Nach Handgemenge im Bundeshaus – die Immunität der SVP-Grössen Aeschi und Graber soll aufgehoben werden
Wieder einmal steht die Immunität von SVP-Grössen zur Debatte. Wie das Onlineportal Republik als erste berichtete, ersucht die Bundesanwaltschaft um Aufhebung der Immunität der Nationalräte Thomas Aeschi (ZG) und Michael Graber (VS). Das entsprechende Gesuch ist jetzt bei der Immunitätskommission des Nationalrats hängig.
Auslöser ist der Zwischenfall vom letzten Juni, als sich Aeschi und Graber brachial den Weg vorbei an Bundespolizisten bahnten oder bahnen wollten. Die Bundespolizisten hatten auftragsgemäss die Treppe im Bundeshaus-Foyer für einige Minuten abgesperrt, weil sich der ukrainische Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk mit Nationalratspräsident Eric Nussbaumer zum Fototermin dort aufhielt. Auf einem Video war zu sehen, wie Graber mit Bundespolizisten diskutierte. Aeschi dagegen hatte die Sperre «durchbrochen».
Auf X prahlte er in der Folge damit, dass er sich «nicht stoppen liess». Sein Argument: «Es geht darum, das während der Session die parlamentarische Arbeit vor ausländischen Staatsbesuchen Vorrang hat.» Was Aeschi mit «parlamentarischer Arbeit» meinte – das Duo befand sich auf dem Weg in Richtung Restaurant unten im Bundeshaus – ist nicht überliefert. Zudem wäre es ein Leichtes und kein grosser Umweg gewesen, über andere, nicht abgesperrte Treppen ans Ziel zu gelangen.
Die Bundesanwaltschaft hält gegenüber CH Media fest, «der angezeigte Sachverhalt könnte rechtlich möglicherweise den Tatbestand des Offizialdelikts der Hinderung einer Amtshandlung erfüllen». Sprecherin Linda von Burg: «Um die für eine abschliessende Beurteilung des Sachverhalts notwendigen Ermittlungshandlungen vornehmen zu können, hat die BA die Immunitätskommission des Nationalrates um Entscheid ersucht, ob die Immunität von Nationalrat Thomas Aeschi und Nationalrat Michael Graber aufgehoben und die BA zur Durchführung eines Strafverfahrens ermächtigt werden soll.»
Während Infrastrukturminister Albert Rösti (SVP) seine beiden Parteikollegen nachträglich in Schutz nahm und die Polizei kritisierte, stellte sich Justizminister Beat Jans (SP) hinter die Sicherheitskräfte.
In der Folge war eine Strafanzeige gegen die beiden SVP-Politiker eingegangen. Um ein mögliches Strafverfahren führen zu können, muss die Immunität der beiden Politiker aufgehoben werden.
Aeschi und Graber auf Köppels Spuren
Zuletzt stand 2022 die Immunität von Roger Köppel zur Debatte. Es ging um Verdacht auf Amtsgeheimnisverletzung. Köppel, damals noch Zürcher SVP-Nationalrat, hatte in einem «Weltwoche»-Podcast mutmasslich Informationen verwendet, die er als Mitglied der Aussenpolitischen Kommission erhalten hatte. Es ging um einen Vorfall in Moskau. In einer ersten Runde hob die zuständige Kommission des Nationalrats Köppels Immunität auf. Nachdem der Ständerat allerdings anderer Meinung war, blieb Köppels Immunität intakt.
Für «Handlungen im unmittelbaren Zusammenhang mit der amtlichen Tätigkeit und Stellung», um die es im Fall Aeschi und Graber vermutlich geht, giltdie relative Immunität.Diese kann, muss aber nicht aufgehoben werden, um strafrechtliche Verfolgung zu ermöglichen. Freiwillig auf diese Immunität verzichten ist indessen nicht möglich.
Es gilt die Unschuldsvermutung.