Abstimmung über ESC-Kredit erzwungen – mit deutlich mehr Stimmen als erwartet
Der Eurovision Song Contest ist die grösste Unterhaltungsshow der Welt und katapultierte Musikschaffende wie Toto Cutugno, Céline Dion oder ABBA ins internationale Rampenlicht. Auch der Politik bietet der ESC eine Bühne, und diese betrat am Samstag die Eidgenössisch-Demokratische Union (EDU). In Basel reichten Verantwortliche der kleinen, konservativen Partei mit 4203 Unterschriften das Referendum ein, gegen den Betrag, den der Grosse Rat für die Durchführung der Show gesprochen hatte. 35 Millionen Franken wendet der Stadtkanton für die Shows in der St. Jakobshalle und begleitende Massnahmen auf.
Präsident Daniel Frischknecht nutzte die Aufmerksamkeit der nationalen Presse und internationalen Fernsehstationen vor dem Basler Rathaus für eine ausführliche Betrachtung des ESC aus wertkonservativer Sicht. Der ESC eröffne «Satanismus» eine Plattform und stosse das «Tor zu Blasphemie» auf, urteilte er über die Auftritte von Nemo aus der Schweiz und Bambie Thug aus Irland. Vor allem Bambie Thug ist Frischknecht ein Dorn im Auge: Mit diesem Konterfei (Frischknecht: «eine Hexe») warb die EDU um Unterschriften für das Referendum.
Eine letzte offene Türe für Zürich und Genf
Das Sammeln vor Ort habe sich zwar als schwierig erwiesen, berichtet ein Parteisekretär am Rande der Unterschriftenübergabe. Zielführender sei es gewesen, einen Referendumsbogen an alle Basler Haushalte zu schicken. Trotz der kurzen Sammelfrist trug die Kleinpartei damit mehr als das Doppelte der nötigen Unterschriften zusammen – und konnte es sich leisten, bereits vor einer Woche die Standaktionen einzustellen. «Einen fünfstelligen Betrag», wendet die EDU für ihren Protest gegen den ESC auf, berichtet Daniel Frischknecht. «Einen christlichen Christoph Blocher haben wir dafür nicht im Hintergrund.»
Vorbehältlich der Gültigkeit von 2000 Unterschriften stimmt Basel-Stadt bereits am 24. November über den ESC-Kredit des Grossen Rats ab. In Basel könnte der ESC auch bei einem allfälligen Veto des Volks an der Urne stattfinden. Dann allerdings ohne umfassendes Rahmenprogramm für die Bevölkerung wie aktuell von der Politik vorgesehen. Die SRG müsste dazu sämtliche Infrastrukturkosten selbst tragen. Dies zeigten Recherchen von CH Media am Samstag.
Der 17-seitige Vertrag zwischen dem Kanton und der SRG hält aber auch fest, dass Letztere bei einem Referendum den Deal «ohne Vorliegen zusätzlicher Gründe fristlos kündigen oder ihre Leistungen und die Rechte der Host City einschränken» kann.
In diesem Fall stünde es der SRG offen, noch auf eine andere Stadt als Gastgeberin umzuschwenken. Ausserdem hat die Europäische Rundfunkunion das Recht, einzugreifen und den ESC an ein anderes Land zu vergeben. Realistisch sind diese Szenarien nicht: Auch wenn 4203 Unterschriften ein respektables Sammelresultat bedeuten, hat ein Referendum im Basler Stimmvolk doch wenig Chancen auf Erfolg.
Im Kantonsparlament hatten sich sämtliche Fraktionen hinter den ESC-Kredit gestellt. Und unlängst haben sich die Delegierten der Basler SVP – die nationale Partei ist dem ESC eher kritisch eingestellt – für eine Ja-Parole ausgesprochen.
100’000 Abstimmungscouverts für die Tonne
Die Basler Staatskanzlei hat sich auf den nun eintretenden Fall vorbereitet. Im Vorfeld wurden aufgrund des straffen Zeitplans sämtliche Abstimmungsunterlagen doppelt gedruckt: einmal mit Referendum und einmal ohne. 100’000 Abstimmungscouverts landen damit im Altpapier; die Mehrkosten belaufen sich auf etwas mehr als 10’000 Franken, wie «Basel jetzt» berichtete.