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Van der Poel zum dritten Mal siegreich in Roubaix: Dank einem Patzer von Pogacar – Bissegger starker Siebter

Der letzte Nordklassiker der Saison war ein totaler Abnützungskampf. Am Ende blieben die zwei besten Fahrer übrig. Stefan Küng wurde durch einen Defekt weit zurückgeworfen.

Dunkle Wolken zogen am Himmel über dem Wald von Arenberg auf. Und für gleich mehrere Topfavoriten stellten sich diese als böses Omen heraus. Ein nervöses Feld fuhr auf die ersten entscheidenden Kopfsteinpflaster-Sektoren zu. Als noch 150 km zu fahren waren, stürzten bereits mehr Fahrer als in jedem anderen Rennen dieses Jahr. Vielleicht 40 Fahrer fuhren rein in diesen Wald von Arenberg.

Bissegger tanzt mit den Superstars

Eine fünfköpfige Spitzengruppe erschien am anderen Ende. Und was für eine: drei Weltmeister, der beste Sprinter der Welt und Stefan Bissegger. Diese Gruppe kristallisierte sich nach dem Wald vom Arenberg und 150 gefahrenen Kilometern aus dem bereits stark dezimierten Fahrerfeld heraus.

Inmitten der Superstars: Stefan Bissegger (links in Blau) an der Spitze des Rennens.
Bild: Teresa Suarez / EPA

Gegenüber SRF soll der Thurgauer im Vorfeld des Rennens von «den besten Beinen seiner Karriere» gesprochen haben. Bissegger überzeugt in dieser illustren Gruppe aber nicht nur durch seine körperliche Verfassung, sondern auch durch seine geistige Souplesse.

Er spielt mit den Superstars, lässt Lücken aufgehen und zwingt die Stars, sie zu schliessen, übernimmt zeitweise alibimässig die Führung, um sie sofort wieder abzugeben. Nach einem Defekt von Mads Pedersen ist Bissegger allerdings gezwungen, eine grosse Lücke zuzufahren.

Und als vorne Tadej Pogacar und Mathieu Van der Poel die Muskeln spielen lassen, verliert Bissegger den Anschluss. Am Ende schaut ein bärenstarker siebter Platz für den «Muni», wie Bissegger zu Juniorenzeiten genannt wurde, heraus.

Zwei gegen Tadej Pogacar

Am Kopf des Rennens ist mittlerweile ein Trio: Die beiden Teamkollegen Van der Poel und Jasper Philipsen setzten alles daran, den Weltmeister Pogacar unter Druck zu setzen, arbeiteten zusammen. Pogacar liess seinerseits keine Möglichkeit unversucht, seinem Rivalen Van der Poel das Leben schwer zu machen.

Als Van der Poel am Ende der Gruppe ist, tritt Pogacar aufs Gaspedal, lässt den Niederländer arbeiten, kann ihn aber nicht abschütteln. Ein Opfer forderte diese Attacke trotzdem: Jasper Philipsen, zuletzt zweimal Zweiter in diesem Rennen, konnte nicht mehr. Flasche leer.

Eine der grössten Rivalitäten im Radsport. Diese zwei liefern sich Rennen für Rennen erbitterte Kämpfe.
Bild: Papon Bernard / Pool / EPA

Und dann waren es wieder diese zwei: Van der Poel und Pogacar. Im Sektor Auchy les Orchies, etwa 50 km vor dem Ziel, liessen sie den letzten Überlebenden, ist man versucht zu sagen, hinter sich. Erbittert kämpfen die beiden Rivalen um jeden Meter.

Was erlauben Pogacar?

Es scheint unmöglich vorherzusagen, welcher der beiden sich einen Vorteil erarbeiten könnte. Mal greift Van der Poel an, mal Pogacar: Auge um Auge, Zahn um Zahn, Kurve um Kurve. Dann versteuert sich Pogacar 38 km vor dem Ziel. Was erlauben Pogacar? Hätte der legendäre Fussballtrainer Giovanni Trapattoni gesagt.

Tadej Pogacar rappelt sich nach seinem Sturz in einer Kurve in einem der letzten Sektoren vor dem Ziel wieder auf.
Bild: Teresa Suarez / EPA

Erst gerade setzte der Slowene eine erneute Attacke gegen Van der Poel und beflügelt von den entfesselten Schreien der Hundertschaften an Zuschauern am Strassenrand donnerte er auf diese kleine Brücke zu und landete im Strassengraben. Van der Poel, der Weltmeister im Radquer, erwischte die Kurve knapp. Was folgte, war eine Verfolgungsjagd zweier Champions, voll am Limit. Beide erlitten sie einen Defekt. Mal kam Pogacar auf 13 Sekunden heran. Doch dann gingen auch ihm die Körner aus.

Van der Poel nähert sich dem Rekord

Van der Poel gewinnt zum dritten Mal Paris–Roubaix und fährt in den Kreis zweier Fahrer, die das Monument ebenfalls dreimal in Folge gewinnen konnten: Octave Lapize von 1908 bis 1910 und Francesco Moser von 1978 bis 1980. Van der Poel ist auch der Anschluss an Roger de Vlaeminck und Tom Boonen zuzutrauen, die das Rennen viermal gewinnen konnten.

Van der Poel, Pogacar und Pedersen: dieses Trio hat den Klassikern ihren Stempel aufgedrückt.
Bild: Thibault Camus / AP

Dahinter sichert sich Pogacar den starken 2. Platz in seinem ersten Paris–Roubaix der Elite. Mads Pedersen gewinnt den Sprint um Platz 3 gegen Wout van Aert und Florian Vermeersch. Aus Schweizer Sicht ist Stefan Bisseggers 7. Platz ein Lichtblick. Der Ostschweizer war in vielen Klassikern nahe dran, ein gutes Resultat zu erzielen. Nun realisierte er sein bestes Resultat in den Klassikern.

Die grösste Schweizer Siegeshoffnung Stefan Küng verlor im Wald von Arenberg den Anschluss an die Spitze und wurde auf der Verfolgung durch einen Defekt weit zurückgeworfen. Er wurde 43. Küngs Teamkollege Johan Jacobs beendete das Rennen auf dem 21. Platz.

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