«Beispielloser Anstieg»: In der Pandemie wurden viel mehr junge Frauen hospitalisiert
Zwischen 2020 und 2021 ist die Zahl der stationären Spitalaufenthalte wegen psychischer Probleme und Verhaltensstörungen bei Mädchen und jungen Frauen um 26 Prozent angestiegen. Bei gleichaltrigen Männern betrug der Anstieg im selben Zeitraum lediglich 6 Prozent, wie das Bundesamt für Statistik (BFS) am Montag mitteilt. Die Statistiker des Bundes sprechen denn auch von einem «beispiellosen Anstieg der Hospitalisierungen bei den 10- bis 24-jährigen Frauen».
Insgesamt lag der Hospitalisierungen-Anstieg über beide Geschlechter bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen im ersten Coronajahr mit 4 Prozent tiefer und zog im vergangenen Jahr dann um 17 Prozent an. Bei der erwachsenen Bevölkerung ab 25 Jahren verlief die Entwicklung laut BFS anders: mit einem «sehr moderaten Plus» von 1 Prozent kumuliert über beide Jahre, wie die Statistiker des Bundes schreiben.
Neu häufigste Ursache für Einweisung
«Zum ersten Mal waren psychische Störungen die häufigste Ursache für eine Hospitalisierung» bei den 10- bis 24-jährigen Frauen, schreibt das BFS weiter. Konkret sind in den ersten zwei Pandemiejahren in dieser Alterskategorie 19’532 entsprechende Fälle registriert worden, gefolgt von 19’243 Verletzungen. Die Angaben beruhen auf einer Analyse, die sich mit der Behandlung von psychischen Störungen bei jungen Menschen in den Jahren 2020 und 2021 befasst hat.
Im ersten Pandemiejahr waren die am häufigsten aufgetretenen Störungen bei jungen Frauen affektive Störungen, darunter laut BFS hauptsächlich Depressionen. Bei jungen Männern dagegen überwogen Störungen durch psychotrope Substanzen. Im zweiten Jahr der Coronapandemie nahmen die affektiven Störungen dann auch bei den jungen Männern deutlich zu und bei jungen Frauen kam es zu einem ausserordentlichen Anstieg.
Der Druck aus der Politik wächst
Dass die Pandemie Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen besonders aufs Gemüt schlägt, ist dabei für sich genommen keine neue Erkenntnis. Bereits vor einem Jahr ergab beispielsweise eine Umfrage der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren, dass es an Angeboten für Kinder und Jugendliche mit psychischen Problemen mangle.
Vor gut einem Jahr sprach sich dann auch das Parlament dafür aus, dass der Bund die Folgen der Pandemie auf die psychische Gesundheit näher abklärt. Und im vergangenen Sommer erhöhten Politikerinnen und Politiker zusammen mit Pro Juventute schliesslich den Druck auf die Politik, zumindest rasch mehr Mittel für psychologische Beratungsstellen bereit zu stellen. (sat)