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Hollywoods neue Währung: Warum Follower wichtiger sind als Talent

Zuschauer sind alles. Das gilt nicht nur für Filme, sondern auch für Social Media. Und offenbar ist das mittlerweile ein und dasselbe. Denn wer kann schon auf sein Publikum zu verzichten?

Maya Hawke, bekannt aus «Stranger Things» oder «Inside Out 2», ist ein klassisches Nepo-Baby. Ihre Eltern, Schauspieler Uma Thurman und Ethan Hawke, haben ihr quasi den roten Teppich zur Hollywoodkarriere ausgerollt. Fairerweise muss man sagen, dass sie das offen zugibt und durchaus auch das Talent ihrer Eltern geerbt hat. Doch offenbar reicht das in Hollywood nicht mehr.

In einem Podcast erzählte sie, dass für Studios vor allem die Anzahl der Instagram-Follower von Schauspielern zählt. Als sie sich überlegte, ihren Account zu löschen, habe sie von manchen Regisseuren zu hören bekommen: «Nur damit du es weisst, wenn ich mit Produzenten einen Film caste, geben sie mir eine Liste mit der Anzahl der kollektiven Follower, die ich aus der Besetzung gewinnen muss. Wenn du also Instagram löschst und ich diese Follower verliere, muss ich Menschen mit mehr Followern casten.»

Papa Ethan Hawke bestätigte kurz darauf in einem Interview: «Manchmal bereite ich einen Film vor, und jemand sagt: ‹Oh, du solltest Suzie besetzen. Sie hat 10 Millionen Follower.› Okay, cool. Aber wenn ich frage, ob sie schon mal geschauspielert hat, heisst es: ‹Nein, aber …› Das ist verrückt!» Stimmt, es klingt völlig bescheuert – und doch irgendwie logisch.

Matt Damon, der übrigens keinen Instagram-Account hat, erklärte vor ein paar Jahren in der Sendung «Hot Ones»: «Früher konnte man es sich leisten, nicht nur im Kino das Geld reinzuholen. Sechs Monate später kamen dank der DVDs noch mal Einnahmen dazu. Heute ist das nicht mehr so, und plötzlich ist jede Filmproduktion ein riesiges Glücksspiel.»

Damals sagte Damon etwas Ähnliches, wie Maya Hawke heute: «Studios versuchen, Schauspieler zu casten, von denen sie glauben, dass sie Geld einbringen.» Heute heisst das so viel wie, Schauspieler casten, die mit ihren Followern bereits ein Publikum garantieren.

Natürlich ist das völlig unfair für talentierte Menschen ohne viele Follower. Doch wir leben nun mal in einer digitalen Welt – und nicht nur im oberflächlichen Hollywood zählt Talent allein herzlich wenig.

Auch wenn Normalos Karriere machen – oder einfach nur einen Job wollen –, spielen Vitamin B, Networking und eben auch Social Media eine grosse Rolle. Vielleicht (noch) nicht die Anzahl Follower, aber warum tummeln sich wohl Tausende Menschen auf Linkedin und preisen ihre Errungenschaften an? Und warum poste ich jede Woche meine Kolumne dort? Und auf Instagram. Und Facebook. Damit gesehen wird, was ich tue. Genau wie für Filmemacher gilt: Je mehr Follower, desto grösser das Publikum.

Sie sind nach wie vor eine Art Währung. Egal, ob als echtes Geld oder einfach nur als Beliebtheitsbarometer. Jemand, den viele Menschen toll finden, muss doch irgendetwas draufhaben, oder? Stimmt natürlich nicht unbedingt, ist aber egal. Hauptsache, man wird gesehen.

Ich persönlich versuche mich seit längerem irgendwie davon loszureissen. Twitter habe ich immerhin längst gelöscht. Und auf Instagram poste ich nur noch Stories. Gleichzeitig liebäugle ich mit einem Account auf Bluesky. Denn ganz ehrlich: Wollen wir nicht alle ein Publikum?

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