Sie sind hier: Home > Wirtschaft > Preisschock wie zuletzt im Jahr 2008: Darum könnte das Benzin bald 2 Franken pro Liter kosten

Preisschock wie zuletzt im Jahr 2008: Darum könnte das Benzin bald 2 Franken pro Liter kosten

Eine Kältewelle in den USA, die Ukraine-Krise und eine Wirtschaft, die nach dem Coronaschock wieder Fahrt aufnimmt, treiben die Ölpreise in die Höhe. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Preisexplosion – und wie Sie Geld sparen können.

Tanken ist so teuer wie lange nicht mehr. Was ist passiert?

Seit Anfang Dezember ist der Preis für ein Fass Rohöl (159 Liter) der Sorte Brent von 70 auf aktuell 92 US-Dollar gestiegen. Das entspricht einem Anstieg um fast einen Drittel. Dies schlägt sich im Benzinpreis an der Tankstelle nieder. «Seit Anfang Jahr haben sich die Preise an der Zapfsäule im Durchschnitt um zirka 5 Prozent erhöht», sagt Sandra Jann, Mediensprecherin bei Coop Mineralöl. Davon betroffen sind alle Anbieter in der Schweiz. Laut einer Erhebung des Touring Clubs (TCS) kostete der Treibstoff Anfang Februar deutlich mehr als noch zu Jahresbeginn:

«Seit Anfang 2022 haben wir drei Preiserhöhungen um jeweils drei Rappen pro Liter registriert», sagt TCS-Sprecher Daniel Graf. Tanken war seit zehn Jahren nicht mehr so teuer. Zuletzt kostete der Liter Bleifrei 95 Anfang September 2012 1.87 Franken, Diesel erreichte letztmals im März 2013 einen Preis von 1.91 Franken pro Liter.

Geht es mit dem Benzinpreis weiter nach oben?

Dies ist durchaus möglich. Zwar sind Prognosen schwierig. Trotzdem geht der TCS davon aus, dass ein Benzinjahr wie zuletzt 2008 mit hohen Preisen bevorsteht. «Die höchsten Preise bisher wurden Ende Juni 2008 registriert. Damals kostete Benzin 1.99 und Diesel 2.27 Franken pro Liter», sagt Graf. Manche Tankstellen verlangten für das Benzin mehr als zwei Franken pro Liter. Dies sei auch 2022 möglich, glaubt der TCS: Stiegen die Preise ähnlich wie damals, seien Preise von 2 Franken pro Liter auch dieses Jahr möglich.

Was sind die Gründe für die Preissteigerungen?

Es sind drei Faktoren, die den Ölpreis derzeit in die Höhe treiben. Erstens schürte eine Kältewelle im US-Bundesstaat Texas die Angst, dass die dortige Öl-Förderung einbrechen könnte. Dies war bereits im Februar 2021 der Fall, als der damalige Kälteeinbruch die US-Ölproduktion um 40 Prozent verringert hatte.

Zweitens sorgt dieses Jahr die Ukraine-Krise für weitere Unsicherheiten. Sollte Russland in die Ukraine einmarschieren, würde die Regierung Putins wohl mit Sanktionen belegt, was wiederum die Öl- und Gaslieferungen aus dem rohstoffreichen Russland gefährden würde. US-Analysten rechnen in diesem Fall damit, dass der Preis für Rohöl nochmals massiv steigen würde, auf 120 Dollar pro Fass. Drittens hat die Organisation der erdölexportierenden Länder (Opec) beschlossen, die Fördermenge im März nicht weiter als geplant auszuweiten. Aufgrund der wieder erstarkenden Nachfrage besteht jedoch die Angst, dass die Fördermengen nicht ausreichen werden – was den Preis weiter in die Höhe treibt.

Was macht der höhere Preis mit den Autofahrerinnen und Autofahrern?

Dass sie an der Zapfsäule tiefer in die Tasche greifen müssen, gibt Konsumentinnen und Konsumenten kurzfristig wenig zu denken. «Es sind aufgrund der höheren Preise keine signifikanten Veränderungen im Tankverhalten wahrzunehmen», sagt Sandra Jann von den Coop-Tankstellen.

Das bestätigt auch eine Studie der ETH Zürich. Steigt der Benzinpreis um fünf Rappen, ist kaum jemand weniger mit dem Auto unterwegs. Einen Effekt hätte indes eine Preissteigerung zwischen 20 und 30 Rappen, wobei Städter dann eher auf den öffentlichen Verkehr umsteigen als Bewohnerinnen und Bewohner in ländlichen Gebieten.

Verharrt der Benzinpreis aber längerfristig auf oder gar über der 2-Franken-Marke, könnte dies Konsumentinnen und Konsumenten zum Umdenken bewegen. Laut der Studie würden sie dann eher überlegen, auf energieeffiziente Fahrzeuge umzusteigen.

Wo gibt es das günstigste Benzin?

Gemäss der Vergleichsplattform benzin-preis.ch bietet die «Freie Tankstelle» in Langenthal BE (1.62 Franken pro Liter Bleifrei 95) sowie die Avia-Tankstelle im solothurnischen Zuchwil (1.69 Franken pro Liter Super & Diesel) aktuell die günstigsten Preise in der Schweiz. Ennet der Grenze lockt besonders Österreich mit etwas tieferen Spritkosten von 1.41 Euro pro Liter Super.

Trotz steigender Preise rechnet sich der Tanktourismus im In- und Ausland kaum. «Allzu grosse Umwege an Tankstellen, die noch etwas günstiger sind, lohnen sich meistens nicht», sagt TCS-Sprecher Daniel Graf. Eine grössere Wirkung habe eine vorausschauende Fahrweise, der richtige Reifendruck sowie das Entfernen unnötigen Ballastes.

Wird auch das Laden an der E-Tankstelle teurer?

Wer sein Elektroauto zu Hause auflädt, bezahlt den aktuellen Strompreis. Dieser ist 2022 leicht angestiegen und beträgt momentan im Durchschnitt 21.2 Rappen pro Kilowattstunde, wobei es regional grosse Unterschiede gibt.

An den öffentlichen Ladesäulen zahlen E-Autobesitzer meist deutlich mehr. Das Dickicht von zahlreichen Anbietern und Abo-Modellen erschwert einen Vergleich. Eigentümer der Ladestationen dürfen die Preise selbst setzen, was zu unterschiedlichen Abrechnungsmodellen führt. Einige Anbieter stellen den bezogenen Strom in Rechnung, bei anderen ist die Aufladedauer der entscheidende Faktor. Und wieder andere machen eine Mischrechnung. Zudem gibt es Abo-Modelle, bei denen Nutzerinnen und Nutzer einen monatlichen Pauschalpreis für das Laden zahlen, ähnlich einem Flatrate-Handy-Abo.

Bei Gofast, einem der grössten Anbieter für Ladestationen in der Schweiz, kostet eine Kilowattstunde Strom zwischen 38 und 65 Rappen. Je nach Ausführung und wie schnell man ladet, beläuft sich das Vollladen dann auf rund 30 bis 90 Franken. Je nachdem kostet ein voller Elektro-«Tank» also gleich viel wie jener eines Benziners.