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Tod dem Babyface! Wer schön sein will, muss alt aussehen

Kylie Jenner ist 25 Jahre alt. Ihre Schwester Kim Kardashian 42. Model Bella Hadid ist 26. Jennifer Lopez ist 53. Ex-«One Direction»-Sänger Liam Payne ist 29. Sänger Pharrell Williams ist 49. Trotzdem sehen sie plötzlich alle irgendwie gleich aus – und vor allem nicht so alt, wie sie sind.

Als ich früher in Clubs wollte, hiess es jedes Mal «Ausweis!» Auch als ich längst volljährig war, wurden sogar jüngere Kollegen kommentarlos durchgewinkt, nur ich nicht. Denn ich hatte ein Babyface. Und ich habe es gehasst. Viel dagegen machen konnte ich nicht. Heute ist das anders. Nicht nur, weil es sich inzwischen verabschiedet hat, sondern weil man heute seinem Babyface quasi schon als Baby den gar aus machen kann. Dank «Buccal Fat Removal».

Während es lange darum ging, jede Falte zu killen, lassen sich Stars beim aktuellen Schönheitstrend scheinbar reihenweise das Fett aus den Pausbacken saugen. Das Ergebnis sind eingefallene Wangen und ein paar Jährchen mehr auf dem Gesicht. So wie bei Bella Hadid, «Glee»-Star Lea Michele oder Schauspielerin Zoe Kravitz – zumindest angeblich. Gut möglich, dass sie auch mit Make-Up nachgeholfen haben. Oder einfach beim posieren die Backen einsaugen, um den sogenannten «High Fashion»-Look zu bekommen. Die Einzige, die bisher offen zu diesem Eingriff steht, ist Chrissy Teigen.

Chrissy Teigen, Model und Ehefrau von Sänger John Legend.
Keystone

Das Problem: Wenn man dann tatsächlich älter wird, lässt sich die Prozedur nicht mehr rückgängig machen und plötzlich sieht man nicht mehr «reifer» aus, sondern einfach alt. Davor warnen sogar Schönheitschirurgen.

Trotzdem rennen nicht nur Frauen dem «edgy» Look nach. Sänger Liam Payne sorgte online für einen regelrechten Aufschrei, als er sich kürzlich mit wortwörtlich mehr Ecken und Kanten zeigte. Ob das auch das Ergebnis von «Buccal Fat Removal» ist oder er sich den Kiefer verbreitern liess, kann ich nicht beurteilen. Aber das Ergebnis ist dasselbe: Älter aussehen als man ist. Erwachsener. Interessanter.

Ex-«One Direction»-Sänger Liam Payne heute und damals.
WireImage/Keystone

Das wollten junge Menschen wohl schon immer, aber heute scheint es extremer. Auf TikTok wimmelt es von «Tipps», wie man sich älter geben kann, kaum aus den Windeln lernen Teenager die neusten Make-up Tricks und «Stranger Things»-Star Millie Bobby Brown hat bereits mit 19 Jahren eine eigene Skincare-Marke. Zugegeben, das mit der Hautpflege hätte ich auch gerne früher gewusst.

Aber wenn wir schon bei Millie Bobby Brown sind: Das Mädchen aus der Netflixserie wurde mit 12 Jahren schlagartig berühmt, wuchs fast genauso schlagartig vor unseren Augen auf und wird nun oft dafür kritisiert, sie sähe auf dem roten Teppich 20 Jahre älter aus als sie ist. Modebegeistert war sie schon als Kind, aber irgendwie hat sie die schräge und unbeholfene Phase der Pubertät scheinbar übersprungen. Genau wie viele andere junge Stars.

Millie Bobby Brown feierte letzten Monat ihren 19. Geburtstag.
Keystone

Heute heisst das Ziel offenbar nicht mehr «jung und schön», sondern «sexy und schön». Auch wenn man selbst noch gar nicht so weit ist. Und das gilt nicht nur für Stars.

Social Media sei Dank bleibt keine Zeit mehr, sich selbst zu entdecken, auszuprobieren und Fehler zu machen. Dass ich mit 15 die glorreiche Idee hatte, mit kurzen, grünen Haaren herumzurennen, weiss heute niemand mehr – hätte ich diese peinliche Geschmacksverstauchung nicht soeben ausgeplaudert. Aber es gibt keine Beweise, die aus den Tiefen des World Wide Web auftauchen könnten.

Und genau das ist der Punkt: Heute scheint alles für immer. Und alles muss immer perfekt sein. Zeitlos schön. Wer jetzt findet, man solle doch einfach sich selbst sein, war wohl nie ein Teenager. Genau wie diejenigen, die finden, man solle doch «in Würde altern» und selbst vermutlich nie mit über 30 etwas zu nah am Spiegel standen. So einfach ist es nicht.

Ich predige hier nichts. Jeder kann mit sich und seinem Gesicht machen, was er oder sie will. Tue ich auch. Aber man sollte es sich vorher trotzdem gut überlegen. Denn älter werden wir sowieso und das zu bremsen, kann verdammt anstrengend sein. Und teuer. Auch wenn man noch mehr als genug Pausbacken-Fett hat.