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Millionenvorteil für Kantonalbanken: Steuerprivilegien und Staatsgarantien kosten Hunderte von Millionen

Die Staatsgarantie bringt viele Vorteile für die Staatsbanken und hohe Risiken für die Steuerzahler - und für den Bund Steuerausfälle. Nun hat Avenir Suisse ausgerechnet, wie hoch diese ausfallen.

Privatisierungspläne sind in der Schweiz nicht sehr populär. Und meist auch nicht sehr langlebig. Zwar nehmen Politiker aus dem freisinnigen oder grünliberalen Lager in regelmässigen Abständen immer wieder neue Anläufe, weit kommen sie jeweils nicht damit.

Jüngstes Beispiel ist der Swisscom-Verkauf, über den im Bundeshaus wieder laut nachgedacht wird. Doch das Vorhaben ist von vornherein zum Scheitern verurteilt, wie eine im Herbst 2024 publizierte Umfrage deutlich macht: Demnach befürwortet nur gerade knapp ein Viertel der Stimmberechtigten die vollständige Privatisierung des Telekomkonzerns.

Ebenso chancenlos bleibt der Verkauf der Kantonalbanken. Weder deren heikle Geschäfte mit dem mittlerweile verhafteten Immobilienjongleur René Benko noch die mit Steuergeldern gestützte CS-Rettung haben zu einem Umdenken geführt. Nun will Avenir Suisse die Diskussion mit einem neuen, am Mittwoch publizierten Analysepapier wieder anstossen.

Dafür hat die wirtschaftsnahe Denkfabrik den Wert der Staatshaftung berechnet. Dieser manifestiert sich letztlich in günstigeren Konditionen auf dem Kapitalmarkt. Oder anders gesagt: Kantonalbanken erhalten von Ratingagenturen dank ihrer expliziten Staatsgarantie mehr Sicherheitspunkte. Ihre Noten fallen im Schnitt um drei Stufen höher aus, weshalb sie auch auf ihren Schulden weniger Zins bezahlen müssen.

Aufsummiert sparen die 21 Kantonalbanken mit einer expliziten Staatsgarantie demnach rund 585 Millionen Franken pro Jahr. Das sei eine eher konservative Schätzung, ergänzt Studienautor Lukas Schmid. «Je nach Schätzung dürften es sogar bis zu 800 Millionen Franken sein.»

Dabei gibt es grosse Unterschiede zwischen den Finanzinstituten. Grösste Profiteurin ist gemäss den Avenir-Suisse-Berechnungen die Zürcher Kantonalbank (ZKB). Sie spart knapp 200 Millionen Franken pro Jahr. Auf Rang 2 folgt die Luzerner Kantonalbank mit 88 Millionen Franken. Den kleinsten Finanzierungsvorteil weist laut den Berechnungen von Avenir Suisse die jurassische Kantonalbank aus mit knapp 3 Millionen Franken.

Die Kantonalbanken sparen also Zins. Diesen scheinen sie aber nicht etwa an ihre Kundschaft weiterzugeben. «Ein solcher Preiseffekt ist am Markt jedenfalls nicht erkennbar», sagt Schmid. Das heisst also: Die Kantonalbanken erhöhen dank der besseren Ratings vor allem ihre Zinsmarge – und letztlich ihre Gewinne. Und diese müssen sie nicht einmal versteuern, jedenfalls die meisten von ihnen nicht. Denn von den 21 Kantonalbanken mit expliziter Staatsgarantie zahlen gerade nur 5 regulär Steuern auf allen Staatsebenen: Jene der Kantone Jura, Glarus, Luzern, St. Gallen und seit 2020 Zug.

Lukas Schmid, Avenir Suisse.
Bild: Günter Bolzerini

Derweil haben noch immer zehn Kantone ihre Kantonalbanken ganz von der Steuerpflicht befreit. Davon profitieren die Kantonalbanken in Appenzell, Basel-Land, Basel-Stadt, Graubünden, Neuenburg, Nidwalden, Obwalden, Schaffhausen, Schwyz und Uri. Sechs weitere kantonale Finanzinstitute sind teilweise steuerbefreit, das heisst, sie zahlen nicht auf allen drei Staatsebenen Steuern.

Dazu gehören die Kantonalbanken im Aargau, im Tessin, Wallis, Thurgau und Freiburg. Die steuerprivilegierte Zürcher Kantonalbank fällt wegen ihrer Grösse neu ins OECD-Regime und muss nun 15 Prozent Steuern abliefern. Ein Viertel davon fliesst normalerweise an den Bund. Doch weil die Zürcher Kantonalbank auf dem Papier «steuerbefreit» bleibt, ist sie von dieser Standardregelung ausgenommen. Der Bund geht leer aus. Das Geld fliesst weiterhin in die Kantonskasse, neu zum Teil als Steuern statt als Dividenden. Unter dem Strich ändert sich also nichts.

Diese steuerliche Sonderbehandlung der Kantonalbanken kommt den Bund teuer zu stehen. Ihm entgehen laut Avenir Suisse rund 190 Millionen Steuerfranken pro Jahr.

Die Sonderbehandlung der Kantonalbanken hat historische Gründe. «Doch heute sind diese überholt», sagt Schmid. «Besonders die Steuerbefreiung auf Bundesebene ist stossend, es braucht eine steuerliche Gleichbehandlung.» Umso mehr, als diese einfach umzusetzen wäre. Hierfür genügt der Wechsel der Rechtsform – von einer öffentlich-rechtlichen Anstalt in eine Aktiengesellschaft.

Politisch deutlich schwieriger wird es, die Staatsgarantie der Kantonalbanken zu kappen. Das weiss auch Schmid. «Aber es wäre richtig», ergänzt der Avenir-Suisse-Ökonom. «In der Schweiz gibt es heute keine Unterversorgung mehr mit Finanzdienstleistungen», im Gegenteil: Es gebe hierzulande über 230 Banken, hinzu kämen all die globalen Fintech-Anbieter.

Das Risiko für die Steuerzahler hingegen bleibt beachtlich. Davor warnte kürzlich auch der Banking-Experte Reto Schiltknecht: Der Kanton Luzern etwa müsste im Fall einer Insolvenz seiner Kantonalbank «wahrscheinlich neue Schulden aufnehmen, was ziemlich sicher Steuererhöhungen nach sich ziehen würde». Teuer würde es so oder so. Auch deshalb betont Schmid: «Wir brauchen keine Staatsbanken mehr.»

Geben dürfte es sie aber noch lange.