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Grösster Behindertenorganisation fehlen Millionen – und der Vorstand ist nicht mehr beschlussfähig

Bei der Behindertenorganisation Pro Infirmis klafft ein Defizit von 18 Millionen Franken. Zudem ist der Vorstand nach mehreren Abgängen nicht mehr beschlussfähig. Nun solls ein Neuanfang richten.

Pro Infirmis hat das vergangene Jahr mit einem Verlust von 18 Millionen Franken abgeschlossen. Die eine Hälfte dieses Lochs war zwar eingeplant gewesen im 100-Millionen-Budget der Organisation und habe etwa mit der gestiegenen Nachfrage nach Beratungen und Begleitungen zu tun. Die andere begründet der Behindertendachverband gegenüber Radio SRF mit Wertverlusten an den Finanzmärkten. Zum Vergleich: Im Vorjahr war das Loch in der Kasse von Pro Infirmis noch halb so hoch gewesen.

Doch auch in der Organisation selbst scheint die Situation derzeit verworren. Der Vorstand von Pro Infirmis ist nämlich nicht mehr beschlussfähig, wie SRF weiter berichtet mit Verweis auf Informationen von Insidern. Demnach sind seit Anfang Jahr vier Mitglieder aus dem Vorstand zurückgetreten wegen Unstimmigkeiten und interner Querelen.

Vorstand nicht mehr beschlussfähig

Statt der für Beschlüsse nötigen fünf Mitglieder bestehe der mindestens achtköpfige Vorstand nur noch aus deren vier Personen. Und auch die Vizepräsidentin sei bereits zurückgetreten. SRF zitiert dazu eine Pro-Infirmis-Sprecherin, wonach dieser Umstand keine Folgen für das Alltagsgeschäft habe.

Wie ein Blick auf die Website der Organisation zeigt, werden dort aktuell in der Tat nur noch vier Personen aufgeführt. Eine Anfrage von CH Media dazu wie auch zum Defizit ist noch hängig.

Neues Co-Präsidium solls richten

Wie die Organisation in einer am Mittwoch auf ihrer Website aufgeschalteten Mitteilung schreibt, sollen die Delegierten bereits in zwei Wochen erstmals ein «hochkarätiges Co-Präsidium» an die Verbandsspitze wählen. Und weiter heisst es: «Pro Infirmis befindet sich im Aufbruch».

Namen zum neuen Co-Präsidium nennt die Organisation dabei zwar keine, es soll sich aber um je eine Person aus der Deutschschweiz und der lateinischen Schweiz handeln. Und diese stünden «für beide Geschlechter und für Menschen mit und ohne Behinderungen». Zudem sollen sich am 23. Juni auch vier neue Vorstandsmitglieder zur Wahl stellen womit das Gremium dann wieder beschlussfähig wäre.

Bund, Kantone und Gemeinden zahlen

Derzeit präsidiert noch Adriano Previtali die Behindertendachorganisation. Der Rechtsprofessor muss aufgrund einer Amtszeitbeschränkung jedoch von der Spitze von Pro Infirmis zurücktreten. In dem Beitrag dankt ihm die Organisation für sein «unschätzbares Engagement für Pro Infirmis und Menschen mit Behinderungen».

Das 100-Millionen-Budget bestreitet Pro Infirmis zu gut der Hälfte mit Beiträgen des Bundesamts für Sozialversicherungen. Aber auch Kantone und Gemeinden zahlen an Leistungen der Organisation. Darüber hinaus finanziert sich die 1920 gegründete Pro Infirmis mit Spenden und Legaten. Der Dachverband und die Kantonalverbände betreiben laut eigenen Angaben in der Schweiz rund 50 Geschäfts- und Beratungsstellen. (sat)

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