruppen. Bald könnte die Hausordnung solche Werbeaktionen verbieten.

Das Bundeshaus mit seinem grünen Kuppeldach hat hierzulande einen Wiedererkennungswert wie nur wenige andere Bauten. Das gilt auch für das Innere. Politisch Interessierte kennen nicht nur National- und Ständeratssaal, sondern auch die Wandelhalle oder die Kuppelhalle mit den Statuen der drei Eidgenossen. Sie sind das Bühnenbild unserer halbdirekten Demokratie.

Und in diesem Bühnenbild inszenieren zahlreiche Akteure ihre Anliegen. So ist es üblich geworden, dass Partei- und Verbandssekretariate sowie professionelle Campaigningfirmen vor Abstimmungen Kampagnenvideos mit den Parlamentsmitgliedern drehen, die entweder für ein Nein oder ein Ja werben.

Hausordnung wird überprüft

Doch nicht nur gewählte Volksvertreterinnen und -vertreter nutzen das Bundeshaus als Bühne. Auch Lobbyisten und andere Personen mit Zugang zum Bundeshaus setzen sich dort in Szene. Zu reden gegeben haben in jüngster Vergangenheit etwa Video- und Fotoaufnahmen von Nicolas A. Rimoldi, dem Präsidenten der massnahmenkritischen Bewegung Mass-Voll.

Rimoldi verfügte bis vor kurzem über einen Bundeshausbadge, den ihm Erich Vontobel gegeben hatte. Vorletzte Woche entzog der EDU-Nationalrat Rimoldi den Bundeshauszugang wieder. Dies als Reaktion auf Rimoldis Forderung, die Zürcher GLP-Politikerin Sanja Ameti wegen ihrer Schüsse auf ein Bild von Maria und dem Jesuskind zu «deportieren».

Schon davor war Rimoldi wiederholt mit aggressiver Rhetorik gegen die Parlament und Regierung auf («Wir müssen die Feinde im Inneren vernichten. (…) Fahrt zur Hölle!») – und nutzte gleichzeitig das Parlamentsgebäude als Bühne. Auch als Folge befasste sich die sechsköpfige Verwaltungsdelegation des Parlaments, bestehend aus den Präsidien von National- und Ständerat, mit dem Thema(CH Media berichtete).

Das Gremium habe dabei «verschiedene Vorfälle zur Kenntnis genommen, die die Durchsetzung des Hausrechts erforderten», wie die Parlamentsdienste auf Anfrage schreiben. «Die Verwaltungsdelegation prüft aktuell, ob eine Revision der Hausordnung angezeigt ist, und hat entsprechende Aufträge erteilt.»

Am Rande der laufenden Herbstsession erläutert Nationalratspräsident Eric Nussbaumer (SP/BL) – von Amtes wegen Vorsitzender der Verwaltungsdelegation – die Stossrichtung der möglichen Hausrechtsrevision: «Wir prüfen, ob es strengere Richtlinien für Film- und Fotoaufnahmen für Abstimmungskampagnen und Wahlkampagnen braucht.»

«Unreguliertes Treiben bei der Filmerei»

Diese Frage dränge sich nicht nur aufgrund verschiedener Vorfälle mit Nicolas A. Rimoldi auf, betont Nussbaumer: «Die Parlamentsleitung stellt schon seit längerem fest, dass das Innere des Bundeshauses zunehmend als Kulisse für politische Werbung gebraucht wird.»

«Bundeshaus wird zunehmend für politische Werbung genutzt»: Nationalratspräsident Eric Nussbaumer (SP/BS).
Bild: Andrea Zahler

Im Gegensatz zu den akkreditierten Medienschaffenden, für die es bezüglich Film- und Fotoaufnahmen klare Regeln und bei Verstössen dagegen Sanktionsmöglichkeiten gebe, «herrscht bei der Filmerei für politische Werbung ein unreguliertes Treiben.» Die Verwaltungsdelegation prüfe deshalb, ob Anpassungen der Hausordnung in diesem Bereich sinnvoll und durchsetzbar seien.

Denkbar ist auch, dass sich auch Ratsmitglieder bei Aufnahmen an gewisse Regeln halten müssten. «Bei allfälligen neuen Regeln würden die Rechte der gewählten Volksvertreterinnen und Volksvertreter im Bundeshaus wohl anders bewertet als etwa bei Lobbyisten, Gästen oder Mitarbeitenden von Verbänden und Parteien», so Nussbaumer.

Die Arbeiten für eine mögliche Anpassung der Hausordnung sind gemäss Parlamentsdiensten aktuell im Gange; definitive Beschlüsse sind noch keine gefällt worden.